Ausland12. Juli 2025

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Stärkung der nuklearen Drohung

Die NATO-Staaten Britannien und Frankreich wollen ihr »Abschreckungspotential« stärker zur Geltung bringen. Darauf einigten sie sich bei einem Regierungsgipfel unter der Leitung von Premier Keir Starmer und Präsident Emmanuel Macron in London. Erstmals werde in einer Erklärung festgeschrieben, daß die Atomwaffen beider Länder zwar unabhängig voneinander seien, aber miteinander koordiniert werden könnten, sagte Starmer bei einer Pressekonferenz im britischen Militärhauptquartier Northwood in London.

»Von heute an werden unsere Feinde wissen, daß jegliche extreme Bedrohung für diesen Kontinent eine Antwort unserer beider Nationen hervorrufen würde«, sagte der sozialdemokratische Politiker. Die Formulierung sollte als »deutliche Warnung an Moskau« verstanden werden. Macron betonte, beide Länder blieben unabhängig und souverän. Man müsse zusammenarbeiten, um einem »deutlich bedrohlicheren Umfeld« gerecht zu werden.

Zudem wurde bekanntgegeben, beide Länder hätten ihre »Vorbereitungen zur Sicherung eines langfristigen Waffenstillstands« in der Ukraine« abgeschlossen. Die Rede war von gemeinsamen Militäreinheiten mit einer Stärke von bis zu 50.000, die in der Ukraine stationiert werden sollen. Dabei wird völlig ignoriert, daß weder ein »Waffenstillstand zur Regeneration der ukrainischen Streitkräfte« absehbar ist, noch Rußland mit der Stationierung weiterer NATO-Truppen einverstanden sein kann. Das neue Hauptquartier der »Koalition der Willigen« solle in Paris angesiedelt werden, hieß es außerdem.

Angriff auf Klinik?

Bei russischen Angriffen auf Charkow seien in der Nacht zu Freitag neun Menschen verletzt worden. »Unter den Verletzten sind auch Frauen in einer Entbindungsstation«, schrieb Präsident Selenski. Glücklicherweise seien zumindest keine Kinder verletzt worden. Selenski warf dem russischen Militär vor, »bewußt auf Zivilisten zu zielen«. Das AFP-Foto vom Freitag zeigt ein nicht fertig gebautes Haus in der Nähe einer Frauenklinik in Charkow, das bei einem Angriff offenbar getroffen wurde. Laut einer Meldung von AFP wurde dabei die Klinik »leicht beschädigt«.

Viele Tote in Gaza

Israelische Soldaten haben am Freitag mindestens zehn Menschen in der Nähe eines Verteilzentrums für humanitäre Hilfe in der Nähe der Stadt Rafah im Gazastreifen getötet. Zudem seien etwa 70 Menschen verletzt worden, hieß es aus medizinischen Kreisen. Seit Ende Mai sind im Gazastreifen nach UNO-Angaben bereits 798 Menschen bei Verteilzentren für Hilfsgüter und rund um Hilfskonvois getötet worden. Davon sind laut aktuellen Zahlen der UNO 615 Tötungen an oder in der Nähe von Verteilstationen der GHF registriert worden, berichtete die UNO-Menschenrechtssprecherin Ravina Shamdasani in Genf. Am Donnerstag wurden mindestens 55 Menschen getötet, hieß es aus medizinischen Kreisen im Gazastreifen. Das israelische Militär hatte in verschiedenen Gebieten Angriffe geflogen, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa. In der zentral gelegenen Stadt Deir al-Balah wurden 16 Menschen getötet, die auf Nahrungsergänzungsmittel warteten, darunter zehn Minderjährige.

Symbolischer Schritt:

PKK legt erste Waffen nieder

Erbil – Im Rahmen des Friedensprozesses mit der Türkei hat die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) begonnen, einen Teil ihrer Waffen niederzulegen. Türkische Medien verbreiteten Bilder, auf denen 30 PKK-Kämpfer und -Kämpferinnen zu sehen waren, die Maschinenpistolen in einer Art Feuerschale nahe der Stadt Sulaimanija in der Autonomen Region Kurdistan im Irak verbrannten. Bese Hozat, eine der führenden Frauen in der PKK, und der Kommandant Behzat Carcel erklärten laut der prokurdischen Partei Dem, die PKK zerstöre ihre Waffen »aus freiem Willen« und fordere Freiheit für ihren inhaftierten Gründer, Abdullah Öcalan, sowie eine demokratisch-politische Lösung der kurdischen Frage.

Die PKK hatte ihre Auflösung im Mai angekündigt und war damit einem Aufruf Öcalans gefolgt. Von einem hochrangigen türkischen Regierungsbeamten hieß es, die Waffenniederlegung der PKK-Kämpfer markiere »einen konkreten und begrüßenswerten Schritt zur Beendigung der jahrzehntelangen Gewaltkampagne der Gruppe. Wir betrachten diese Entwicklung als einen unumkehrbaren Wendepunkt«.

Dieser erste Schritt gilt als symbolisch. Die türkische Regierung erwartet, daß bis Ende des Jahres alle Kämpfer ihre Waffen abgegeben haben. Überwacht werden soll der Prozeß Berichten zufolge von der türkischen und der irakischen Regierung sowie der kurdischen Regionalregierung im Nordirak. Ob der Prozeß nun tatsächlich in einen politischen Neuanfang münden kann, ist unklar. Das Mißtrauen gegenüber der türkischen Regierung aufseiten der Kurden ist groß. Unklar ist auch, ob die syrische Kurdenmiliz YPG, die im Nordosten Syriens eine autonome Selbstverwaltung aufgebaut hat und enge Verbindungen zur PKK unterhält, Teil des Friedensprozesses mit der Türkei ist.

Sanktionen gegen UNO-Expertin Albanese »inakzeptabel«

New York – Die UNO hat Sanktionen der Trump-Regierung gegen die unabhängige UNO-Berichterstatterin für die von Israel besetzten palästinensischen Gebiete Francesca Albanese wegen der Kritik an Israel als »inakzeptabel« zurückgewiesen. Die Strafmaßnahmen stellten »einen gefährlichen Präzedenzfall« dar, sagte der Sprecher von UNO-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, in New York.

Zwar hätten Mitgliedstaaten das Recht, Berichten der unabhängigen Experten zu widersprechen – Dissens sollte jedoch innerhalb der UNO-Architektur ausgetragen werden. »Einseitige Sanktionen gegen Sonderberichterstatter oder andere UNO-Experten oder UNO-Beamte sind inakzeptabel.« Dujarric betonte, daß die italienische Juristin Albanese vom UNO-Menschenrechtsrat in Genf eingesetzt wurde und Generalsekretär Guterres keine Autorität über ihre Arbeit habe.

»Die Menschen müssen die intellektuelle Bandbreite besitzen, um Antisemitismus von berechtigter Kritik am Handeln der israelischen Regierung zu unterscheiden«, sagte Dujarric.

Die USA-Regierung hatte am Mittwoch Sanktionen gegen Francesca Albanese verhängt. Das Außenministerium in Washington wirft ihr »Voreingenommenheit und Antisemitismus« vor. Sie habe sich mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Verbindung gesetzt, damit dieser gegen Staatsangehörige der USA oder Israels ermittle oder diese verhaftet würden – ohne die beiden Länder darüber in Kenntnis zu setzen.

Francesca Albanese hatte Israel im Zusammenhang mit seiner Siedlungspolitik in den besetzten palästinensischen Gebieten »kolonialen Rassenkapitalismus« und »Apartheid« vorgeworfen. Zudem forderte sie multinationale Unternehmen auf, ihre geschäftlichen Beziehungen mit Israel einzustellen, wenn diese sich nicht an Kriegsverbrechen im Gazastreifen und im besetzten Westjordanland mitschuldig machen wollten. Albanese sprach von einer »Ökonomie des Völkermords«.

Lawrow wirft Merz antirussische Nazi-Parolen vor

Kuala Lumpur – Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vorgeworfen, antirussische Losungen wie zu Nazi-Zeiten für eine Militarisierung Deutschlands zu nutzen. Es sei »völliger Unsinn«, Rußland als Gefahr zu bezeichnen, sagte Lawrow in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur. »Ich hoffe, daß jeder Politiker mit einem gesunden Menschenverstand das begreift.« Merz habe sich für einen Kurs der Militarisierung Deutschlands entschieden, sagte der Minister und kritisierte, daß der Kanzler keine »Mittel der Diplomatie« gegenüber Rußland mehr sehe.

»Wenn Herr Merz der Meinung ist, daß die friedlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, muß er beschlossen haben, sich auf Kosten seines Volkes ganz der Militarisierung Deutschlands zu widmen, um dann wieder auf Nazi-Parolen herumzureiten – für eine Abwehr der Bedrohungen, die von Rußland ausgingen«, sagte Lawrow bei einer Pressekonferenz des Außenministertreffens der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN. Merz' Aussagen zu Israel während des Iran-Kriegs, wonach das Land die »Drecksarbeit« für den Westen erledige, zeuge von einer Mentalität »der Herren über Konzentrationslager«, sagte er.

Der Kanzler hatte am Mittwoch im Bundestag über den Krieg in der Ukraine gesagt: »Die Mittel der Diplomatie sind ausgeschöpft, wenn ein verbrecherisches Regime mit militärischer Gewalt das Existenzrecht eines ganzen Landes offen infrage stellt und sich auf den Weg macht, die politische Freiheitsordnung des ganzen europäischen Kontinents zu zerstören.«

Selenski beklagt Angriff auf Zivilisten

Kiew – Bei russischen Angriffen auf die ostukrainische Großstadt Charkow seien laut Angaben der örtlichen Behörden in der Nacht neun Menschen verletzt worden. »Unter den Verletzten sind auch Frauen in einer Entbindungsstation«, schrieb der ukrainische Präsident Selenski bei Telegram. Glücklicherweise seien »zumindest keine Kinder verletzt worden«. Selenski warf dem russischen Militär vor, bewußt auf Zivilisten zu zielen. Bei den Angriffen auf Charkow wurde offenbar ein noch im Bau befindliches Haus in der Nähe der Klinik getroffen. Laut AFP wurde die Klinik »leicht beschädigt«.

Selenski sprach zudem über Angriffe auf die Gebiete Dnjepropetrowsk, Mikolajew, Sumy und am Morgen im Gebiet Odessa. Rußland werde keine Ruhe geben und weiter mit Bomben, Raketen und Drohnen attackieren. Daher sei die Stärkung der Flugabwehr oberstes Gebot, erklärte er angesichts der laufenden Gespräche über die Lieferung neuer »Patriot«-Raketen an die Ukraine.

Gleichzeitig beschießt die Ukraine russische Ziele weit hinter der Grenze. Das russische Verteidigungsministerium meldete am Freitag die Abwehr von 155 ukrainischen Drohnen. Der Gouverneur der südlich von Moskau gelegenen Region Tula, Dmitri Miljajew, berichtete, daß es einen Toten und einen Verletzten durch Drohnenangriffe gegeben habe.

EU will »Drohkulisse gegen Israel« aufbauen

Brüssel – Die EU gibt an, für den Fall des Scheiterns der neuen Hilfsvereinbarungen für den Gazastreifen »eine Drohkulisse gegen Israel« aufbauen zu wollen. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas ließ den Mitgliedstaaten einen Katalog mit Maßnahmen übermitteln, mit denen die israelische Regierung theoretisch unter Druck gesetzt werden könnte. Er umfaßt etwa das Aussetzen von Handelsvorteilen, ein Waffenembargo und die Blockade von Israels Zugang zum EU-Forschungsförderungsprogramm Horizon.

Zudem könnten Einreisebestimmungen für israelische Staatsbürger verschärft und Sanktionen gegen Politiker verhängt werden, die eine Verantwortung für die katastrophale humanitäre Situation im Gazastreifen tragen, hieß es aus Brüssel. Auch das Luftverkehrsabkommen zwischen der EU und Israel wird als mögliches Druckmittel erwähnt.

Zuvor waren EU-Prüfer zu dem Ergebnis gekommen, daß Israel »mit seinem Vorgehen im Gazastreifen«, so die Formulierung, gegen den Grundsatz der Achtung der Menschenrechte verstößt. Dieser ist in einem seit 2000 geltenden Assoziierungsabkommen zwischen beiden Seiten als eine Voraussetzung für enge Zusammenarbeit festgelegt worden. Israel wird vor allem vorgeworfen, in den vergangenen Monaten kaum noch Lieferungen von Hilfsgütern in den Gazastreifen zugelassen zu haben.

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz hatte im vergangenen Monat ein Ja zur Suspendierung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel ausgeschlossen. »Ein Außerkraftsetzen oder gar eine Kündigung dieses Abkommens kommt mit der Bundesregierung nicht infrage«, sagte er. Er billigte beim jüngsten EU-Gipfel lediglich einen Arbeitsauftrag, mit dem die Außenminister der EU-Staaten aufgefordert werden, Beratungen über Konsequenzen aus dem Prüfbericht »soweit erforderlich« fortzusetzen.

Trump-Zölle gegen Kanada

Washington – USA-Präsident Donald Trump verhängt gegen den Nachbarstaat Kanada Zölle in Höhe von 35 Prozent. Er brachte in dem auf seiner Plattform Truth Social veröffentlichen Brief zu den Zöllen auf die Einfuhr von kanadischen Produkten auch die Fentanyl-Krise ins Spiel.

Trump kritisierte, daß Kanada es nicht geschafft habe, den Zustrom der synthetischen Droge in die USA zu stoppen. Im Zollstreit habe Kanada stattdessen – anstatt mit den USA zusammenzuarbeiten – mit eigenen Zöllen auf eine frühere Zoll-Ankündigung der USA zurückgeschlagen.

Fentanyl ist eine synthetische Droge, die schnell und stark abhängig macht. Sie hat in den USA zu einem großen Drogenproblem geführt. Verbrechersyndikate versorgen vorwiegend aus Mexiko heraus den Schwarzmarkt der Vereinigten Staaten mit Drogen. Trump wirft auch Kanada und China vor, für die Fentanyl-Krise mitverantwortlich zu sein.

Ende Juni hatte Trump bereits Handelsgespräche mit Kanada aufgekündigt. Als Grund hatte Trump eine von Kanada geplante Einführung einer Digitalsteuer auf Geschäfte US-amerikanischer Unternehmen genannt. Die USA sind für Kanada mit Abstand der wichtigste Handelspartner.


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