Ausland31. Mai 2019

»Tornados« gegen Völkerrecht

Berlin-Besuch des USA-Außenministers Pompeo: Bundeswehr soll in nordsyrischer »Pufferzone« eingesetzt werden

Die deutsche Bundesregierung zieht einen Einsatz der Bundeswehr in Nordsyrien in Betracht. Das berichtete am Donnerstag »Spiegel online« anläßlich des Besuchs von USA-Außenminister Michael Pompeo am Freitag in Berlin. Im Gespräch sei eine deutsche Beteiligung am Aufbau einer sogenannten Pufferzone auf syrischem Territorium, die einen breiten Landstreifen der kurdisch besiedelten Region unmittelbar südlich der Grenze zur Türkei umfassen soll. Dem Bericht zufolge soll die deutsche Luftwaffe mit »Tornado«-Jets an der Kontrolle des Gebiets mitwirken. Eingesetzt würden dabei laut aktuellem Planungsstand die Überwachungs- und Tankflugzeuge, die zur Zeit in Jordanien stationiert sind.

Pläne für die Errichtung einer solchen »Pufferzone«, die bereits des öfteren diskutiert worden waren, sind zu Jahresbeginn in Washington erneut auf die Tagesordnung gesetzt worden. Offizielles Ziel ist es, sowohl den angedrohten Einmarsch der Türkei in das kurdisch besiedelte Gebiet Syriens östlich des Euphrat wie auch die reguläre Wiedereingliederung der Region in die syrische Staatsverwaltung zu verhindern. Faktisch würde mit der Maßnahme ein Teil Syriens dauerhafter westlicher Kontrolle unterworfen. Laut »Spiegel online« hat USA-Kriegsminister Patrick Shanahan bereits im Februar am Rande der Münchner »Sicherheitskonferenz« hochrangige Vertreter einiger westlicher Staaten, darunter Deutschland, »robust« aufgefordert, den Aufbau der »Pufferzone« in Syrien zu übernehmen und dabei auch Bodentruppen zu stellen. Im April haben, so heißt es weiter, Außenminister Heiko Maas (SPD) und Kriegsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Washington darüber verhandelt. Nun steht der Bundeswehreinsatz bei Pompeos Gesprächen mit Maas und Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut auf der Tagesordnung.

Verbunden wäre eine deutsche Beteiligung an der Errichtung der »Pufferzone« nicht nur mit einer Verlängerung der Stationierung deutscher Soldaten in Jordanien. Auf dem dortigen Luftwaffenstützpunkt Al-Asrak befinden sich zur Zeit rund 280. Sie beteiligen sich mit Aufklärungstornados und einem Tankflugzeug an den Luftangriffen gegen den »IS«. Da der »Anti-IS-Kampf« dem Ende entgegengeht, war ursprünglich die Beendigung des Einsatzes zum 31. Oktober beschlossen worden. Eine erneute Verlängerung wäre natürlich möglich.

Hinzu kommt freilich, daß es für eine vom Westen kontrollierte »Pufferzone« auf syrischem Staatsgebiet keinerlei völkerrechtliche Legitimation gibt. Ein Einsatz der deutschen Luftwaffe über Nordsyrien wäre eine Beteiligung an der illegalen Besetzung fremden Territoriums. Das ist für Berlin allerdings seit der Besetzung des Kosovo vor 20 Jahren kein Hinderungsgrund.

Bei den Gesprächen des USA-Außenministers mit Maas und Merkel stand darüber hinaus der Iran auf dem Programm. Washington treibt die Eskalation weiter voran und hat jetzt die Entsendung von 1.500 zusätzlichen Soldaten in die Region angekündigt. Der Schritt heizt die Spannungen weiter an. Pompeo will nach seinem Aufenthalt in Berlin auch die Schweiz besuchen, die Washington halboffiziell als Gesprächskanal nach Teheran dient. Die deutsche Bundesregierung hingegen dringt weiterhin darauf, am Atomabkommen mit Iran festzuhalten. Ihre Zusage, im Gegenzug die Wirtschaftsbeziehungen sicherzustellen, hält sie freilich nicht ein: Im ersten Quartal 2019 ist der deutsch-iranische Handel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 50 Prozent eingebrochen; die Zahl der in Iran tätigen deutschen Unternehmen hat sich gleichzeitig halbiert.

Jörg Kronauer

Bundeswehrsoldaten im Januar 2018 vor einem Tornado-Jet auf dem Luftwaffenstützpunkt Al-Asrak in Jordanien (Foto: Michael Kappeler/dpa pool/dpa)