Ausland11. Dezember 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Nobelpreisträger warnt vor Bruch des Atomwaffen-Tabus

Für eine Welt frei von Atomwaffen

Die japanische Anti-Atomwaffen-Organisation Nihon Hidankyo ist mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Die drei Vorsitzenden der Organisation, Terumi Tanaka, Shigemitsu Tanaka und Toshiyuki Mimaki, nahmen die Nobelmedaille und das dazugehörige Diplom auf einer Zeremonie im Rathaus von Oslo aus den Händen des Vorsitzenden des norwegischen Nobelkomitees, Jørgen Watne Frydnes, entgegen. Nihon Hidankyo ist eine Graswurzelbewegung von Überlebenden der Atomwaffenabwürfe auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki zum Ende des Zweiten Weltkrieges, die als »Hibakusha« bezeichnet werden. Das norwegische Nobelkomitee hatte im Oktober bekanntgegeben, die 1956 gegründete Organisation für ihre Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt sowie dafür zu ehren, durch Zeitzeugenaussagen zu demonstrieren, daß Atomwaffen nie wieder eingesetzt werden sollten.

Terumi Tanaka (Foto) warnte bei seiner Rede im Namen seiner Organisation, daß ein Bruch des »nuklearen Tabus« drohe. Man müsse sich vergegenwärtigen, daß es heute 4.000 sofort einsatzbereite nukleare Sprengköpfe in der Welt gebe. Sie könnten sofort Schäden anrichten, die diejenigen von Hiroshima oder Nagasaki um das Hundert- oder Tausendfache übertreffen könnten. »Laßt die Menschheit sich nicht selbst mit Atomwaffen zerstören!«, sagte Tanaka. »Laßt uns gemeinsam an einer menschlichen Gesellschaft in einer Welt frei von Atomwaffen und frei von Kriegen arbeiten!«

»Ich bitte deshalb jeden auf der Welt, gemeinsam darüber zu diskutieren, was wir tun müssen, um Atomwaffen abzuschaffen und von den Regierungen Maßnahmen zu verlangen, um dieses Ziel zu erreichen«, sagte Tanaka. Er hatte den Abwurf auf Nagasaki als 13-Jähriger überlebt. Er hoffe, daß sich die Überzeugung unter den Bürgern in den Atomwaffenstaaten und bei ihren Verbündeten verfestige, daß Atomwaffen und die Menschheit nicht nebeneinander existieren könnten und dürften.

Die USA hatten die vernichtenden Waffen im August 1945 über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Schätzungsweise 120.000 Einwohner wurden bei den beiden Abwürfen getötet, eine ähnlich hohe Zahl starb außerdem in den Folgemonaten und -jahren an Verbrennungen und Strahlungsverletzungen. Bis heute sind es die einzigen Atomwaffeneinsätze in einem Krieg gewesen.

Frydnes machte darauf aufmerksam, daß bereits frühere Friedensnobelpreise an Vorkämpfer für nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle vergeben wurden. Bei jedem dieser Preise habe das Nobelkomitee vor der Bedrohung durch Atomwaffen gewarnt.

»In diesem Jahr ist diese Warnung dringender als jemals zuvor«, sagte er. Die Rolle vom Atomwaffen im internationalen Weltgeschehen verändere sich, die Atommächte modernisierten ihre Arsenale, neue Länder strebten nach solchen Waffen, wiederholt und offen werde in laufenden Kriegen mit ihrem Einsatz gedroht.

»Es ist vielleicht notwendig, uns einfach daran zu erinnern, was Atomwaffen sind: die zerstörerischste Waffe, die die Welt je gesehen hat«, sagte Frydnes. Ein Atomkrieg könne die menschliche Zivilisation zerstören. Die Hibakusha seien eine lebende Erinnerung daran, was auf dem Spiel stehe. »Ihr seid das Licht, das die Welt braucht«, sagte Frydnes.

Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI sind die neun Atommächte der Erde seit längerem dabei, ihre Atomwaffenarsenale zu modernisieren und aufzurüsten. Die Gesamtzahl der Waffen sinkt zwar – allerdings nur, weil die USA und Rußland alte Sprengköpfe aus der Zeit des Kalten Kriegs nach und nach entsorgen.

Dafür beschleunigt sich laut SIPRI aber der Trend, daß Atomsprengköpfe einsatzbereit gehalten werden: Von den schätzungsweise rund 12.100 atomaren Sprengköpfen in der Welt befanden sich Anfang des Jahres mehr als 9.500 in militärischen Lagerbeständen für den potenziellen Einsatz. Rund 3.900 dieser Sprengköpfe waren auf Raketen und Flugzeugen befestigt – etwa 60 mehr als ein Jahr zuvor.

Netanjahu vor Gericht

Israels Ministerpräsident Netanjahu hat sich erstmals seit Beginn seines Korruptionsprozesses vor mehr als vier Jahren selbst vor Gericht den Vorwürfen gestellt. Vor dem Tel Aviver Bezirksgericht begann Netanjahu mittags mit seiner Aussage und begrüßte die Gelegenheit, die »absurden Vorwürfe« gegen ihn zu widerlegen. Am Montagabend hatte Netanjahu den Prozeß gegen ihn bei einer Pressekonferenz als systematische Verfolgung seiner Person kritisiert. Den Medien warf er vor, Lügen zu verbreiten. Vor dem Gericht versammelten sich zahlreiche Demonstranten, die gegen Netanjahu und dessen Politik protestierten.

Israel greift in Syrien an

Israel fliegt seine bisher schwersten Angriffe in Syrien. Innerhalb weniger als zwölf Stunden habe Israel mehr als 140 Ziele im Land angegriffen. Die Luftangriffe hätten Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftflotten getroffen, hieß es. Auch die syrische Luftabwehr sei mit den Angriffen in Damaskus, Homs, Hama, Latakia und Daraa außer Betrieb gesetzt worden. Ein Militärreporter des israelischen Armeesenders sprach von einem beispiellosen Einsatz und mehr als 250 Luftangriffen über zwei Tage. Dabei seien Panzer, Flugzeuge, Hubschrauber, Schiffe, Flugabwehrsysteme, Raketen, Militärfabriken, Geheimdiensteinrichtungen zerstört worden. Israel ist laut Netanjahu dabei, »das Gesicht des Nahen Ostens zu verändern«. Israel besiege seine Feinde »Schritt für Schritt«. Am Abend wurde gemeldet, laut Kriegsminister Katz habe Israel die syrische Kriegsmarine zerstört. Unser Foto zeigt einen Teil des Hafens von Latakia nach einem nächtlichen Israelischen Luftangriff.

Macron sucht Ausweg aus politischer Krise

Paris – Nach dem Regierungssturz in Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron Beratungen mit allen Parteien »außer der extremen Linken und Rechten« zur Bildung einer möglichst breit aufgestellten Regierung aufgenommen. Erwartet wird, daß Macron möglicherweise noch an diesem Mittwoch einen neuen Premierminister ernennt.

Dieser soll dann eine neue Regierung aufstellen, an der möglichst viele Parteien mitwirken. Diese werden wahrscheinlich zwar keine Koalition bilden, sollen sich aber verpflichten, die neue Regierung nicht gleich wieder mit einem Mißtrauensvotum zu stürzen.

Mit einem Mißtrauensantrag hatte die Opposition die erst drei Monate amtierende Regierung von Premier Michel Barnier am vergangenen Mittwoch im Streit um einen »Sparhaushalt« zu Fall gebracht. Frankreich verfügt nun weiterhin nicht über einen Haushalt für 2025. Am heutigen Mittwoch will das noch geschäftsführend amtierende Kabinett von Barnier die Weichen für eine Übergangsregelung stellen, die das Funktionieren des Staates bis zur Verabschiedung eines Haushalts Anfang kommenden Jahres absichert.

Die seit den vorgezogenen Parlamentswahlen im Sommer andauernde politische Hängepartie in Frankreich ist für das Land bedrohlich, da es sich zugleich in einer kritischen finanziellen Lage befindet. Die EU-Kommission betreibt wegen zu hoher Neuverschuldung bereits ein Defizitverfahren gegen Frankreich.

Rechnungshofpräsident Pierre Moscovici mahnte im Sender France Inter, daß die politische eine wirtschaftliche Krise nach sich ziehe. Es müsse jetzt sichergestellt werden, das Frankreich »stabil und verläßlich« regiert werde, da sich die Lage ansonsten verschlimmere.

Islamisten installieren »Übergangsregierung«

Damaskus – Mohammed al-Baschir, der bisherige »Regierungschef« in der von Islamisten regierten Region Idlib soll die Führung einer »Übergangsregierung« in Syrien übernehmen. Geplant sei, daß diese bis März 2025 im Amt bleibe, kündigte Mohammed al-Baschir an. Arabische Medien hatten am Montag gemeldet, daß Al-Baschir nach einem Spitzentreffen in der Hauptstadt Damaskus mit der Bildung einer neuen syrischen Regierung beauftragt wurde.

In Damaskus fand nun erneut ein Treffen statt, an dem der Anführer der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), Ahmed al-Scharaa, der zuvor unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dschulani auftrat, sowie Minister der bisherigen Regierung teilnahmen.

Beide Seiten streben eine reibungslose Übertragung der Verwaltungsgeschäfte an, hieß es in bisher nicht bestätigten Berichten.

Al-Baschir stammt aus dem nordwestlichen Gouvernement Idlib, der Region, von der aus die Islamistengruppe HTS ihre Offensive gestartet hat. Berichten zufolge studierte der Politiker Elektronikingenieurwesen und islamisches Recht. Er ist Anfang 40.

Tusk rechnet mit Verhandlungen über Ukraine-Krieg

Warschau – Der polnische Regierungschef Donald Tusk schließt den Beginn von Ukraine-Verhandlungen »noch in diesem Winter« nicht aus. »Unsere EU-Ratspräsidentschaft wird unter anderem mitverantwortlich dafür sein, wie die Situation in den Verhandlungen aussieht, die im Winter dieses Jahres beginnen könnten«, sagte er. Er wolle darüber mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski sprechen. Die polnische EU-Ratspräsidentschaft dauert von Januar bis Juni 2025. Sie steht unter dem Motto »Sicherheit, Europa!«.

In diesem Zusammenhang kündigte Tusk eine Reihe von Treffen mit ausländischen Politikern an. Der französische Präsident Emmanuel Macron werde am Donnerstag in Warschau erwartet. Zu Beginn der polnischen EU-Ratspräsidentschaft werde er den britischen Premierminister Keir Starmer in Warschau empfangen und zu einem Besuch nach Oslo reisen.

Gleichberechtigte EU »in weiter Ferne«

Vilnius – Das Bemühen um die Gleichstellung von Männern und Frauen geht in der Europäischen Union nur langsam voran. Demnach hat sich der Wert der EU-Länder beim Gleichstellungsindex des europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) um 0,8 auf 71 Punkte im Vergleich zum Vorjahr erhöht, wie das EIGE in Vilnius mitteilte.

Der Index ergibt sich den Angaben nach aus Daten aller 27 EU-Mitgliedstaaten aus den Bereichen Arbeit, Geld, Wissen, Zeit, »Macht« und Gesundheit. Er wird durch die Kombination von insgesamt 31 Kennzahlen aus den sechs Bereichen berechnet.

Das EIGE-Institut warnt davor, sich »angesichts der politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten« mit dem Ergebnis zufriedenzustellen. Jeder »mühsam errungene Erfolg« sei fragil. Eine gleichberechtigte EU bleibe nach wie vor »in weiter Ferne und ungewiß, solange die Mitgliedstaaten geschlechtsspezifischen Fragen im Rahmen der sich wandelnden politischen und wirtschaftlichen Agenden keine Priorität einräumen«.

Nach wie vor übernehmen Frauen den Großteil der unbezahlten Betreuungsaufgaben. Im Bereich Arbeit gibt es keinerlei Fortschritte, besonders bei Paaren mit Kindern sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede am größten.

Georgischer Geheimdienst warnt vor Umsturzversuchen

Tbilissi – Wenige Tage vor der Präsidentenwahl in der Südkaukasusrepublik Georgien warnt der Geheimdienst vor gewalttätigen Umsturzplänen durch Kriminelle. Die Behörde spricht von »Organisatoren destruktiver und krimineller Aktivitäten«, die die Verhinderung der Präsidentenwahl planten. Sie sollen erwägen, die Situation eskalieren zu lassen, und auch Opfer in Kauf nehmen. Ausländische Geheimdienste würden die Koordination übernehmen. Die Regierungspartei Georgischer Traum hat die Präsidentenwahl inmitten der aktuellen Tumulte für den kommenden Samstag angesetzt.

Seit Wochen demonstrieren zahlreiche Menschen in Georgien. Auslöser waren »Fälschungs«-Vorwürfe vor und nach der Parlamentswahl Ende Oktober, wofür allerdings keinerlei Belege existieren. Nach dem von Ministerpräsident Irakli Kobachidse erklärten Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen bis Ende 2028 wurden die Proteste erneut angefacht, befeuert von westlichen Politikern und Medien. Es kam zu Straßenschlachten zwischen Demonstranten und der Polizei.

Gewählt wird bei der Präsidentenwahl das Staatsoberhaupt erstmals nicht direkt vom Volk, sondern indirekt durch Abgeordnete des Parlaments und regionale Vertreter. Dabei hat der Georgische Traum eine Mehrheit. Die prowestliche Präsidentin Salome Surabischwili hatte erklärt, wegen der »umstrittenen« Parlamentswahl die Amtsgeschäfte nicht abgeben zu wollen.

Autoverband kritisiert EU

Brüssel – Der Präsident des Europäischen Automobilverbands AVEA, Luca de Meo, warnt vor den Folgen möglicher EU-Klimastrafen für Autobauer. Diese Milliardenstrafen seien ein weiteres Beispiel dafür, wie Europa »sich selbst ins Knie schießt«, sagte er in Brüssel. Das Geld – de Meo sprach von mehreren Milliarden – könne nicht in Innovation investiert werden.

Nach derzeitiger EU-Gesetzeslage drohen Geldbußen für Autohersteller, wenn sie die sogenannten Flottengrenzwerte für den CO2-Ausstoß überschreiten. Die Grenzwerte sollen 2025 strenger werden. Für zu viel ausgestoßenes CO2 müssen Hersteller Strafe zahlen.


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