Alle sind gleich vor dem Gesetz, aber für einige gilt das Gesetz nicht
Das Gesetz schreibt vor, dass Betriebe freie Stellen beim Arbeitsamt melden müssen. Das tut aber nur eine Minderheit von Unternehmen, was sich natürlich negativ auf die Chancen der beim Arbeitsamt eingeschriebenen Arbeitslosen auswirkt, eine Arbeitstelle zu bekommen und damit auch wieder mit einem festen Einkommen rechnen zu können.
Als ob dieser Gesetzesverstoß nicht schlimm genug wäre, packte Arbeitslosenminister Schmit (LSAP) am gestrigen Freitag noch einen drauf, indem er die Journalisten, denen er den Bluff mit dem Programm »Entreprises, partenaires pour l’emploi« schmackhaft machen wollte, mit der Aussage erstaunte: »Wir können nicht alle Betriebe, die sich nicht an das Gesetz halten, bestrafen«.
Damit sagte er nichts anderes, als dass es zwar ein Gesetz gibt, das für alle gilt, aber das die Regierung absichtlich ignoriert, wenn Betriebe entscheiden, das Gesetz nicht zu respektieren.
Wer die raue Wirklichkeit in der Wirtschaft auch nur ein wenig kennt, der weiß, dass das Gesetz über die Meldepflicht von freien Arbeitstellen nicht das einzige Gesetz ist, das tagtäglich mit Füßen getreten wird, ohne dass das negative Folgen für die Unternehmer hat. Selbst bei sehr krassen Verstößen gegen kollektivvertragliche Abmachungen oder gegen die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz werden die Unternehmer nicht zur Rechenschaft gezogen, geschweige denn »bestraft«.
Es zeigt sich wieder einmal, dass – wie es in einer bekannten Satire heißt – »alle Tiere gleich sind, aber einige gleicher sind als andere«.
Diese Wahrheit wurde diese Woche mit einem weiteren krassen Beispiel belegt.
Seit dem 25. Juli 1990 gibt es ein Gesetz, in welchem festgehalten wird, dass Vertreter des Staats in Aufsichtsräten von Kapitalgesellschaften ihre Entschädigungen an die Staatskasse abgeben müssen, bevor die Regierung über die Höhe der Entschädigung zu entscheiden hat, die dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied zukommen soll. Allerdings wurde seit damals kein einziger Franken/Euro an die Staatskasse gezahlt.
Dabei muss man wissen, dass es hier nicht um kleine Summen, sondern um richtig viel Geld geht. Wer den Staat und dessen Aktien im Verwaltungsrat von ArcelorMittal, SES, Cargolux, Luxair, BNP Paribas, BIL oder einer anderen Gesellschaft vertritt, der bekommt – zusätzlich zu seinem eigentlichen Gehalt – eine »Entschädigung«, die in manchen Fällen zwischen 50.000 und 150.000 Euro im Jahr ausmacht.
Zu keinem Zeitpunkt bemühte sich diese oder eine der vorangegangen Regierungen, dieses Geld für den Staatsbeutel einzutreiben. Im Gegenteil: Ohne sich um das Gesetz von 1995 zu kümmern, das ausdrücklich festlegt, dass Entschädigungen an die Staatskasse abzuführen sind, entschied die Regierung, dass die Aufsichtsratsmitglieder die Entschädigungen einfach einbehalten können, so dass sie ihre Aufgabe als Stütze des Systems umso eifriger wahrnehmen dürften.
Diese krasse Missachtung des Gesetzes wird nur noch durch die Heuchelei der Regierung übertroffen, sie sei wegen knapper Kassen zur Kürzung des Kindergeldes und der Studienbeihilfen und zu weiteren sozialen Grausamkeiten gezwungen.
Ali Ruckert