Luxemburg15. September 2021

Ankündigungsminister ohne Plan

SEW-OGBL zur Schulrentrée: Statt die »teils dramatischen« Probleme anzugehen, beläßt es Ressortchef Meisch bei PR-Maßnahmen

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Kein gutes Haar ließ das SEW (Syndikat Erziehung und Wissenschaft im OGBL) am Dienstag auf seiner Pressekonferenz zur Schulrentrée 2021/2022 am neoliberalen Erziehungsminister. Claude Meisch betreibe »eine reine Ankündigungspolitik«, am wichtigsten sei ihm »seine Außendarstellung«, die nicht selten zur »Selbstbeweihräucherung« ausarte, und die von ihm ohne jegliche Einbeziehung der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Elternschaft entwickelten Vorhaben seien »nichts als völlig planlose PR«, erklärte Patrick Arendt.

So sei es fast unmöglich, Personal und Räumlichkeiten für die am Vortag vom Minister angekündigte flächendeckende Hausaufgabenhilfe zu finden, und das SEW sei mehr als skeptisch, ob die ebenfalls angekündigte Heraufsetzung der allgemeinen Schulpflicht auf 18 Jahre geeignet sei, die zuletzt wieder gestiegene Schulabbrecherquote nachhaltig auf ein erträgliches Niveau zu senken.

Das größte Problem der Grundschulen sei noch immer der Personalmangel, der auch damit zusammenhänge, daß der »administrative Aufwand« schlicht nicht mehr zu bewältigen sei, und daß die den einzelnen Grundschulen zuerkannten Stundenkontingente immer weiter zusammengestrichen würden. Insgesamt seien in den zehn Jahren ab 2009 mehr als 10.000 Schulstunden weggekürzt worden, klagte Patrick Arendt.

Viel habe auch die vom Erziehungsministerium ersonnene »Summerschool« nicht gebracht, da die Schülerinnen und Schüler dort »für ein paar Stunden« auf Lehrer getroffen seien, »die sie noch nie gesehen haben, und die ihre spezifischen Bedürfnisse nicht kennen«.

Mit Meischs Ankündigung, das Angebot an Internationalen und Europaschulen weiter ausbauen zu wollen, ging Vera Dockendorf ins Gericht. Das nicht verbeamtete, sondern nur angestellte Personal für diese »wie die Pilze aus dem Boden schießenden« Schulen stamme überwiegend aus englischsprachigen Ländern wie USA, Neuseeland oder Britannien, spreche oft noch nicht einmal eine der drei offiziellen Sprachen richtig und sei in aller Regel nicht über seine Rechte als Schaffende aufgeklärt.

Nicht selten würden sogar »komplett illegale Arbeitsbedingungen« stillschweigend hingenommen, berichtete Vera Dockendorf, beispielsweise wenn Stagiare Überstunden leisten müßten, die sie noch nicht einmal bezahlt bekämen, »weil sie ja dem Gesetz nach gar keine Überstunden machen dürfen«. Auch würden Sekundarschullehrer ungefragt in Grundschulen geschickt und gleich nach ihrer Ankunft in Luxemburg sage man ihnen auf »Welcome-Meetings«, es sei nicht nötig, sich gewerkschaftlich zu organisieren, Probleme würden »unter uns« gelöst. Dazu passe, daß vom SEW angebotene Seminare über Schaffendenrechte in Luxemburg vom IFEN (»Institut de formation de l'Education nationale«) trotz des großen Zuspruchs nicht als Weiterbildung anerkannt würden.

Kritische Fragen zur Digitalisierung, dem Steckenpferd des Erziehungsministers, warf Jules Barthel auf. Leider habe Meisch auch keine Konzepte, um adäquat auf Phänomene wie Cybermobbing, sexuelle Belästigung über das Internet oder das in der Coronakrise noch verstärkte Suchtverhalten von Jugendlichen zu reagieren. Da von offizieller Seite keine diesbezüglichen Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrer und Lehrerinnen angeboten würden, habe das SEW nun selbst eine Informationsbroschüre herausgegeben und werde im Oktober zusammen mit der APESS eine breitangelegte Informationskampagne zum Thema lancieren.