Deindustrialisierung: Goodbye, Euroland
Die Industrien EU-Europas, insbesondere die der Staaten mit der Einheitswährung, rutschen immer tiefer in die Krise, in Euroland wächst die Angst vor einer Deindustrialisierung. Am Mittwoch haben ihre amtlichen Statistiker gemeldet, in der EU sei die Industrieproduktion im Oktober erneut gegenüber dem Vormonat gesunken – diesmal um ein halbes Prozent. Im Jahresvergleich belief sich der durchschnittliche Rückgang im verarbeitenden Gewerbe der EU-Staaten sogar auf 5,5 Prozent.
Damit hat die EU noch etwas besser abgeschnitten als im Euroraum. In den Ländern mit der Einheitswährung sank die Industrieproduktion im Oktober 2023 um 0,7 Prozent im Vergleich zum September, der Rückgang gegenüber Oktober 2022 betrug Eurostat zufolge 6,6 Prozent.
In Luxemburg, so Eurostat, betrage der Rückgang der Industrieproduktion sagenhafte 2,2 Prozent im Monatsvergleich und 4,4 Prozent im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres.
Jene Länder, die einen Wirtschaftskrieg gegen Rußland führen, obwohl der einstige »strategische Partner« (Juncker, Krecké et al.) der EU und Luxemburgs bis zum Frühjahr 2022 wichtigster Lieferant fossiler Energieträger war, sehen sich einer fortschreitenden Deindustrialisierung gegenüber.
Zwar haben sich die Energie- und Rohstoffmärkte zuletzt wieder ein wenig beruhigt, doch haben nicht nur die antirussischen Sanktionen ihre Nebenwirkungen auf die Volkswirtschaften und vor allem die Industrien der westlichen Sanktionsstaaten: Zu nennen ist auch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.
Wer in Euroland auf eine Konjunkturbelebung durch eine Leitzinssenkung der EZB hofft, wird sich Experten zufolge noch bis weit ins neue Jahr gedulden müssen. In Sachen Inflationsminderung mußte kürzlich selbst Zentralbankpräsidentin Lagarde einräumen, es sei »zu früh für Siegesfeiern«. Die EZB-Chefin sorgt sich, daß die Finanzmärkte noch mehr auf Zinssenkungen spekulieren und dadurch die Inflation im nächsten Jahr erneut in hohe Höhen treiben könnten.
Und da gibt es ja noch die gefühlte Inflation, die gerade im Euroraum weiterhin extrem hoch ist. Laut der jüngsten von der EZB veröffentlichten monatlichen Konsumentenbefragung beträgt sie in den Ländern mit der Einheitswährung über zehn Prozent, während die amtliche Inflationsrate in Euroland zum Zeitpunkt der Befragung im Oktober »nur« knapp drei Prozent betragen haben soll.
Daß der Warenkorb, den die EZB ihrer Inflationsrate zugrunde legt, nicht die subjektive Wahrnehmung der Konsumenten widerspiegelt, hat mehrere statistische Gründe. Die gefühlte Inflation basiert auf der alltäglichen Lebenserfahrung, seit die Energie- und Lebensmittelpreise und damit die Inflation bereits ab Mitte 2021 (!) in die Höhe schossen. Für die sinkende amtliche Inflationsrate sind dagegen statistische Basiseffekte prägend: Hatte 2022 die Preisspirale besonders stark angezogen, fallen die Jahresraten 2023 niedriger aus, weil diese sich auf den entsprechenden Vorjahresmonat beziehen.
Für die Konsumenten summieren sich die so noch harmlos erscheinenden monatlichen Teuerungen über die Zeit: Rund 125 Euro müssen aktuell aufgewendet werden, um den damaligen Gegenwert von 100 Euro kaufen zu können…