Armenische Botschaft eröffnet Büro in Luxemburg
Regierung läßt Arbeitsbesuch aus Jerewan erst am Abend »ankündigen«
Am Mittwochabend um 18.40 Uhr erreichte die Redaktion eine E-Mail, in der der Informations- und Pressedienst (SIP) der Regierung den zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend beendeten »Arbeitsbesuch des Außenministers der Republik Armenien, Ararat Mirzoyan, in Luxemburg« ankündigte. Am Donnerstagmorgen schob der SIP dann ein Kommuniqué im Präteritum nach, demzufolge der Gast aus Jerewan von Außen- und Außenhandelsminister Xavier Bettel zu einem bilateralen Gespräch im Mansfeld-Gebäude empfangen wurde. Nach einem gemeinsamen Arbeitsessen hätten die Diplomatiechefs zusammen mit Tigran Balayan, dem Botschafter Armeniens in Luxemburg, an der feierlichen Einweihung eines Büros der armenischen Botschaft in Luxemburg teilgenommen.
Im Rahmen der Einweihungszeremonie, so der SIP weiter, habe Minister Bettel die Entscheidung der Südkaukasusrepublik, »eine diplomatische Vertretung in Luxemburg einzurichten, als Ausdruck der ausgezeichneten bilateralen Beziehungen zwischen zwei Ländern (begrüßt)«, »die dieselben Werte der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit teilen«. Die »politische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit« solle ausgebaut werden. Auch habe es Bettel begrüßt, daß Jerewan im November vergangenen Jahres das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ratifiziert hat, so daß es am 1. Februar in Kraft treten konnte.
Zum anhaltenden »Konflikt« zwischen Armenien und Aserbaidschan – erst am Vortag waren mehrere Tote bei neuen Gefechten im Grenzgebiet gemeldet worden – erklärte der Außenminister, Luxemburg habe die aserbaidschanische »Militäroperation vom September letzten Jahres« verurteilt und habe Armenien »humanitäre Hilfe zur Unterstützung der vertriebenen Bevölkerung in der Region Nagorno-Karabach« geleistet. Auch für einen Chefdiplomaten sind das sehr vorsichtige Formulierungen dafür, daß das von der Türkei hochgerüstete Aserbaidschan das Nachbarland Armenien erst im Herbst 2020, dann erneut im September 2023 mit zwei Angriffskriegen zur Eroberung des von Armeniern bewohnten Gebiets Nagorno- oder Berg-Karabach überzogen hat.
Nach dem kurzen Waffengang vom 19./20. September flohen fast alle 120.000 Einwohner Nagorno-Karabachs – aus Angst vor aserbaidschanischer Gewalt gegen die Zivilbevölkerung. Solche Gewalt hat es seit dem Aufflammen des Konflikts nach dem Ende der Sowjetunion immer wieder gegeben. Zudem ist unter Armeniern die Erinnerung daran lebendig, daß sich Aserbaidschaner am Ende des Ersten Weltkriegs an der Seite osmanischer Truppen am Genozid an den Armeniern beteiligt hatten.
Daß Minister Bettel die kriegerische Einnahme Berg-Karabachs und die folgende Massenflucht seiner Bewohner nicht beim Namen genannt hat, dürfte daran liegen, daß sich neben dem armenischen Außenminister am selben Tag auch der aserbaidschanische Spitzendiplomat Elchin Amirbajow in Luxemburg aufhielt. Dessen seit über zwei Jahrzehnten so autoritär wie korrupt herrschender Chef Ilham Alijew hat sich gerade erst in einer Wahlfarce im Präsidentenamt bestätigen lassen. Weil sein Land über große Öl- und Gasvorkommen verfügt und geostrategisch wichtig im Süden an den Iran und im Norden an Rußland grenzt, kann sich Alijew aus US-amerikanischer und EU-europäischer Sicht buchstäblich alles erlauben – und darf auch noch Großveranstaltungen des Sports und der Fernsehunterhaltung sowie in diesem Jahr außerdem die UNO-Klimakonferenz in Baku ausrichten.

