Luxemburg

Katholische Kirche präsentiert bei TNS-Ilres bestellte Umfrage

Die Arche leckt, aber sie sinkt nicht

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Am Donnerstagmorgen präsentierte die katholische Kirche eine bei TNS-Ilres in Auftrag gegebene Umfrage zur Religion in Gesellschaft und Schulen. Und direkt einleitend stellte Generalvikar Erny Gillen die Frage, warum die Gambia-Koaltion die Trennung von Kirche und Staat, sowie das Ende des Religionsunterrichts im Gegensatz zu allen anderen Punkten der Koalition so schnell ins Schaufenster gestellt hat. Nun, es mag daran liegen, daß dies den Menschen fortschrittliche Veränderungen ankündigen sollte, damit das Mißtrauen gering bleibt an der neuen Koalition. Dieses wäre aber durchaus berechtigt, denn sozial wird es mindestens so eisig bleiben wie es unter CSV/LSAP zuvor schon war.

Gillen erklärte, die katholische Kirche sei am 20. Oktober weder abgewählt, noch in Opposition geschickt worden und man sei »schockiert« , wie mit der Kirche selbst, aber auch den Eltern und Kindern des Religionsunterrichts nun umgegangen werde. »Würde man dies mit einer anderen Religion wagen ?« .

Für TNS-Ilres stellte Charles Margue anschließend die Resultate der »repräsentativ« im November unter 1.078 Personen ab dem 15. Lebensjahr erhobenen Umfrage vor.

Seit Mitte der 90er Jahre habe es keine solche Erhebung mehr gegeben und die Bevölkerung wachse stetig, besonders durch Immigration. In der Studie habe sich eine Ambivalenz zwischen abnehmender religiöser Praxis und Zugehörigkeit und gleichbleibendem Verlangen nach religiösen Ritualen gezeigt, so Margue.

Wichtig war zunächst für 79 Prozent der Befragten, die Religionsfreiheit in der Verfassung zu verankern, 18 Prozent votierten dagegen. Insgesamt fühlten sich 41 Prozent der katholischen Kirche zugehörig, 44 Prozent überhaupt einer Religion zugetan, auch als Nichtmitglied. Das ist gegenüber der letzten Erhebung von 1994 ein Rückgang um ein sattes Viertel.

Fünfundzwanzig Prozent der Befragten gaben an, weder Atheist (13 Prozent), noch Agnostiker (8) zu sein, jedoch auch nicht gläubig. Für eine Konvention zwischen Staat und Kirchen stimmten 72 Prozent, während 19 Prozent dagegen waren.

Von den bekennenden Katholiken gehen der Befragung zufolge 33 Prozent wöchentlich zum Gottesdienst. Von allen religiösen Menschen lassen sich aber 50 Prozent nur zu gesellschaftlich wichtigen Feierlichkeiten in die Kirchen locken. Eine starke katholische Basis bilde vor allem die größer werdende portugiesische Gemeinde, die entsprechend auch aufgrund der steigenden Zahl von Nachwuchs für den Religionsunterricht votiert. Unter den Eltern von 659 Kindern waren 76 Prozent für die »Wahlfreiheit« zwischen Religion und Moral in der Schule. Unter den Luxemburgern etwa zwei Drittel und unter den Portugiesen gar vier Fünftel. Unter den Haushalten mit Grundschulkindern war dieser Anteil bei 78 Prozent, wobei die meisten angaben, dieser Unterricht könne außerhalb der Schulzeit funktionieren.
Ohne Not hat die neue Regierung also Feuer gelegt, so Erny Gillen erneut, bevor Schulreferent Jean-Louis Zeien den Religionsunterricht als Teil der Wertevermittlung in den Schulen verteidigte, ohne den es kein vorurteilsfreies Miteinander im späteren Leben gäbe, und daran erinnerte, daß die Mehrheitsverhältnisse in der Chamber deutlich seien. Er stellte die Frage, warum über Ausländerwahlrecht und Wahlrecht ab 16 gesprochen werde : »Alle bekommen ihr Wahlrecht, außer den Eltern« , so Zeien wörtlich.

Der Religionsunterricht habe sich stark verbessert erklärte er und auch 15 Jahre nach Einführung der »Wahlfreiheit« schickten noch immer 70 Prozent der Eltern ihre Kinder in den Religionsunterricht der Grundschule. Freilich unerwähnt blieb, welchen Druck eine Kommunion als Institution in einer Gesellschaft mit religiös geprägtem Wertebild auf Abweichler ausübt

Die Umfrage, so Gillen erneut, habe gezeigt, daß die Mehrheit der Menschen nicht wolle, daß die Religion ins Private »abgedrängt« werde.

Die ins Feld geführte »Wahlfreiheit« ist gelinde gesagt Aufplusterei, denn sollte der Religionsunterricht endlich aus den öffentlichen Schulen fliegen, könnte die Kirche durchaus in eigenen Räumlichkeiten, von denen sie genug besitzt, auf eigene Rechnung Religionsunterricht abhalten. Freilich müßte sie dann ihr Personal selbst bezahlen und es bleibt fraglich, wie viele Eltern bereit sind, außerhalb der Schulzeit ihre Sprößlinge herumzukutschieren, kommunionskonventioniertes Denken und religiöse »Wertevermittlung« hin oder her.

Aber kommt es überhaupt so weit, wie die katholische Kirche hier bereits den Untergang der Arche beweint ? Bisher ist nur bekannt, daß Gambia die Konventionen zwar zunächst kündigen, aber anschließend neu über das Verhältnis von Kirche und Staat nachdenken will. Es wäre doch gelacht, wenn dabei nicht alter Wein in neue Schläuche, sowie der ein oder andere Religionslehrer in den vielgepriesenen Werteunterricht finden würde.

CK