Auslands-Nachrichten
Frankreichs Premier erneut zurückgetreten
Linke uneins über Kandidaten für das Amt des Premiers
In der wöchentlichen Ministerratssitzung hat Premierminister Gabriel Attal am Dienstag seinen Rücktritt und den seiner Regierung angeboten, und anders als am Tag nach der Parlamentswahl hat ihn Präsident Macron diesmal angenommen. Er bat aber den Premier und die Regierung, die Amtsgeschäfte vorläufig weiterzuführen, vor allem um den zuverlässigen und sicheren Ablauf der Olympischen Spiele zu gewährleisten.
Bis wann eine neue Regierung gebildet werden muß, ist in der Verfassung nicht präzisiert. Das hat jetzt zu einer innenpolitischen Krise geführt, weil nicht sicher ist, daß sich Präsident Macron an die bewährte Praxis der Fünften Republik hält, wonach die bei der Wahl erfolgreichste Fraktion den neuen Premier vorschlägt und der Präsident diesen ernennt und mit der Regierungsbildung beauftragt.
Da der Nouveau Front populaire mit 180 Parlamentssitzen kaum stärker ist als das Regierungslager mit seinen 163 Sitzen, könnte Macron der Versuchung nachgeben, eine ihm nahe Minderheitsregierung bilden zu lassen. In diesem Sinne hat Macron wiederholt erklärt, bei der Wahl habe »niemand gewonnen«.
So wird im Regierungslager gegenwärtig die Idee eines »technischen Bündnisses« oder eines »Gesetzgebungs-Pakts« mit den rechten Les Républicains diskutiert und der designierte LR-Fraktionsvorsitzende Laurent Wauquiez fordert, Macron solle einen LR-Politiker zum Premier ernennen.
Im Nouveau Front populaire gab es mehrere Vorschlags-Runden für eine Nominierung. Nach ersten Verhandlungen wurde eine Liste mit vier Namen vorgelegt, darunter der Parteivorsitzende der Sozialisten (PS), Olivier Faure, und der Gründer von La France insoumise (LFI), Jean-Luc Mélenchon. Faure fiel bei der Abstimmung ebenso durch wie Mélenchon, den alle außer LFI ablehnten. Für diesen Posten brauche man jemanden, der über ideologische und Parteiengrenzen hinweg »zusammenführt und eint«, sagte einer der Kritiker, während Mélenchon jemand sei, der »nur zu gern provoziert« und »an dem sich Differenzen entzünden«.
In der vergangenen Woche hat der PCF-Nationalsekretär Fabien Roussel die Regionalratspräsidentin des Überseedepartements La Réunion, Huguette Bello, vorgeschlagen. Diese Kandidatur wurde durch LFI und die Grünen unterstützt, während die Sozialisten sie ohne Begründung ablehnten.
Seit Montag macht der Name von Laurence Tubiana die Runde, die von den Sozialisten vorgeschlagen und durch die Kommunisten und die Grünen unterstützt wird. Die parteilose Wirtschaftswissenschaftlerin und Klimaspezialistin war Sonderbotschafterin beim Pariser Umweltgipfel 2015 und hat dabei großes diplomatisches Geschick und Durchsetzungsvermögen bewiesen und sich ein Ansehen in den verschiedensten politischen Lagern erworben. Doch gerade ihre Kompromißfähigkeit wird ihr von La France insouise vorgeworfen. Weil Präsident Macron ihr seit seinem Amtsantritt 2017 wiederholt ein Ministerium angeboten hat – was sie stets zurückwies – werfen LFI-Spitzenpolitiker Laurence Tubiana vor, sie sei »Macron-verträglich«.
Eine Lösung des Problems der Kandidatur für den Regierungschef ist nicht in Sicht, da LFI alle Gespräche dazu auf Eis gelegt hat, bis die Frage geklärt ist, wen der Nouveau Front populaire am Donnerstag bei der Wahl des Präsidenten der Nationalversammlung als gemeinsamen Kandidaten vorschlagen wird. Auch hier ist man von einer Einigung noch weit entfernt.
Ralf Klingsieck, Paris
NATO-Übung in Alaska
Die deutsche Luftwaffe hat bei der von Deutschland geführten Luftkriegsübung »Arctic Defender« in Alaska mit dem Raketenwerfer Himars trainiert, einem Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystem auf Lastwagenfahrgestell des US-amerikanischen Rüstungskonzerns Lockheed Martin, das auch in der Ukraine im Einsatz ist. »Arctic Defender« ist ein NATO-Manöver, bei dem der »Bündnisfall« – also die Anwendung von Artikel 5 des NATO-Vertrags – angenommen wird. Der USA-Bundesstaat Alaska ist lediglich durch die Beringstraße, eine 85 Kilometer breite Meerenge, vom russischen Festland entfernt.
Von der Leyen ordnet Boykott Ungarns an
EU-Kommissionspräsidentin ließ ankündigen, daß an künftigen informellen Ministertreffen unter der Leitung der derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft in Ungarn keine Kommissare, sondern nur Beamte teilnehmen werden. Zudem wurde der traditionelle Antrittsbesuch bei der ungarischen Präsidentschaft in Budapest abgesagt. Damit reagiert sie auf eine mit der EU nicht abgestimmte Reise von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán wenige Tage nach dem Beginn der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft. Orbán hatte in Moskau Wladimir Putin getroffen und von einer »Friedensmission« zur Lösung des Ukraine-Konflikts gesprochen. Später reiste er dann nach Beijing zu einem Gespräch mit Chinas Staatschef Xi Jinping sowie in den USA zu einem Treffen mit dem Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. In der Meldung über die Order der amtierenden Kommissionschefin wird allerdings nicht erwähnt, daß das erste Reiseziel Orbáns Kiew war, wo er sich mit Präsident Selenski traf.
Viele Tote bei Angriffen Israels in Gaza
Gaza – Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind erneut viele Menschen getötet worden. In der Stadt Chan Junis im Süden des Küstengebiets wurden mindestens 13 Palästinenser getötet, als Zelte getroffen worden seien, hieß es aus medizinischen Kreisen vor Ort. Weitere 26 Menschen wurden verletzt. Bei einem Luftangriff auf eine der UNRWA betriebene Schule im Flüchtlingsviertel Nuseirat wurden zudem rund 15 Menschen getötet und etwa 40 weitere verletzt.
Israels Armee meldete, die Luftwaffe habe »Terroristen, die in einer Schule des UNRWA in der Gegend von Nuseirat operierten« getroffen. Die Männer hätten zahlreiche Angriffe auf Soldaten im Gazastreifen geleitet und geplant.
Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete von einem weiteren israelischen Luftangriff auf ein Haus in Chan Junis, nach dem Sanitäter vier Leichen geborgen hätten. Drei Menschen seien dabei zudem verletzt worden. Auch in Rafah kamen am Morgen vier Menschen ums Leben.
Die Armee teilte mit, sie habe am Montag rund 40 Ziele im Gazastreifen aus der Luft angegriffen, darunter »Scharfschützen- und Beobachtungsposten sowie militärische Anlagen der Hamas«.
Nach Angaben der Gesundheitsbehörde von Gaza wurden innerhalb der vergangenen 24 Stunden bei israelischen Angriffen mindestens 49 Palästinenser getötet. Insgesamt kamen seit Kriegsbeginn mindestens 38.713 Menschen ums Leben, weitere 89.166 Menschen seien verletzt worden.
EU-Parlament wählt Roberta Metsola zur Präsidentin
Straßburg – Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben Roberta Metsola wieder zu ihrer Präsidentin gewählt. Die 45-jährige konservative Politikerin aus Malta bekam im ersten Wahlgang in Straßburg eine ausreichende Mehrheit für weitere zweieinhalb Jahre in dem Amt. Sie gehört im Parlament dem Bündnis EVP an, das die Europawahl im Juni klar gewonnen hatte.
Metsola bekam 562 von 623 gültigen Stimmen im ersten Wahlgang. Ihre Gegenkandidatin, die 36 Jahre alte Spanierin Irene Montero, konnte lediglich 61 Abgeordnete von sich überzeugen. Sie war von der Linken-Fraktion nominiert worden. Sie hatte sich vor der Wahl unter anderem dafür ausgesprochen, angesichts des Vorgehens von Israel im Gaza-Krieg den israelischen Regierungschef Netanjahu mit Sanktionen der EU zu belegen.
Metsola sagte in ihrer Bewerbungsrede, »dank Europa könnten Millionen von Bürgerinnen und Bürgern von einer Zukunft träumen, in der es ein unbegrenztes Potenzial« gebe. Sie forderte, daß das Parlament in die Lage versetzt werden müsse, andere Institutionen besser zu kontrollieren und zur Verantwortung ziehen zu können.
Metsola war erstmals am 18. Januar 2022 als Nachfolgerin des im Amt gestorbenen Italieners David Sassoli zur Präsidentin des EU-Parlaments gewählt worden. Sie machte sich unter anderem als Unterstützerin der Ukraine einen Namen. Als eine der ersten EU-Spitzenpolitikerinnen überhaupt reiste sie in die Ukraine und sprach sich dort für mehr Waffenlieferungen aus.
Am Donnerstag soll entschieden werden, ob Ursula von der Leyen eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin antreten kann. Dafür braucht sie ebenfalls eine Mehrheit im Parlament.
Trump ernennt Vance zum Vize
Milwaukee – Donald Trump macht den Scharfmacher J.D. Vance zum Vizekandidaten für die Präsidentenwahl. Mit dem Duo ist trotz der Furcht vor einer Gewaltspirale nach dem Attentat auf Trump nicht mit gemäßigteren Tönen im Wahlkampf zu rechnen. Der einstige Trump-Kritiker Vance gilt mittlerweile als enger Verbündeter des früheren Präsidenten und ist mit seinen 39 Jahren ein aufstrebender Star in der Republikanischen Partei.
Kurz nach der Verkündung der Personalie bestätigte der Parteitag in Milwaukee die Nominierung offiziell. Die Delegierten wählten zu Beginn der Großveranstaltung im Bundesstaat Wisconsin auch Trump zum Kandidaten für die Präsidentenwahl.
Am späten Abend (Ortszeit) trat Trump erstmals nach dem Attentat wieder öffentlich auf. Der 78-Jährige trug eine Art weißen Verband am Ohr, reckte erneut die Faust in die Höhe und wurde in der Veranstaltungshalle von den Delegierten bejubelt.
Vance sitzt seit 2023 für den Bundesstaat Ohio im Senat und gilt als rechter Hardliner. Er feierte einst mit seinen Memoiren »Hillbilly-Elegie« Erfolge. Der Bestseller gibt Einblick in eine Gesellschaftsschicht, die 2016 den Wahlsieg Trumps mit ermöglicht hatte. Nach dem Attentat auf Trump begann er sofort zu hetzen und machte Präsident Joe Biden persönlich für die Attacke verantwortlich.
Stromsperren in weiten Teilen der Ukraine
Kiew – In der Ukraine sind inmitten einer Hitzewelle in mehr als sieben Regionen außerplanmäßige Stromsperren verhängt worden. »Heute Nacht ist es zu einem Geräteausfall in einem der Energieobjekte gekommen«, teilte der Netzbetreiber Ukrenerho als Begründung per Telegram mit. Damit habe sich der Energiemangel erhöht.
Landesweit greifen seit Mai planmäßige Stromsperren, so daß die Menschen ohnehin täglich nur wenige Stunden Strom erhalten. Dabei herrschen seit vergangener Woche in weiten Teilen des Landes konstant über 30 Grad Celsius, mit Spitzen im Süden von mehr als 40 Grad. Die Ukrainer können sich durch den fehlenden Strom weder durch Klimaanlagen noch durch Lüfter Linderung verschaffen.
Walisischer Regierungschef kündigt Rücktritt an
Cardiff – Der Regierungschef von Wales, Vaughan Gething, will zurücktreten. Er werde seinen Posten als Chef der Labour-Partei in dem britischen Landesteil – und damit auch als First Minister – niederlegen, sagte Gething. Einen genauen Zeitpunkt für seinen Rücktritt nannte der 50-Jährige nicht. Er wolle zunächst über den Zeitplan für die Wahl eines Nachfolgers beraten.
Gething, der erst seit März im Amt war, galt als angezählt, nachdem er Anfang Juni eine nichtbindende Vertrauensabstimmung im Regionalparlament in Cardiff verloren hatte. Doch der Parteifreund und Verbündete des britischen Labour-Chefs Keir Starmer entschied, trotz heftigen Gegenwinds zunächst im Amt zu bleiben. Starmer, der inzwischen britischer Premierminister ist, stärkte ihm den Rücken.
Die walisische Labour-Partei verfügt nur über 30 der 60 Mandate im Regionalparlament Senedd. Zum Regieren ist die Partei auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen. Gething machte aber auch Kritik aus der eigenen Fraktion zu schaffen. Hintergrund für die Vertrauensabstimmung waren unter anderem Vorwürfe wegen einer Spende über 200.000 Pfund, die Gething für seine Kandidatur zum Parteichef von einem Unternehmer erhalten hatte, der wegen Umweltverstößen verurteilt worden war.
Weitere EU-Milliarden für Deutschland
Brüssel – Deutschland bekommt weitere Milliarden von der EU für Investitionen in die Energieinfrastruktur. Die EU-Finanzminister billigten bei einem Treffen in Brüssel einen zuvor bei der EU-Kommission gestellten Antrag der Bundesrepublik für 2,3 Milliarden Euro. Die Mittel trügen dazu bei, Deutschlands Übergang zu sauberer Energie zu beschleunigen, indem der Anteil der erneuerbaren Energien am deutschen Energiemix erhöht werde, teilte der Ministerrat mit.
Insgesamt wird Deutschland nun 30,3 Milliarden Euro an nicht zurückzahlbaren Zuschüssen abrufen können. 17 Reformen und 28 Investitionsvorhaben in der Bundesrepublik sollen damit gefördert werden, fast die Hälfte der Mittel sind jeweils für Maßnahmen zur Unterstützung der Klimaziele sowie für digitale Maßnahmen vorgesehen.
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