Ausland22. Oktober 2021

»Sie werden ihn nicht brechen«

Kap Verde liefert venezolanischen Diplomaten an USA aus. Caracas unterbricht Gespräche mit Opposition

von Volker Hermsdorf

Die kapverdischen Behörden haben den venezolanischen Diplomaten Alex Saab an die USA ausgeliefert. Örtlichen Medien zufolge hatte ein Flugzeug des USA-Justizministeriums vom Typ »Gulfstream« die vor der westafrikanischen Küste gelegene Inselgruppe am Samstag gegen 16 Uhr Ortszeit mit Ziel Florida verlassen, wo Saab wegen angeblicher Geldwäsche vor einem Gericht angeklagt werden soll. Die US-amerikanische Nachrichtenagentur AP meldete, daß der Diplomat »abgeholt wurde, ohne seine Anwälte zu benachrichtigen«. Die Regierung in Caracas warf den USA und Kap Verde »Komplizenschaft bei einer Entführung« vor. Der Präsident der Nationalversammlung, Jorge Rodríguez, sagte als Leiter der venezolanischen Regierungsdelegation beim Dialog mit Vertretern der von Washington unterstützten Opposition eine für Sonntag in Mexiko angesetzte Verhandlungsrunde ab.

Die Regierung in Caracas erklärte in einer ersten Reaktion auf die Auslieferung, daß die Behörden des afrikanischen Landes sich bereits zum »Erfüllungsgehilfen der USA« gemacht hätten, als sie Saab ohne Haftbefehl oder ordnungsgemäßes Verfahren »491 Tage lang willkürlich gefangengehalten und gefoltert haben«, was gegen die Gesetze des Landes und das Wiener Übereinkommen verstoße. Der lateinamerikanische Nachrichtensender Telesur berichtete, daß die UNO die Inhaftierung als rechtswidrig kritisierte und die Freilassung Saabs forderte. In einer von vier UNO-Experten unterschriebenen Stellungnahme habe die Staatenorganisation darauf hingewiesen, daß der Diplomat »Opfer einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung« sei, was von der UNO und mehreren ihrer Mitgliedstaaten verurteilt werde. Die Experten hätten die Regierung von Kap Verde außerdem davor gewarnt, »sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit als korrupter Staat und Menschenrechtsverletzer zu präsentieren, was sie international isolieren wird«, heißt es in der Telesur-Meldung.

AP zitierte am Sonntag anonyme »Beobachter«, die erwarteten, daß die Ankunft von Saab in den USA die Beziehungen zwischen Washington und Caracas weiter verschlechtern und die in Mexiko geführten Verhandlungen zwischen der Regierung von Nicolás Maduro und der von den USA unterstützten Opposition beeinträchtigten könnte. Caracas warnte in seiner Erklärung davor, daß diese Aktion »die gute Entwicklung der Verhandlungen untergräbt«. An Saab, der ein vollwertiges Mitglied von Maduros Verhandlungsdelegation ist, solle ein Exempel statuiert werden.

Der Geschäftsmann, der für die linke Regierung des südamerikanischen Landes den Ankauf von Treibstoff, Medikamenten, Lebensmitteln und Versorgungsgütern koordiniert und damit über Jahre die von den Regierungen Donald Trumps und Joseph Bidens verhängten Sanktionen unterlaufen hatte, war am 12. Juni vergangenen Jahres bei einem Tankstopp auf den Kapverden verhaftet und inhaftiert worden. Der Inselstaat hatte dem Druck der USA-Behörden nachgegeben und sich über die diplomatische Immunität des Sondergesandten der venezolanischen Regierung hinweggesetzt.

Washingtons Finanzministerium läßt Saab bereits seit 2019 verfolgen und hat ihm mehrfach »harte Strafmaßnahmen« angedroht. Präsident Maduro hatte Washington daraufhin mehrfach vorgeworfen, mit dem Vorgehen gegen Saab das Ernährungsprogramm der »Lokalen Komitees für Versorgung und Produktion« (Comités Locales de Abastecimiento y Producción, CLAP) schwächen zu wollen. Das nationale Verteilungsnetz CLAP versorgt mit rund sieben Millionen Familien mehr als 60 Prozent der Bevölkerung Venezuelas.

»Das Hilfsprogramm, das sie zu zerstören versuchen, ist ein Mechanismus, der die Folgen der illegalen Sanktionen der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union (EU) für die Versorgung mit Nahrungsmitteln mildert«, erklärte Maduro. »Wir machen Kap Verde und die Regierung von Präsident Biden für das Leben und die Unversehrtheit von Alex Saab verantwortlich und behalten uns als souveränes Land entsprechende Maßnahmen vor«, erklärte die venezolanische Regierung nach der Auslieferung ihres Diplomaten an die USA.