Luxemburg

Die Zukunft auf budget.public.lu :

Wo bleibt die Kindergeld-Reindexierung ?

Im Jahre 2006 hat eine CSV-LSAP-Regierung das Kindergeld deindexiert. Im Jahre 2016 hat die Dreierkoalition von DP, LSAP und Grünen, die noch immer an der Regierung ist, mit dem OGB-L eine Vereinbarung abgeschlossen, das Kindergeld wie auch die anderen familienpolitischen Leistungen ab dem 1.1.2018 regelmäßig alle zwei Jahre an die Entwicklung des Medianlohns anzupassen. Das ist aber 2018 nicht erfolgt und das fehlt im Budget 2019 erneut, obwohl beide Jahre Wahljahre waren und obwohl das Kindergeld seit 2006 ein Fünftel an Wert verloren hat.

Es darf vermutet werden, daß die völlig unglaubwürdige Festsetzung von nur +1,6% bei den Einnahmen für 2019 angesichts der weit höheren Steigerungssätze 2017 und 2018 wie auch angesichts der Erwartungen ab 2020 mit deutlich über 5% in jedem Jahr, um 2019 ein hohes Defizit von 650 Mio. statt einem Überschuß von 200 Mio. vorzulegen, sehr wesentlich mit dieser Nicht-Anpassung zu tun hat. Allerdings entlarvt das auch das schöne Gerede um den sozialen Zusammenhalt, wobei es tief blicken läßt, daß niemand der in der Chamber Sitzenden auf diesen Widerspruch hingewiesen hat.
Es schaut demnach alles danach aus, als ob das Versprechen von 2016 in Vergessenheit geraten sollte. Denn es wurde nicht versprochen, nächstes Jahr solle das Abkommen mit dem OGB-L von damals doch noch umgesetzt werden. Stellt niemand einen Baum dafür auf, wird es folglich nie dazu kommen !

Angesichts dessen ist es erheiternd, wenn jetzt eine Schein-Debatte über eine kräftigere Steigerung bei den Ausgaben im Budget als jene, künstlich niedrig angesetzte bei den Einnahmen geführt wird. Die Sektionen der bürgerlichen Einheitspartei haben da ein wunderbares Ablenkungsthema gefunden !

Zukunftsfähig ?

Einen eminenten Platz nahmen die Investitionen in Gramegnas Vorstellungsrede am Dienstag ein. Damit werde das Land auf die Zukunft vorbereitet und es wäre sträflich, nicht so viel bei niedrigen Zinsen zu investieren angesichts des hohen Wachstums bei Arbeitsplätzen, Einwohnern und Staus.

Nun werden zweifelsfrei hohe Beträge investiert, und die Regierung legt großen Wert auf die Feststellung, ein Gutteil davon gehe in den Schienenfonds, die Tram und die RGTR-Busse, also in den öffentlichen Personentransport. Allerdings ist es nichts mehr als ein Bluff, wenn damit eine Auflösung der Staus in Zukunft versprochen wird.
Denn die Busse stehen mit den Autos zusammen im Stau, die Tram erhöht die Kapazität des öffentlichen Personenverkehrs gegenüber den heute auf diesen Strecken verkehrenden Bussen nicht, und die vielen Gelder für Schienen und Rollmaterial genügend gerade, um eine jährliche Zunahme der Zahl der Bahnpassagiere um 5% zu bewältigen.

Das reicht keineswegs für eine Entspannung der Stausituation auf den Straßen, aber mehr als bis 2024 im bestehenden Bahnnetz geplant ist, geht gar nicht, so lange es für die Regierung keinerlei Bereitschaft gibt für die Verlängerung bestehender Stichstrecken. Sinnvolle Beispiele dafür sind etwa Diekirch – Echternach, Witz – Bastogne, Volmerange-les-Mines – Thionville oder das Schließen der Lücke zwischen Sanemer Militärlager und der Linie 60 bei Differingen.

Mehr Rollmaterial als bis 2024 bestellt wäre auch sinnvoll, würden doch damit längere Züge und somit eine schnelle Erhöhung der Kapazität, für die in den Spitzenstunden großer Bedarf ist, möglich. Vorgesehen ist das nicht, weswegen die Vokabel »zukunftsfähig« für das, was geschieht, als propagandistische Übertreibung anzusehen ist.

Ganz ohne den Nachholbedarf, den es zweifelsfrei gibt, weil viel zu lange viel zu wenig geschah, bräuchte es für einen Zuwachs von 15.000 Arbeitsplätzen im Jahr – davon 7.500 in der Hauptstadt, 3.750 in den direkten Anliegergemeinden und nur 3.750 im großen Rest des Landes – einen zusätzlichen Bus pro Arbeitstag auf der Straße oder mehr als einen Zug pro Monat auf den Schienen.

Beides geschieht nicht, es wird aber auch nicht aus der Unmöglichkeit, das zu bewerkstelligen, die Schlußfolgerung gezogen, das Wachstum müsse anderes gesteuert und dezentralisiert stattfinden. Was erfolgt ist demnach angesichts der tatsächlich bestehenden und entstehenden Bedürfnisse nicht viel mehr als Pflaster aufs Holzbein.

Freibrief par excellence

Kein bürgerliches Parlament ist übrigens so großzügig mit seiner Regierung wie das Luxemburger. Denn das Budget wimmelt von »crédits non limitatifs« , »crédits non limitatifs et sans distinction d‘exercice« und »crédits sans distinction d‘exercice« . Das macht die ganze seitenlange Aufzählung der verschiedenen Budgetartikel, über die in der Chamber schon lange nicht mehr im Detail gesprochen wird, zum Mu­ster ohne Wert, erlaubt das doch einer Regierung absolute Gestaltungsfreiheit beim Hin- und Herschieben von Geldern. Daß es das Budget nur noch als Datei gibt, hilft ganz stark, diese Tatsache total aus dem Bewußtsein der Öffentlichkeit zu verbannen, weil das nicht mehr so ins Auge springt, wie das beim Durchblättern einer Papierausgabe der Fall war. Das umso mehr, weil es schon fast ewig her ist, daß das wer auf der Chamber-Tribüne kritisiert hätte.

jmj

Die alltägliche Luxemburger Realität. Viel Lebenszeit bleibt im Stau liegen. Für Leute in den Autos wie in den Bussen, aber auch an den Haltestellen beim Warten auf die Busse, die im Stau stecken !