Frankreichs TGV wird 40
Neue Generation mit 20 Prozent weniger Antrieb und CO2
Präsident Georges Pompidou hat ihn beschlossen und entwickeln lassen, unter Giscard d‘Estaing wurde er gebaut und getestet, und François Mitterrand hat ihn im September 1981 eingeweiht – Frankreichs Hochgeschwindigkeitszug TGV wird dieser Tage 40. Dieses Jubiläum hat Präsident Emmanuel Macron zusammen mit der Führung der Staatsbahn SNCF am Wochenende auf dem Pariser Bahnhof Gare de Lyon begangen.
Dabei wurde der neue TGV der Generation M vorgestellt, dessen erste Züge zur Olympiade Paris 2024 eingesetzt werden und nach und nach die reichlich 400 älteren Züge ersetzen sollen, die heute im Dienst sind. Durch die mit neuester Software berechnete aerodynamische Triebwagenfront und durch »Abspecken« beim Gewicht benötigt der TGV M 20 Prozent weniger Antriebsenergie als seine Vorgänger und gibt 32 Prozent weniger CO2 ab. Aufgrund einer gründlichen Überarbeitung der Platzaufteilung in den Waggons können 20 Prozent mehr Plätze angeboten werden, was die Wirtschaftlichkeit des Zuges deutlich verbessert.
Mit den 2.800 Kilometern seines Hochgeschwindigkeits-Streckennetzes liegt Frankreich heute weltweit nach China (38.000 km), Japan (7.000 km) und Spanien (3.300 km) auf dem vierten Platz. Dagegen war es 1981 das einzige Land der westlichen Welt mit dieser innovativen Verkehrstechnik, die es zuvor nur in Japan gab. Die von Alstom in Besançon gebauten Züge wurden 1978-1980 auf der Strecke zwischen Straßburg und Mulhouse getestet, weil die nahezu eben und schnurgerade ist. Der Autor gehörte seinerzeit zu den ersten Journalisten an Bord. Ab 1980 wurden die ersten Züge versuchsweise zunächst auf traditionellen Strecken eingesetzt. Am 22. September 1981 fuhr der erste TGV auf der Strecke Paris – Lyon.
Das ist auch heute noch für viele der insgesamt 416 TGV-Züge der Fall, die bei der SNCF im Einsatz sind. Sie bedienen landesweit 230 Bahnhöfe, von denen aber nur 183 ins Netz der Hochgeschwindigkeitsstrecken einbezogen sind. Dafür sorgte der politische Einfluß der Bürgermeister von Provinzstädten, die aus Prestigegründen alle »ihren« TGV wollten. Dadurch werden aber 40 Prozent der Fahrstrecken nicht mit der technisch möglichen Reisegeschwindigkeit von 320 km/h befahren, was negative Folgen für die Wirtschaftlichkeit hat.
Seit 1981 die erste Hochgeschwindigkeitslinie Paris-Lyon eingeweiht wurde, brauchte man für diese vielbefahrene Strecke kaum mehr als zwei Stunden, während es früher vier waren. Als zweite Hochgeschwindigkeitsstrecke wurde 1989 der auf der Karte Y-förmige erste Abschnitt der Strecke Paris Atlantique in Betrieb genommen, die in Richtung Westen bis Le Mans und in Richtung Südwesten bis Tours reicht. 1993 folgte eine Strecke nach Norden von Paris bis Lille mit Anschluß nach Belgien und einem Zweig, der ab 1994 bis Calais führt und auch vom Eurostar in Richtung London befahren wird. Die TGV-Strecke in Richtung Südwesten wurde zunächst 1994 über Lyon hinaus bis Valence verlängert und 2001 bis Marseille. Seitdem erreicht man die Mittelmeerhafenstadt von Paris aus in drei Stunden und 20 Minuten.
Eine Hochgeschwindigkeitsstrecke in Richtung Osten führte ab 2007 von Paris zum neuen TGV-Bahnhof Lorraine. Der liegt mitten in der Landschaft zwischen Nancy und Metz, weil keine der beiden Städte der anderen die Einbeziehung in die Hochgeschwindigkeitsstrecke gönnte und beide entsprechend in Paris intrigierten. 2016 wurde diese Strecke bis Strasbourg verlängert.
Die vorläufig letzte Ergänzung des Netzes brachte 2017 eine Verbindung zwischen Tours und Bordeaux sowie zwischen Le Mans und Rennes. Seitdem ist Bordeaux nur noch zwei Stunden und fünf Minuten von Paris entfernt.
Im Laufe der Jahre wurden in Zusammenarbeit mit den Staatsbahnen aller Nachbarländer gemeinsam betriebene TGV-Linien eingerichtet. Im nächsten Jahr wird das Inlandnetz für die private Konkurrenz geöffnet. Erste Interessenten sind die spanische Staatsbahn Renfe und die italienische Trenitalia, wobei es beide vor allem auf die sehr wirtschaftliche Strecke Paris-Lyon abgesehen haben.
Wegen der astronomischen Kosten für den Bau neuer Strecken hatte Präsident Emmanuel Macron den Ausbau des Netzes 2017 auf Eis gelegt. Allerdings mehren sich in letzter Zeit die Zeichen, daß die besonders dringend erwarteten TGV-Strecken Bordeaux-Toulouse und Marseille-Nizza in den nächsten Jahren doch noch gebaut werden.