Vorwürfe ohne Beweise
Neue Kampagne gegen Kuba soll von Blockadepolitik der USA ablenken
Medien und Politiker der USA wärmten Anfang dieser Woche ein altes Schauermärchen auf, um von der weltweit zunehmenden Kritik an Washingtons Kuba-Politik abzulenken. Nachdem vier Schiffe der russischen Marine ihren Freundschaftsbesuch auf der Insel beendet und Kurs auf den Hafen La Guaira in Venezuela genommen hatten, beschuldigte die Washingtoner Denkfabrik »Center for Strategic and International Studies« (CSIS) die Regierung in Havanna, China den Bau von vier Abhörstationen zu erlauben. Die Standorte zur »Signalaufklärung« seien Teil von »Chinas verstärkten Aktivitäten, um die USA auszuspionieren«, griff das staatliche US-amerikanische Propagandaportal »Martí Noticias« den Bericht am Dienstag umgehend auf.
Das vom früheren stellvertretenden USA-Kriegsminister John Hamre geleitete »Zentrum für Strategische und Internationale Studien« leistet nach Recherchen der »New York Times« Lobby-Arbeit für die Rüstungsindustrie. Die am Montag veröffentlichte CSIS-Studie wiederholt nun eine Behauptung des »Wall Street Journal« vom Juni 2023, die sowohl Kuba als auch China unverzüglich dementiert hatten.
Auch die neuen Berichte liefern keine Beweise. Dennoch erklärte der ehemalige Bürgermeister des Miami-Dade County und derzeitige Kongreßabgeordnete Carlos Giménez laut »Martí Noticias«, daß ihn »die Präsenz chinesischer Einrichtungen auf der Insel« nicht überrasche. »China untergräbt aktiv die Vereinigten Staaten in der gesamten westlichen Hemisphäre, und ich fordere die Regierung auf, eine robuste, umfassende Strategie zu entwickeln, um dem bösartigen Einfluß der chinesischen Kommunisten zu begegnen«, hatte er bereits vor einem Jahr verlangt.
Der republikanische Kongreßabgeordnete Matt Gaetz aus Florida hatte Präsident Joseph Biden ebenfalls vor einem Jahr aufgefordert, »mutmaßliche chinesische Militäreinrichtungen in Kuba von USA-Truppen zerstören zu lassen«. Er unterstütze »den Einsatz militärischer Gewalt, um chinesische Anlagen in Kuba zu entfernen bevor China Kuba in einen stationären Flugzeugträger direkt vor der Küste Floridas verwandelt«, erklärte Gaetz damals.
Die Dementis folgten prompt. »Ohne eine überprüfbare Quelle zu nennen oder Beweise vorzulegen«, werde versucht, »die Öffentlichkeit mit Legenden über chinesische Militärbasen zu erschrecken, die nicht existieren und die niemand gesehen hat, nicht einmal die USA-Botschaft«, kommentierte Kubas stellvertretender Außenminister Carlos Fernández de Cossío den neuen CSIS-Bericht.
»Andere mit Dreck zu bewerfen, läßt ihre eigenen Verbrechen nicht verschwinden«, erklärte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning. Die USA sollten stattdessen ihr Verhalten überdenken, sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten Kubas einmischen, die Insel endlich von der Liste der staatlichen Sponsoren des Terrorismus streichen und die Blockade sowie alle Sanktionen aufheben, die dem kubanischen Volk seit 60 Jahren großes Leid zufügen«, forderte die Diplomatin.
Der kubanische Journalist Raúl Capote vermutet hinter der neuen Medienkampagne allerdings »die Absicht von Teilen der extremen Rechten in den USA, eine stärkere Einmischung zu rechtfertigen und die Blockade noch weiter zu verschärfen«. Selbst der Gedanke an eine »humanitäre Intervention« auf der Insel sei nicht auszuschließen, warnt Capote im Onlineportal »Cuba en Resumen«. Der Autor kennt die Methoden der Dienste der USA aus eigener Erfahrung. Von 2004 bis 2011 war er als Agent »Pablo« für die CIA tätig, arbeitete jedoch tatsächlich unter dem Codenamen »Daniel« für die kubanischen Sicherheitsorgane.
Doch selbst wenn Berichte wie die neue CSIS-Enthüllung als Falschmeldungen entlarvt werden, eignen sie sich, um von der weltweiten Verurteilung der von den USA gegen Kuba verhängten Wirtschafts-, Handels und Finanzblockade abzulenken. So berichteten westliche Medien in dieser Woche zwar ausgiebig über Chinas angebliche Abhörstationen, unterschlugen aber, das die UNO und die einflußreiche US-amerikanische Juristenvereinigung »American Association for Justice« (AAJ) zur selben Zeit die sofortige Einstellung der Sanktionen der USA gegen Kuba gefordert hatten.
»Auch wir sind von der Blockade und den externen Sanktionen betroffen, die den Wohlstand keiner Nation fördern«, erklärte der Koordinator der UNO-Programme in Kuba, Francisco Pichón, am Dienstag anläßlich einer Bewertung der Ergebnisse verschiedener Projekte im Jahr 2023. Die Feindseligkeit gegenüber der Insel verteuere die Beschaffung von Produktionsmitteln, erschwere die Auftragsvergabe an Lieferanten, verbiete die Inanspruchnahme von Dienstleistungen durch Banken der USA und beschränke den Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien, sagte der UNO-Vertreter.
Anfang der Woche hat auch die »American Association for Justice« (AAJ) gefordert, die Blockade zu beenden und Kuba von der Liste der angeblichen »Sponsoren des Terrorismus« zu streichen. In einem Kommuniqué forderte die AAJ die Biden-Regierung auf, »diese Belagerung und alle einseitigen Zwangsmaßnahmen, die gegen internationale Normen und Menschenrechte verstoßen«, umgehend einzustellen.