Ausland16. Februar 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Israelischer Angriff im Libanon

Bei einem israelischen Angriff auf ein fünfstöckiges Gebäude in der Stadt Nabatäa (Nabatiye) im Südlibanon wurden in der Nacht zu Donnerstag mindestens zehn Menschen getötet, darunter mindestens sieben Zivilisten. Laut Meldungen eines örtlichen Spitals waren auch Kinder darunter. Das israelische Militär erklärte, einen hochrangigen Kommandeur der Hisbollah, dessen Stellvertreter und ein weiteres Mitglied der Organisation getötet zu haben.

Der Angriff sei als »Reaktion auf einen Raketeneinschlag« in einer Militärbasis in Safed im Norden Israels am Mittwoch erfolgt, bei dem eine 20-jährige Soldatin getötet wurde. Das israelische Militär begann daraufhin eine umfangreiche Angriffswelle auf libanesisches Gebiet. Bereits am Mittwoch wurden dabei im Libanon mindestens vier Menschen getötet.

Der Sprecher der UNIFIL zeigte sich besorgt über die Verschärfung des Konflikts. »Angriffe auf Zivilisten stellen einen Verstoß gegen das Völkerrecht und Kriegsverbrechen dar«, erklärte er am Donnerstag.

Netanjahu will noch mehr Krieg

UNO-Vertreter erklärt: »Hamas ist keine Terrororganisation«. Irland fordert Geld für UNRWA

Tel Aviv/Kairo/Dublin – Israels Regierungschef verlangt vor weiteren Verhandlungen ein Einlenken der Hamas. Laut israelischen Medien weigert er sich, am Donnerstag eine Delegation zurück nach Kairo zu schicken, wo die Verhandlungen der Vermittler weitergehen sollten.

»Ich bestehe darauf, daß die Hamas ihre wahnhaften Forderungen aufgibt. Wenn sie dies tut, werden wir in der Lage sein, voranzukommen«, sagte Netanjahu am Mittwochabend in einer Erklärung. Zuvor hatte er die deutsche Außenministerin zu einem Gespräch empfangen.

Ranghohe Vertreter aus den USA, Israel, Katar und Ägypten hatten am Vortag in Kairo keine Einigung erzielt, sich aber auf eine Verlängerung der Gespräche verständigt, berichtete die »New York Times«. Die israelische Delegation unter Leitung des Chefs des Geheimdienstes Mossad, David Barnea, reiste indes am Abend aus Kairo wieder ab.

Laut Medienberichten fordert die Hamas die Freilassung von rund 1.500 palästinensischen Gefangenen aus israelischen Gefängnissen sowie einen dauerhaften Waffenstillstand und den Abzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen. Israelische Beamte hätten deutlich gemacht, daß Israels Armee die geplante Offensive auf die Stadt Rafah im Süden des Küstenstreifens bald starten werde, wenn die Hamas nicht mit einem Vorschlag an den Verhandlungstisch zurückkehre, den Israel für »vernünftiger« hält, zitierte das »Wall Street Journal« eine Person, die mit Israels Position vertraut sei.

Der Chef der Hilfsorganisation UNRWA sieht keine Möglichkeit, Menschen aus der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens wie von Israel gefordert zu evakuieren. »Evakuierung wohin? Es gibt keinen sicheren Ort in Gaza«, sagte Philippe Lazzarini der »Neuen Zürcher Zeitung«. Die Bevölkerung sei bereits mehrfach innerhalb des Küstengebiets geflohen. Mehr als 100.000 Menschen seien entweder getötet oder verletzt worden oder würden vermißt. Im Gazastreifen seien in nur vier Monaten fast 18.000 Kinder zu Waisen geworden.

Israels Regierung hat die in der Region tätigen UNO-Organisationen aufgefordert, bei der Evakuierung von Zivilisten aus Rafah zu helfen. In der Stadt mit einst 300.000 Einwohnern kampieren nach UNO-Angaben inzwischen mehr als 1,4 Millionen Menschen, die vor israelischen Angriffen in anderen Teilen des Gazastreifens geflohen sind.

Irlands Außenminister Micheal Martin hat andere Staaten aufgefordert, das UNRWA weiter finanziell zu unterstützen. Es habe ihn zutiefst besorgt, daß einige wichtige Geldgeber ihre Zahlungen ausgesetzt hätten wegen bisher nicht bewiesener Terrorvorwürfe gegen sehr wenige Mitarbeiter, sagte Martin am Donnerstag in Dublin nach einem Gespräch mit UNRWA-Chef Philippe Lazzarini. Irland kündigte an, in diesem Jahr 20 Millionen Euro zahlen zu wollen.

Martin warf Israel eine Desinformationskampagne gegen das UNRWA vor. Es sei völlig inakzeptabel, daß noch immer keine ausreichende Hilfe bei den Zivilisten im Gazastreifen ankomme.

Israelische Politiker haben sich über Äußerungen des UNO-Nothilfekoordinators Martin Griffiths zur Palästinenserorganisation Hamas in einem Interview empört. Eine Journalistin von Sky News hatte Griffiths gefragt, ob Israels Plan, die Hamas zu zerstören und ihr keinen Anteil an künftigen Verhandlungen über Gaza zu gewähren, realistisch sei. Der UNO-Vertreter antwortete darauf: »Ich denke, es ist sehr schwierig. Ich habe mit sehr, sehr vielen verschiedenen Terror- und Rebellengruppen gearbeitet. Hamas ist für uns keine Terrororganisation, sondern eine politische Bewegung.«

Der israelische Außenminister Israel Katz schrieb daraufhin am Donnerstag auf dem Online-Portal X, Griffiths habe geleugnet, daß die Hamas eine Terrororganisation sei. »Schande über ihn!« Katz bezeichnete die Hamas sogar als »Nazi-Organisation«.

Putin würde Biden-Wahlsieg begrüßen

Moskau – Für Rußland wäre nach Worten von Präsident Wladimir Putin ein Sieg von Joe Biden bei der Präsidentenwahl in den USA der beste mögliche Ausgang. In einem Interview für das russische Fernsehen, aus dem am Mittwoch vorab Auszüge veröffentlicht wurden, kritisierte Putin die USA-Regierung: »Ich denke, daß die Haltung der jetzigen Administration in höchstem Maße schädlich und falsch ist«.

Trotzdem sei ein Sieg Bidens vorzuziehen, sagte Putin. »Er ist der Erfahrenere, er ist berechenbar, er ist ein Politiker alter Schule.« Allerdings werde Rußland mit jedem Präsidenten arbeiten, den das Volk der Vereinigten Staaten wähle. Putin nahm Biden auch in Schutz vor Vermutungen, daß dieser nicht mehr gesund genug für sein Amt sei. Schon bei einem Gipfeltreffen in der Schweiz 2021 habe es geheißen, daß Biden nicht mehr handlungsfähig sei, sagte Putin. »Ich habe nichts dergleichen gesehen.«

In dem Interview ging Putin auf Trumps Äußerung ein, daß er NATO-Bündnispartnern mit geringen Militärausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine Unterstützung gewähren würde. Trump habe seine eigene Sicht darauf, wie sich das Verhältnis der USA und ihrer Verbündeten entwickeln sollte, sagte Putin. Unlogisch daran sei nur die Haltung der Europäer: »Sie wollen, daß die USA sie weiter umsonst beschützen«.

Am Donnerstag kursierten in den Medien Meldungen über angeblich neue atomare Fähigkeiten Rußlands im Weltraum. Aus Moskau hieß es dazu, diese Gerüchte entbehrten jeder Grundlage und dienten vor allem als Vorwand für weitere Aufrüstung und Waffenlieferungen an die Ukraine.

Mumia Abu Jamal in Lebensgefahr

Berlin – Nach Angaben seiner Anwälte schwebt der politische Gefangene Mumia Abu Jamal in akuter Lebensgefahr. Er habe stark abgenommen, leide unter Bluthochdruck und in Folge nicht ausreichend behandelter Schuppenflechte an Schlafentzug, berichtet die Berliner Tageszeitung »junge Welt«. Zudem wird ihm bis heute die nach einer 2021 erfolgten Operation am offenen Herzen nötig gewordene Rehabilitation verweigert, dazu gehört unter anderem gesünderes Essen und körperliche Bewegung.

Ursächlich für die gesundheitlichen Probleme Abu Jamals sieht sein Vertrauensarzt Ricardo Alvarez den Streß durch vier Jahrzehnte Haft und täglichen Überlebenskampf. Abu Jamals Vertraute Pam Africa erklärte, der Staat arbeite weiterhin »langsam und absichtlich durch medizinische Vernachlässigung« am Tod des 1981 verhafteten und im Folgejahr unschuldig zum Tode verurteilten Bürgerrechtsaktivisten.

Bauernproteste in Italien

Rom – Die Proteste der Bauern gehen weiter, berichtet die italienische Agentur ANSA am Donnerstag. Am Mittwoch sei eine Prozession von über hundert Fahrzeugen in Neapel eingezogen und wurde von der Bevölkerung mit Applaus begrüßt, während sich die Hauptstadt darauf vorbereitete, am Donnerstag zwei Demonstrationen im Zentrum zu erleben. Der Protest der Bauern gegen die Agrarpolitik der EU und der eigenen Regierung wird fortgesetzt, auch nachdem in Rom grünes Licht für die Senkung der Agrareinkommensteuer für zwei Jahre gegeben wurde. »Wir leiden unter unlauterer Konkurrenz durch außereuropäische Länder, die mit ihren Produkten zu viel niedrigeren Preisen auf unsere Märkte kommen«, heißt es in Verlautbarungen der Landwirte. In Rom werden Reisebusse aus ganz Italien über zwanzigtausend Menschen erwartet.

Neue Suche nach Koalition

Den Haag – Fast drei Monate nach dem Wahlsieg des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders hat ein neuer Versuch zur Bildung einer Koalition begonnen. Das Parlament beauftragte mit dem Vorsitzenden des einflußreichen Sozialökonomischen Rates, Kim Putters, einen neuen Sondierer. Er soll die Möglichkeiten für die Bildung einer Regierung ausloten. Putters sprach am Donnerstag in Den Haag von einer schwierigen Aufgabe »in einer komplizierten politischen Landschaft«.

Der neue Sondierer ist ein Sozialdemokrat, er war dennoch von Wilders für diese Aufgabe vorgeschlagen worden. Putters will nun mit allen Fraktionsvorsitzenden des Parlaments reden.

Die Koalitionsverhandlungen von vier rechten Parteien waren in der vergangenen Woche gescheitert. Die Rechtspartei NSC hatte die Gespräche abgebrochen. Sie will nicht gemeinsam mit der radikal-rechten Partei von Wilders regieren. Damit ist die Bildung einer rechten Mehrheitsregierung ausgeschlossen.

Ukrainische Truppen verlieren Awdijewka

Kiew – Nach Geländegewinnen russischer Truppen haben die ukrainischen Einheiten ihre Hauptversorgungsroute in die halb eingeschlossene Stadt Awdijewka im Donbass verloren, berichtet dpa. »Der Nachschub für Awdijewka und die Evakuierung aus der Stadt sind erschwert, doch wird jetzt eine rechtzeitig vorbereitete logistische Arterie genutzt«, versicherte der für den Frontabschnitt zuständige Militärsprecher am Donnerstag im ukrainischen Fernsehen. Im Stil einer Frontberichterstattung der faschistischen deutschen Wehrmacht heißt es weiter bei dpa: Insgesamt sei die Frontlinie stark in Bewegung und einige ukrainische Einheiten hätten sich auf »vorteilhaftere Positionen« zurückziehen müssen. An anderen Stellen seien wiederum russische Einheiten zurückgedrängt worden.

Seit mehreren Tagen berichten ukrainische und russische Militärblogger übereinstimmend von Durchbrüchen russischer Einheiten vor allem nordwestlich der stark zerstörten Stadt. Damit droht der verbliebenen Garnison akut eine Einschließung. Die Versorgung ist nur noch auf Feldwegen über einen etwas mehr als drei Kilometer breiten Korridor möglich. Ende Dezember war Präsident Selenski noch demonstrativ nach Awdijewka gefahren.


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