Ausland03. Dezember 2019

Politposse in Manila

Philippinen: Vizepräsidentin Robredo muß als »Antidrogen-Zarin« nach weniger als drei Wochen abtreten

Der für seinen brutalen »Krieg gegen die Drogen« international in der Kritik stehende philippinische Präsident Rodrigo Duterte hat am Sonntag vergangener Woche seine Vizepräsidentin Maria Leonor »Leni« Robredo des Kovorsitzes der ressortübergreifenden Kommission gegen illegales Rauschgift (ICAD) enthoben. Erst am 6. November hatte er seiner schärfsten Rivalin den Posten gewährt. Das Manöver bietet einmal mehr eine Unterweisung in Sachen »Dutertismo«, des Politikstils, der sich durch reaktionäres Poltern auszeichnet. Inszeniert wird diese Politik mit Machtkalkül und mit impulsiven, häufig frauenfeindlichen Attacken.

Leni Robredo, die Vorsitzende der oppositionellen Liberalen Partei, hat es nun zuletzt getroffen. Gemäß philippinischer Verfassung werden der Staatschef und sein Stellvertreter unabhängig voneinander direkt vom Volk gewählt. Duterte hatte keinen Hehl daraus gemacht, daß er lieber »Bongbong«, den Sohn des früheren Diktators Ferdinand E. Marcos, an seiner Seite als Vize gehabt hätte. Der unterlag jedoch bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2016 Robredo, eine Niederlage, die er bis heute vor dem Obersten Gerichtshof des Landes anficht.

Zwei weitere politisch exponierte Frauen hatten zuvor den Haß Dutertes mit voller Wucht zu spüren bekommen, nur weil sie den »Antidrogenkrieg« des Präsidenten mit mittlerweile offiziell 6.600 Toten – Menschenrechtsorganisationen gehen allerdings von einer viermal so hohen Zahl aus – kritisiert hatten. Maria Lourdes Sereno, die frühere Vorsitzende des Obersten Gerichtshofes, und die 2016 gewählte Senatorin Leila de Lima wurden öffentlich demontiert. Letztere ist auf Grund höchst fragwürdiger Anschuldigungen seit annähernd drei Jahren inhaftiert.

Als Robredo am 23. Oktober gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters die Politik Dutertes kritisierte, sann man im Präsidentenpalast Malacañang zu Manila auf Rache. In dem Interview hatte die Vizepräsidentin erklärt: »Der sogenannte Krieg gegen die Drogen ist gescheitert. Wir müssen uns fragen, warum er dennoch anhält. Der Präsident hat den Drogensyndikaten gedroht (…), dennoch ändert sich nichts. Nicht die großen Drogennetzwerke standen im Visier, sondern die Armen.« Ferner kritisierte Robredo die für die Polizei geltende Straffreiheit und das mangelnde Bemühen, auf internationale Expertise und Hilfe zurückzugreifen.

Duterte und Salvador Panelo, sein Pressesprecher und Rechtsberater in Personalunion, reagierten umgehend. Ende Oktober erklärte der Präsident an die Adresse seiner Vize gerichtet: »Nun, wenn Sie besser sind als ich, übertrage ich Ihnen die Vollmachten, den Drogenkrieg in sechs Monaten zu beenden. Lassen Sie uns mal sehen, ob Sie das packen. (...) Ich werde nicht eingreifen. Wollen Sie das? Sie sind also gescheiter? Dann versuchen Sie es.«

Trotz des Entsetzens auf Regierungsseite und des Unverständnisses im eigenen politischen Lager nahm Robredo das Angebot offiziell am 6. November an. Sie begründete dies mit den Worten: »Selbst wenn diese Offerte ein Spiel mit gezinkten Karten ist und die Regierungsbehörden meinen Empfehlungen nicht nachkommen und meine Arbeit blockieren, ich nehme das in Kauf. Sollte ich nur ein einziges unschuldiges Leben retten können, dann steht das im Einklang mit meinen Prinzipien und dem, was mein Herz mir sagt.«

Am 24. November dann das erwartbare Verdikt: »Sie sind gefeuert!«, lautete die knappe präsidiale Botschaft an Robredo. Duterte begründete die Absetzung seiner Vize vom ICAD mit »Inkompetenz« und »mangelndem Arbeitseinsatz«.

Rainer Werning

Präsident Rodrigo Duterte und Leni Robredo am 22. März 2019 bei einer Zeremonie an der Polizeiakademie Camp General Mariano Castaneda in Silang (Foto: EPA-EFE/FRANCIS R. MALASIG)