Kaleidoskop17. Juni 2021

Expertin aus Wuhan weist Laborunfall-These zurück

von dpa/ZLV

Die renommierte chinesische Wissenschaftlerin Shi Zhengli vom Virusforschungslabor in Wuhan hat die These, der Coronaausbruch sei auf einen Laborunfall zurückzuführen, in einem Interview mit der »New York Times« erneut scharf zurückgewiesen. »Wie um alles in der Welt kann ich Beweise für etwas vorlegen, für das es keine Beweise gibt?«, sagte sie dem Blatt von der Ostküste der USA. Es sei ihr ein Rätsel, »wie die Welt so weit gekommen ist, einen unschuldigen Wissenschaftler ständig mit Dreck zu bewerfen«.

Schon früh nach Beginn der Pandemie war die Theorie aufgetaucht, das Coronavirus könnte aus dem Labor in Wuhan entwichen sein, obwohl es dafür nie irgendwelche Belege gab – und bis heute nicht gibt. Als wahrscheinlicher Weg gilt die Übertragung von Fledermäusen auf Menschen über einen bisher noch unbekannten tierischen Zwischenwirt. Doch auch der ist noch nicht zweifelsfrei identifiziert.

Ex-USA-Präsident Donald Trump und seine Anhänger bauschten die These vom Laborunfall aber zu einem Vorwurf gegen die Volksrepublik auf. Manche argwöhnten gar, das Virus sei womöglich absichtlich freigesetzt worden. Trumps Nachfolger Joe Biden ordnete dann im Mai eine Untersuchung durch seine Geheimdienste an. Die angekündigten Ermittlungen sowie ein Bericht des »Wall Street Journal«, wonach drei Forscher des Instituts im Jahr 2019 nach dem Besuch einer Fledermaus-Höhle krank geworden seien, verschafften der Theorie neuen Aufwind.

Umstritten ist aber, wie belastbar die zugrunde liegenden Informationen sind. Expertin Shi sagte nun, sie kenne keine Erkrankungsfälle bei Forschern aus ihrem Institut. Auch die chinesischen Behörden hatten den Bericht vehement dementiert.

Das Labor in Wuhan gehört zu den weltweit wenigen mit der höchsten Bio-Sicherheitsstufe 4, abgekürzt BSL4. Diese sind so konzipiert, daß dort die gefährlichsten Viren und Bakterien erforscht werden können, die schwere Erkrankungen verursachen können und gegen die es noch keine Gegenmittel und Impfstoffe gibt. Weltweit gibt es 59 solcher Hochsicherheitslabore, in China gibt es nur zwei dieser Einrichtungen, eine in Wuhan.