Technisch möglich, aber…
Kein Klimaschutz ohne Null-Emissions-Schiffe
Theoretisch ist alles ganz einfach. Die Technik steht bereit, es braucht nur noch gemacht zu werden. Bloß genau da beginnen die Probleme, obwohl die Meeres-Schifffahrt rasch emissionsfrei werden müßte, wenn das Ziel des Pariser Klimabkommens, den durchschnittlichen Temperaturanstieg gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter auf keinen Fall über 2 Grad Celsius ansteigen zu lassen, erreichbar sein soll.
Denn wäre die Meeres-Schifffahrt ein Land, stünde es an sechster Stelle der Länder mit den meisten Treibhausgasen. Das ist viel zu viel um vernachlässigbar zu sein, vor allem weil schon die Armeen ausdrücklich ausgeschlossen sind mit ihrem Treibhausgasausstoß im Klimaschutzabkommen. Wären sie ein Land, stünden sie an erster Stelle!
Wir haben also ein großes Problem, denn dieses Benehmen ist eigentlich Realsatire pur und erinnert an die berühmten drei Affen, wo sich der eine die Ohren, der andere den Mund und der dritte die Augen zuhält.
Lange Vorlaufzeit
Meeres-Schiffe sind nicht nur groß und teuer, es braucht auch ordentlich Zeit sie herzustellen. Danach müssen sie rentabilisiert werden, um die Herstellungskosten wieder hereinzuholen und Gewinne abzuwerfen. Sie müssen also viele Jahre in Betrieb sein.
Offizielles Politikziel ist es nun, 2050 klimaneutral zu sein, also nicht mehr Treibhausgase auszustoßen als die Natur zu speichern in der Lage ist. Wie soll das funktionieren, wenn der allergrößte Emittent unter den Teppich gekehrt und der sechstgrößte nicht rasch umstellbar ist?
Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation, eine UNO-Sonderorganisation mit Sitz in London, hat sich da sehr wohl Gedanken gemacht, hält aber Klimaneutralität bei Hochseeschiffen schon 2050 nicht für möglich, sondern nur 50 Prozent Verringerung des Treibhausgasausstoßes. Für die Null-Emission müsse 50 weitere Jahre gewartet werden. Das erste ist zu wenig, das zweite zu spät, aber leider ist es realistisch.
Denn es fehlen aktuell alle nötigen Infrastrukturen für einen Umstieg auf Wasserstoff – und es fehlen die Schiffe. Zwar gibt es mittlerweile kleine Versorgungsschiffe mit Brennstoffzellenantrieb, aber keine großen.
Das größte Schiff, das zur Zeit projektiert wird, ist ein Fährschiff, das ab 2027 zwischen Kopenhagen und Oslo bis zu 1.800 Passagiere, 360 Autos oder 180 LKW befördern soll mit Strom aus einer 23 MW-Brennstoffzelle. Dänemark will bis 2027 zwei große Windparks im Meer für je 2 GWh Leistung aufstellen für die Wasserstoff-Elektrolyse als Schiff-Treibstoff. Das ist also sogar richtig schön koordiniert.
Aktuell gibt es übrigens erst Brennstoffzellen bis 3 MW. Die können wohl in Serie geschaltet werden, wobei noch nicht bekannt gegeben wurde, wie das bei dieser Fähre sein soll.
Bevor Containerschiffe gebaut werden können, müssen Brennstoffzellen aber noch größer werden, denn da werden mindestens 80 MW gebraucht. Dafür werden dann 58 Tonnen Wasserstoff am Tag gebraucht, und weil Gewicht eine Rolle spielt bei Schiffen – Heizöl schwer hat eine höhere Energiedichte – wird eine Tankkette wesentlich. Die ist aber sicherzustellen auf der ganzen Strecke von Asien nach Europa.
Das Ausstiegsdilemma
Der Umstieg von Heizöl schwer auf Wasserstoff ist erstens nicht einfach wie beschrieben und zweitens bringt das weitere Probleme. Es ist im Augenblick die Nutzung des Erdöls im Lot, wobei dieses Gleichgewicht aber schon stark gefährdet ist durch Politiker ohne Realitätsbezug.
Denn Erdöl läßt sich nicht umarbeiten in nur ein Endprodukt: »Prozentual gestaltet sich die Ausbeute einer modernen Raffinerie in etwa wie folgt: 3 Prozent Flüssiggas (Propan, Butan), 9 % Rohbenzin, Naphtha, 24 % Vergaser- / Ottokraftstoff, 4 % Flugturbinenkraftstoff, Kerosin. 21 % Dieselkraftstoff, 21 % leichtes Heizöl, 11 % schweres Heizöl, 3,5 % Bitumen, 1,5 % Schmierstoffe und 2 Prozent sonstige Produkte wie Schwefel, Eigenverbrauch, Verluste.« (Quelle: https://www.chemie.de/lexikon/Erdölraffinerie.html)
Diese Grenzen lassen sich nur bedingt und zu hohen Kosten geringfügig verschieben. Es bräuchte also das, was es nicht gibt: Politik, die koordiniert ist. Wenn sich das nicht rasch ändert, wird erstens das Pariser Klimaabkommen zur Makulatur und zweitens entstehen Riesenprobleme in den Raffinerien.
Sollen sie die Teile, für die keine Nachfrage mehr ist infolge einer verkorksten Politik, in Rotterdam in die Nordsee, in München in die Isar und in Wien in die Donau laufen lassen? Oder sollen sie das einfach abfackeln, wie früher Erdgas bei der Erdölgewinnung »entsorgt« wurde?
Schön wäre, wenn dies hier wenigstens zu einem Anfang von Problembewußtsein bei der Gréng-Ministerriege führen könnte. Daß Weggießen ins Wasser nicht geht und Abfackeln zu Treibhausgasen führt, ist wohl mehr als klar. Folglich müßte schleunigst Schluß gemacht werden mit unkoordinierten Maßnahmen, die neue Probleme schaffen statt alte zu lösen.
Konkret: Schluß mit der Diesel- und Heizölverteufelung sowie der Batterie-Religion, Beginn eines alle Bereiche – entsprechend der obigen Aufschlüsselung – umfassenden gleichzeitigen Ausstiegs aus dem Erdöl, was den gleichzeitigen Einstieg in die Wasserstoff-Wirtschaft voraussetzt.
jmj
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