Weniger Asylbewerber erreichten EU
Relativ zur Einwohnerzahl nahm Luxemburg 2020 fast doppelt so viele Erstantragsteller auf wie Deutschland
Im vergangenen Jahr wurden in der EU ca. 416.600 Asylanträge gestellt. Das waren rund 34 Prozent weniger als 2019 und nur noch ein Drittel von den gut 1,2 Millionen Asylbewerbern, die es in der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 bis in die EU geschafft haben. Aktuellen Angaben von Eurostat zufolge verzeichneten die Mittelmeerinseln Zypern und Malta sowie das ans Mittelmeer, die Türkei, Albanien und Nordmazedonien grenzende Griechenland die meisten Erstantragsteller im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Mit großem Abstand, aber noch vor Spanien, folgt als erstes Binnenland Luxemburg.
Die vom EU-Statistikamt erstellte Grafik zeigt, daß Zypern mit 8.448 Asylantragstellern pro eine Million Einwohner 2020 mit Abstand die meisten Flüchtlinge aufnahm, gefolgt von Malta mit 4.686 und Griechenland mit 3.532. Luxemburg, das nach Angaben der Immigrationsdirektion des Außenministeriums vergangenes Jahr 1.167 Asylanträge verzeichnet hat, kam Eurostat zufolge auf gut 2.000 Erstanträge pro eine Million Einwohner – und liegt damit noch vor dem am Mittelmeer gelegenen Spanien. Auch liegt das Großherzogtum bei mehr als dem Doppelten des EU-Durchschnitts von 931 Asylantragstellern pro eine Million Einwohner.
Deutschland liegt relativ zu seiner Einwohnerzahl von 83 Millionen auf Platz neun, obwohl es in absoluten Zahlen mit gut 100.000 Erstantragstellern rund jeden vierten Asylbewerber, der es in die EU schaffte, aufnahm. In absoluten Zahlen folgen Spanien (86.400 oder 21 Prozent), Frankreich (81.800, 20 Prozent), Griechenland (37.900, neun Prozent) und Italien (21.200, fünf Prozent). Zusammen nahmen diese fünf Länder Eurostat zufolge vier von fünf Flüchtlingen auf, die 2020 in der EU einen Asylantrag gestellt haben.
Nicht überraschend finden sich jene EU-Staaten, deren Regierungen es seit Jahren ablehnen, Flüchtlinge aus den genannten Hauptankunftsländern aufzunehmen, am unteren Ende der Skala. Eurostat zufolge nahm Ungarn 2020 nur neun Asylbewerber pro eine Million Einwohner auf – und damit relativ zur Einwohnerzahl weniger als ein Zweihundertstel von dem, was Luxemburg aufnahm. In Estland waren es 35 pro eine Million Einwohner, in Polen 40 und in der Slowakei 49.
Die Zuständigkeit für das Asylverfahren wird in der EU durch das Dubliner Abkommen geregelt. Es wurde bereits 1990 unterzeichnet, trat aber erst sieben Jahre später in Kraft. Der lange Zeitraum zwischen Beschlußfassung und Inkrafttreten des Vertrags zeigt, welch große Schwierigkeiten die Zustimmung den Mitgliedstaaten machte. Nach diesem Abkommen soll jener Staat über den Asylantrag entscheiden, über den der Flüchtling in die EU eingereist ist. Artikel 6 bestimmt: »Hat der Asylbewerber aus einem Drittstaat die Grenze eines Mitgliedstaats illegal auf dem Land-, See- oder Luftweg überschritten, so ist der Mitgliedstaat, über den er nachweislich eingereist ist, für die Antragsprüfung zuständig.«
Die Dublin-Regelung war seinerzeit von Deutschland durchgesetzt worden, da sie vor allem seinen Interessen dient, indem sie Flüchtlinge von den deutschen Grenzen fernzuhalten verspricht. Diesem Ziel dient auch der im Frühjahr 2016 auf deutschen Druck hin abgeschlossene Flüchtlingsdeal mit der Türkei, mit dem die deutsche Kanzlerin Merkel die Außengrenzen der gesamten EU für Flüchtlinge dichtmachen wollte – und aus dem der türkische Präsident Erdogan seitdem politisches Kapital schlägt.