Leitartikel19. August 2022

Breonna Taylor, George Floyd,…

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Breonna Taylor war 26 Jahre alt, als vier weiße Polizisten in der Nacht zum 13. März 2020 ihre kleine Wohnung in Louisville im USA-Bundesstaat Kentucky gemäß eines »no-knock warrant« genannten Durchsuchungsbefehls ohne zu klingeln aufbrachen und mindestens 32 Schüsse auf die afroamerikanische Rettungsassistentin und ihren Partner Kenneth Walker abgaben. Walker versuchte noch, sich und seine Partnerin mit einer legalen Waffe zu verteidigen und wurde deshalb verhaftet, mußte aber später wieder freigelassen werden.

Von den vier an dem tödlichen Einsatz beteiligten Polizisten mußte sich bislang nur einer vor Gericht verantworten – allerdings nicht wegen der acht Kugeln, die laut Obduktionsbericht auf die noch im Bett liegende Breonna Taylor abgefeuert wurden, sondern wegen Gefährdung anderer Hausbewohner – durch Projektile, die durch die Wände gingen und in Nachbarwohnungen einschlugen.

Doch selbst in dieser Sache wurde der ehemalige Polizist noch im März 2020 freigesprochen. Erst nach lokalen Protesten in Louisville und Umgebung und der Hinrichtung des Afroamerikaners George Floyd auf offener Straße am 25. Mai 2020 in Minneapolis im USA-Bundesstaat Minnesota fand Breonna Taylors Ermordung endlich landesweite Beachtung und ihr Name wurde wie der von George Floyd zu einem Symbol der Bewegung gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA.

Dennoch sollte es weitere zwei Jahre dauern, bis gegen die früheren und derzeitigen Polizisten, die für den Tod der jungen Rettungsassistentin verantwortlich sind, am 4. August Anklagen auf Bundesebene erhoben und Haftbefehle erlassen wurden.

Drei Angeklagten werde vorgeworfen, den Durchsuchungsbefehl für Taylors Wohnung auf der Grundlage gefälschter Beweismittel erwirkt zu haben, mußte USA-Justizminister Merrick Garland in Washington eingestehen. Der vierte Angeklagte werde beschuldigt, bei der überfallartigen Durchsuchung von Breonna Taylors Wohnung exzessive Gewalt angewendet zu haben.

Der prominente Rechtsanwalt und Bürgerrechtler Benjamin Crump, der auch die Interessen von Taylors Familie vertritt, sprach auf einer »Kundgebung für Gerechtigkeit« von einem wichtigen Etappensieg für »Breonna und alle Breonnas überall im Land«. Es habe sich erneut gezeigt, daß es in den USA einen strukturellen Rassismus gebe, daß insbesondere schwarze Frauen und Männer in den Augen der mehrheitlich weißen US-amerikanischen Polizisten grundsätzlich »schuldig« sind, und daß in der US-amerikanischen Strafverfolgung noch immer viel zu oft nach der Devise »erst schießen, dann fragen« verfahren werde.

Doch um es klar zu sagen: Noch ist Breonna Taylor keine Gerechtigkeit wiederfahren. Eine Anklage ist nicht mehr als eine Anklage, die immer noch vom Gericht fallengelassen werden kann. Und es dauerte fast zweieinhalb Jahre, bis die beteiligten Polizisten angeklagt und vorläufig in Untersuchungshaft genommen wurden. Eine Anklage wegen Mordes oder auch nur Totschlags wurde auch vom Bundesgericht zurückgewiesen.

Von Februar 2015 bis März 2020 sind in den USA mindestens 50 schwarze Frauen von weißen Polizisten getötet worden und nicht einer dieser Killercops wurde für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen. Daran wird sich nichts ändern, solange die Kapitalherrschaft den strukturellen Rassismus in den USA Tag für Tag reproduziert.