Leitartikel26. Oktober 2024

Milliarden, die jegliche Diskussion über Rentenkürzungen ad absurdum führen

von Ali Ruckert

Nach 2012, als mit der »Pension à la carte« des LSAP-Abgeordneten di Bartolomeo und der Regierung Juncker-Asselborn eine Rentenkürzungsreform beschlossen und zum 1. Januar 2023 in Kraft trat, plant die gegenwärtige CSV/DP-Koalition zusätzliche Verschlechterungen im öffentlichen Rentenwesen, immer noch mit der Begründung, die bisherigen Rentenleistungen seien demnächst nicht mehr zu finanzieren, weshalb gespart werden müsse.

Zu diesem Zweck werden mit großer medialer Unterstützung immer wieder Horrormeldungen über demnächst schrumpfende Rentenreserven in die Welt gesetzt und daran festgemacht, dass sich deshalb Leistungskürzungen regelrecht aufdrängen, etwa indem unter anderem an der Lohnersatzrate geschraubt wird, um die Rente im Vergleich zum Durchschnittslohn eines Arbeitslebens zu senken.

Parallel dazu versperrt man sich auf Regierungsebene gegen mögliche finanzielle Alternativen, wie etwa die Anhebung der Beitragsobergrenze, die Einführung einer neuen progressiven Steuer auf Kapitalerträge zur Finanzierung der Renten oder Beitragserhöhungen von jeweils einem Prozent für das Kapital, die Regierung und die Versicherten, welche dazu beitragen würden, das öffentliche Rentensystem zu stabilisieren und sogar Rentenaufbesserungen möglich machen würden.

Es gibt offenbar Kreise, die ein direktes Interesse daran haben, dass die vor mehr als 25 Jahren vom damaligen Premierminister Jean-Claude Juncker erfundene »Rentenmauer«, die dazu dienen sollte, Rentenkürzungen zu rechtfertigen, doch noch Realität wird.porror meldungen

Diesen Kreisen dürfte ein in dieser Woche in der »fonction publique« der CGFP veröffentlichter Artikel zu neuen Perspektiven der Staatseinnahmen höchst ungelegen kommen, den wir hier aufgreifen wollen, weil nur wenige Lohnabhängige aus der Privatwirtschaft und ebenso wenige Leser der »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek« die Monatszeitung der CGFP, die immer wieder mit fundierten Beiträgen zur Steuerpolitik beeindruckt, lesen dürften.

Darin wird enthüllt, dass der Luxemburg Staat jährlich zusätzliche Steuereinnahmen zwischen 5 und 15 Milliarden Euro erwarten darf durch die neue Mindeststeuer in Höhe von 15 Prozent auf globale Profite von internationalen Konzernen, die einen Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro haben.

Diese Gewinnsteuer, auf die sich 2021 über 130 Länder einigten und die 2022 einstimmig zur EU-Steuernorm erklärt wurde, so dass alle Mitgliedsländer der EU sie einführen müssen, sollte sich ab dem zweiten Halbjahr 2026 auf die Staatsfinanzen niederschlagen, da den Konzernen, von denen viele ihren Hauptsitz in Luxemburg haben, eine Frist von 18 Monaten für die Steuererklärung von 2024 eingeräumt wurde.

Die zu erwartenden Mehreinnahmen für den Staatshaushalt sind beeindruckend im Vergleich zu den gesamten Staatseinnahmen, die im vergangenen Jahr kaum mehr als 22 Milliarden Euro betrugen.

Wenn man bedenkt, dass diese Perspektiven, die kurzfristig eintreten werden, jegliche Diskussion über notwendige Rentenkürzungen oder sonstige Einschränkungen und Austeritätsmaßnahmen ad absurdum führen, darf man sich nicht wundern, dass die Regierung den Ball flach hält und alles andere als darum bemüht ist, diese erfreulichen Perspektiven für die Staatsfinanzen öffentlich zu thematisieren.

Man stelle sich vor, zwischen 5 und 15 Milliarden im Jahr! Zum Vergleich: eine Erhöhung der Mindestrente von 10 Prozent würde die Rentenkasse, die im Jahr 2023 Renten in Höhe von 6,39 Milliarden Euro auszahlte, gerademal mit zusätzlichen 0,3 Prozent »belasten«. Da ist noch viel Luft nach oben!