Rückenwind international
Wird das Gewerkschaftsverbot bei Tesla aufgebrochen?
Seit Wochen streiken die Mechaniker in schwedischen Tesla-Werkstätten für einen Tarifvertrag. Doch Tesla-Chef Elon Musk ist bekennender Gewerkschaftsfeind und lehnt Tarifverhandlungen weiter kategorisch ab. Der Konflikt besteht seit 2018. Nach dem endgültigen Scheitern der Gespräche mit Tesla entschied sich die schwedische Gewerkschaft IF Metall, die Beschäftigten zum Streik aufzurufen.
Die Auseinandersetzung zwischen der IF Metall und dem Autobauer Tesla hat sich schnell und stetig ausgeweitet. Zuletzt war es die finnische Gewerkschaft AKT, die ankündigte, ab dem 20. Dezember keine Elektroautos des Tesla-Konzerns mehr für die Verschiffung nach Schweden zu verladen. Zuvor hatten sich schwedische und andere skandinavische Gewerkschaften bereits mit der IF Metall solidarisiert. In Norwegen teilte die Gewerkschaft Fellesforbundet mit, sie werde Tesla-Lieferungen nach Schweden blockieren. Die dänische Gewerkschaft 3F hatte Ähnliches angekündigt, so wie auch ihre schwedischen Kolleginnen und Kollegen.
Dank Solidaritätsstreiks kommen nicht nur keine neuen Teslas mehr in Schweden an, Fahrzeuge werden nicht mehr lackiert, Elektriker verweigern Wartungsarbeiten und seit Ende November verschicken die Kolleginnen und Kollegen der schwedischen Post keine Kfz-Kennzeichen mehr für Tesla. Medien berichteten, daß Tesla deshalb inzwischen die Nummernschilder ausgehen und keine Neufahrzeuge mehr auf die Straße bringen kann.
Die Streikenden wollen das schwedische System der Tarifverträge gegen Tesla verteidigen. Dabei ist der wirtschaftliche Druck, den sie aufbauen können, durchaus bemerkenswert: Für Tesla ist Schweden der fünftgrößte Markt in Europa. Doch der Konzern läßt sich den Klassenkampf etwas kosten und bleibt bei seiner grundsätzlichen Ablehnung gegenüber Tarifverhandlungen. Der Konzern meint, den Beschäftigten von sich aus bessere Bedingungen zu bieten. Diese bräuchten keinen Tarifvertrag.
Unempfindlich gegenüber wirtschaftlichem Druck ist aber auch Tesla nicht, letztendlich geht es auch hier um Profite. Elon Musk selbst zeigte sich entsprechend angekratzt und bezeichnete die Streikenden als »wahnsinnig«.
Die Zeit, sich den Gewerkschaftsfeind Musk vorzunehmen, scheint günstig wie nie. Denn nach dem Tarifabschluß bei den Autokonzernen GM, Ford und Stellantis hat die Gewerkschaft UAW in den USA angekündigt, in weiteren Konzernen Kampagnen zur Organisierung der Arbeiterinnen und Arbeiter starten zu wollen. Insgesamt ist das Ziel, in den USA über 150.000 weitere Beschäftigte bei Autoherstellern zu organisieren, darunter Tesla, aber auch Volkswagen, BMW, Mercedes-Benz, Toyota und Volvo. Der erfolgreiche Tarifkampf bei GM, Ford und Stellantis hat laut UAW dazu geführt, daß viele Beschäftigte in nicht gewerkschaftlich organisierten Betrieben sich der UAW angeschlossen hätten.
Nicht nur Tesla setzt »Union-Busting«-Methoden ein, um eine gewerkschaftliche Vertretung zu verhindern. Die Konzerne drohen mit Entlassung oder Werksschließung, üben politischen Druck aus und schrecken nicht davor zurück, bekannte Gewerkschafter zu diffamieren. Die UAW hat entsprechend Erfahrung gesammelt.
Aber die Konzerne versuchen es auch mit »positiven Anreizen«, wenn sie Gewerkschaften aus ihren Betrieben halten wollen. Wie die US-amerikanische »People‘s World« berichtet, haben mehrere Automobilhersteller als Reaktion auf die UAW-Kampagne angekündigt, erhebliche Verbesserungen bei Löhnen und Arbeitsbedingungen zu gewähren.
Die UAW ist in der Vergangenheit bereits mit einigen Versuchen gescheitert, Belegschaften bei Automobilkonzernen gewerkschaftlich zu organisieren. Dazu gehören die Nissan-Werke in Mississippi und Tennessee. Die Kampagne bei Volkswagen in Chattanooga, Tennessee, scheiterte.
Laut Shawn Fain, Vorsitzender der UAW, konzentriert sich seine Gewerkschaft derzeit darauf, die Beschäftigten bei Tesla und Toyota zu organisieren. »Elon Musk, der Eigentümer von Tesla, ist mit einem Nettovermögen von 230 Milliarden Dollar der reichste Mann der Welt. Die Produktion in den USA hat sich seit 2020 mehr als verdoppelt und der Absatz von Tesla boomt«, so Fain. Den Beschäftigten stehe ein Teil des von ihnen geschaffenen Reichtums zu.
Ein Erfolg der UAW würde sowohl den Streikenden in Schweden als auch der deutschen Gewerkschaft IG Metall bei ihrem Versuch, die Beschäftigten im Tesla-Werk in Grünheide in Brandenburg zu organisieren, Rückenwind verschaffen.