Leitartikel02. März 2024

Trommeln des Krieges

von Uli Brockmeyer

Seit fast vier Monaten tobt ein gnadenloser Angriffskrieg, den der Staat Israel mit seiner von den USA bestens ausgerüsteten Armee gegen die Palästinenser führt. Weit mehr als 30.000 Tote wurden bisher registriert, die wirkliche Zahl dürfte wesentlich größer sein, denn niemand kann sagen, wie viele Menschen – Kinder, Jugendliche, Frauen, Männer – unter den Trümmern der von den israelischen Bomben und Raketen völlig zerstörten Gebäude im Gazastreifen begraben sind.

Noch immer hält sich in den westlichen »Qualitätsmedien« die Erzählung, es handle sich um eine »Militäroperation« Israels, und es gehe um die »Befreiung der Geiseln«. Der Angriff der Hamas-Milizen am 7. Oktober auf israelische Siedlungen sei der »Auslöser der Gewalt«, schreibt die Deutsche Nachrichtenagentur täglich mehrmals in ihren Meldungen über den Gaza-Krieg. Berichte der palästinensischen Seite über Opfer und Zerstörungen werden regelmäßig in Zweifel gezogen, versehen mit der Bemerkung, sie kämen von der palästinensischen Gesundheitsbehörde, die »von der Terrororganisation Hamas kontrolliert« werde. Äußerungen des israelischen Militärs, die den Völkermord rechtfertigen, werden hingegen für bare Münze genommen.

Selbst das Massaker vom Donnerstag, als israelische Soldaten kaltblütig mindestens 100 Hungernde erschossen, die einen Hilfskonvoi mit Lebensmitteln erwarteten, ist kaum ein Grund, endlich das wahre Kräfteverhältnis zu erkennen. Im »Tageblatt« wird das Wort Massaker bezeichnenderweise in »Gänsefüßchen« gedruckt, und das Bistumsblatt »Luxemburger Wort« verbreitet die israelische Lüge von angeblich zehn (!) Toten, die »von Schüssen der Soldaten getroffen wurden«. Wie tief kann man noch sinken?

Wann wird endlich zur Kenntnis genommen, daß es Israel nicht um die Befreiung von einigen Geiseln geht, sondern um die Vertreibung der Palästinenser, und daß dabei eine beliebige Zahl von Toten und Verletzten billigend in Kauf genommen wird? Halblaut ausgesprochene Forderungen westlicher Politiker über eine Zwei-Staaten-Lösung sind solange ein Hohn, wie man nicht bereit ist, den Schritt zur völkerrechtlichen Anerkennung des Staates Palästina zu unternehmen! Die Umsetzung der seit Jahren, zum Teil seit Jahrzehnten vorhandenen Resolutionen der UNO ist der Schlüssel zur Lösung der im Nahen Osten schwelenden Probleme. Eine militärische Lösung kann und darf es nicht geben!

Auch aus den jüngsten Auseinandersetzungen um eine Bemerkung von Präsident Macron über westliche Bodentruppen in der Ukraine wird deutlich, daß es offenbar keine Bereitschaft gibt, über eine vernünftige Lösung ernsthaft nachzudenken. Die auch von Macron benutzte Formel »Rußland darf nicht gewinnen!« ist alles andere als hilfreich. Stattdessen wird der Kriegsgegner Rußland immer wieder verteufelt und ihm werden immer neue »Kriegsziele« unterstellt. Wenn Putin in Moskau feststellt, daß die immer weitere Annäherung der NATO an Rußlands Grenzen, der erwogene Einsatz von weitreichenden Waffensystemen, die auch Moskau erreichen können, und die Gedankenspiele über NATO-Truppen in der Ukraine die Gefahr eines Atomkrieges heraufbeschwören, dann unterstellen ihm westliche Politiker und Medien eine »Drohung mit Atomwaffen«. Statt korrekt zu berichten, werden Interpretationen verbreitet, die ins westliche Konzept eingepaßt werden, statt über realistische Verhandlungslösungen nachzudenken.

Die Trommeln des Krieges – in Gaza wie in der Ukraine – müssen endlich zum Verstummen gebracht werden!