Kultur11. Dezember 2024

Interview mit einem Heteronym

Von künstlerischem Schabernack und seinen möglichen Folgen

von KP

Was sind Falschmeldungen (Fake News), wie entstehen sie und welchen Zweck verfolgen die Verursacher? Zum einen sind es gezielt gemachte Fehlinformationen, die mit etwas vermeintlich Authentischem nach Aufmerksamkeit suchen, zu schockieren versuchen, aber sicherlich auch Einfluss geltend machen wollen. Der Zweck kann hier sowohl persönlicher wie wirtschaftlicher Natur sein, aber, und das dürfte das bekannteste Kriterium sein, um politischen Einfluss zu nehmen.

Dass man diesem Phänomen in den sozialen Netzwerken nicht mehr wird beikommen, ist einerseits auf die geballte Flut an Informationen, und andererseits den Algorithmen geschuldet. Der unvernünftige »Umgang« der User, die zumeist unüberlegt alles teilen, was sie »anspricht«, ist leider nur die Spitze des Eisbergs. Unüberlegt geht zuweilen auch die Medienwelt mit vielen Informationen um. Meldungen müssen »sofort« raus und das blinde Vertrauen in die Quelle ist ein weiterer Stolperstein.

Sie wollen nur spielen

Während man in den meisten Redaktionen des Landes bei politischen respektive kriegerischen Themen wohl eher dazu geneigt bleibt, »Brenzliges« einem Faktencheck zu unterziehen, gibt es andere Sparten, wo die Prüfung der Information nicht wirklich Priorität hat. Zeit ist ja auch Geld…

Ganz aktuell ist es der Fall des »Fabio Martone«, der einige Fragen aufwirft. Bereits vor fünf Jahren hatte das schriftliche »Fragegespräch« mit Tomas Bjornstad von der RTL-Journalistin Bea Kneip, das für Grimassen sorgte. Tomas Bjornstadt war in Wirklichkeit der Autor Nico Helminger. 2019 vermochte man noch über einen solchen Schabernack zu lachen. Doch es wird hier auch aufgezeigt, wie leicht es scheint, Medienschaffende aufs Glatteis zu führen.

Im Fall »Martone« haben sich die Kulturschaffenden mit viel Akribie und dem Erschaffen einer vollständigen Biographie die gesuchte Aufmerksamkeit zuteil kommen lassen. Unter dem – das ist nun Fakt – Pseudonym wurde nun das Luxemburger Wort, wohl bewusst, aufs journalistische Glatteis geführt.

Es geht hier um das Erstlingswerk »Ondugen« (Editions Hydre) und dem gleichnamigen Theaterstück von Fabio Martone, das – so zumindest die Vorgabe – vom Merscher Theaterdirektor und Regisseur Claude Mangen in Szene gesetzt wurde. Es soll auch dieser gewesen sein, der die E-Mail des vermeintlichen Autors an die Redaktion weitergeleitet hat. Ein physisches respektive telefonisches Interview konnte »verhindert« werden. Die Kulturredaktion ließ sich jedoch darauf ein…

»Vertrauen«, ein wichtiges Gut

Dass Claude Mangen und das Merscher Theater nun bemüht sind, zu erklären, »man habe keineswegs die Medien täuschen wollen«, mag die Kulturszene im Land so begrüßen, dennoch kann und sollte man solches Gebaren weder gutheißen noch belächeln.

Es muss bedacht werden, dass im Zuge der Pandemie das Vertrauen in die Medien sehr abgenommen hat. Als Beispiel sei die Langzeitstudie (Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen 2023) zu nennen. Dieser ist zu entnehmen, dass weniger als die Hälfte der Deutschen den Berichten der Medien vertrauen. Umfragen machen auch deutlich, dass sich zunehmend »alternativ« informiert wird. Alternative Medien aber haben entweder gar nicht die Möglichkeit, Fakten zu prüfen oder es gehört zum Geschäftsmodell, Informationen nach eigenem Gutdünken zu interpretieren.

Mit der bewussten Manipulation seitens Claude Mangen wird allerdings auch ersichtlich, dass man heutzutage als Journalist alles und jeden hinterfragen muss. Es ist aber bedenklich, wenn nun auch die vermeintlich »sichern Quellen« aus gegebenem Anlass doppelt und dreifach überprüft werden müssen. Ob sich Redaktionen zur »Promo« eines Buches oder Theaterstückes diesen Aufwand leisten wollen, ist eher unwahrscheinlich…