Leitartikel23. April 2024

Bei der Rüstung sind sie fix

von Uli Brockmeyer

Die neuesten Zahlen des in der schwedischen Hauptstadt Stockholm angesiedelten Internationalen Instituts für Friedensforschung SIPRI sollten endlich zu einem gründlicheren Nachdenken anregen. Nicht wirklich verwunderlich, aber dennoch erschreckend ist der erneute Anstieg der Militärausgaben weltweit auf bisher unbekannte Rekordhöhen. Das bisher von der Kriegsallianz NATO geforderte »Ziel«, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für militärische Zwecke auszugeben, wird selbst im weltweiten Durchschnitt mit 2,3 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts deutlich überboten.

Es sind insgesamt 2,44 Billionen US-Dollar – rund 2,28 Billionen Euro –, die laut den Friedensforschern allein im Jahr 2023 (!) für Rüstung und Krieg verpulvert wurden, und somit vor allem den Eignern von Rüstungskonzernen, deren Zulieferern und Finanziers die Taschen füllen bis zum Überlaufen.

Das sind 2,44 Billionen Dollar, die nicht zur Verfügung stehen, um dringende Probleme der Menschheit zu lösen, vor allem für die Bekämpfung der auch in den selbsternannten hochentwickelten kapitalistischen Ländern grassierenden Armut, für die Milderung der Folgen der Umweltkatastrophen und deren Vorbeugung, für einen wirksamen Schutz des Klimas, für dringend notwendige wirtschaftliche Entwicklung in den zahlreichen Ländern, aus denen sich wachsende Flüchtlingsströme in die Teile der Welt bewegen, die vermeintlich »wohlhabend« sind. Die Liste der Probleme ist lang, mindestens genauso lang wie die Liste des Kriegsgeräts, das weltweit mit dem Ziel der Zerstörung und der Profitanreicherung produziert wird.

Wie seit Jahrzehnten stehen die USA unangefochten an der Spitze des Rüstungswahnsinns. Deren 916 Milliarden US-Dollar machen mehr als ein Drittel, nämlich 37 Prozent der weltweiten Militärausgaben aus. Die von den reaktionärsten Kräften der USA als »größte Gefahr weltweit« bezeichnete Volksrepublik China, die sich zudem einem immer stärker bewaffneten Netz von Militärstützpunkten und Militärmanövern der USA und ihrer Vasallen ausgesetzt sieht – und keinerlei Militärbasen in der Nähe des Territoriums der USA unterhält oder dort Manöver veranstaltet – hat nach Schätzungen 296 Milliarden Dollar für das Militär ausgegeben.

Unter den zehn Staaten mit den weltweit höchsten Militärausgaben befinden sich interessanterweise mit den USA, Britannien (Platz 6), Deutschland (7) und Frankreich (9) immerhin vier NATO-Länder, und die NATO-Anwärterin Ukraine liegt sogar noch vor Frankreich auf Platz acht, mit 37 Prozent des BIP. Rußland belegt zwar hinter China Platz drei im Ranking, allerdings mit »nur« 5,9 Prozent Militäranteil am BIP. Diese Zahlen sagen nicht allzuviel aus, zumal der größte Teil des ukrainischen Militärbudgets durch die NATO, die EU und deren Mitgliedstaaten finanziert wird.

Trotz sehr offensichtlicher Größenverhältnisse bemühen sich Politiker und Kommentatoren in unserer Hemisphäre erneut, die »Gefahr aus dem Osten« aufzubauschen. Vor allem die Außen- und Kriegsminister der EU, die sich am Montag in Luxemburg zu einem neuen Kriegsrat trafen, leiten daraus neue Maßnahmen der militärischen Unterstützung für die Ukraine ab.

Nicht gern zitiert werden allerdings recht deutliche Worte aus Stockholm, mit denen auf eine Alternative zur Rekordrüstung hingewiesen wird, nämlich auf das Mittel der Diplomatie. Auch das sollte zum gründlicheren Nachdenken anregen!