Provokationen verpufft
Washington verhängt neue Strafmaßnahmen gegen »regierungsnahe« kubanische Politiker und Journalisten
Viele Menschen blickten am Montag gespannt nach Kuba. Es gäbe Hinweise, daß die teils gewaltsamen Unruhen vom 11. Juli 2021 »wiederholt und erneut von den USA vorbereitet und unterstützt werden«, erklärte das Netzwerk Cuba in der vorigen Woche. Der Dachverband der deutschen Solidaritätsorganisationen warnte, »daß diese Kräfte es auf Konfrontationen ankommen lassen, um Kuba zu provozieren und zu diskreditieren«. Zwar wurden in den vergangenen Tagen keinerlei Berichte über neue Unruhen bekannt, dennoch hat die USA-Administration den Jahrestag der Ausschreitungen zum Vorwand genommen, um neue Sanktionen gegen Havanna zu verhängen.
Das USA-Außenministerium kündigte am Samstag Visabeschränkungen für 28 kubanische Bürger an. Betroffen seien Politiker, Mitglieder der Kommunistischen Partei und Beschäftigte des staatlichen Kommunikations- und Mediensektors, erklärte Außenminister Antony Blinken. Das Einreiseverbot für die Journalisten begründete er mit deren »Arbeit für regierungsnahe Medien«, »wo sie eine Politik formulieren und umsetzen, die die Möglichkeiten der Kubaner einschränkt, frei auf Informationen zuzugreifen«. Zudem würden sie sich »an der Verbreitung von Desinformationen beteiligen«.
Das State Department betonte, daß die Sanktionen vor allem wegen der »Unterdrückung der friedlichen Proteste vom 11. Juli 2021« verhängt wurden. Kubanische Medien hatten mehrfach Zeugen zitiert und Videos veröffentlicht, die zeigten, daß Gewalttäter Steine, Flaschen und Molotowcocktails auf Polizisten, Streifenwagen, Polizeigebäude und staatliche Einrichtungen geworfen, Geschäfte geplündert und zerstört und sogar Krankenhäuser und Kindergärten attackiert hatten. Dadurch waren zahlreiche Menschen verletzt und schwere Sachschäden angerichtet worden und die Justiz reagierte mit zum Teil drakonischen Strafen.
Die in Miami ansässigen Contra-Organisationen »Cubalex« und »Justicia 11 J« warfen der Regierung in einem am vorigen Donnerstag vom staatlichen USA-Propagandasender »Radio and TV Martí« verbreiteten Beitrag daraufhin »repressive Maßnahmen« vor und forderten die »Verhängung von Sanktionen gegen diejenigen, die für Menschenrechtsverletzungen in Kuba verantwortlich sind«.
Am selben Tag sprach der Geschäftsträger der USA-Botschaft in Havanna, Timothy Zúñiga-Brown, auf einem Empfang von »der schlimmsten Menschenrechtskrise seit 60 Jahren«. – »Einfache Kubaner wurden verhaftet, weil sie friedlich demonstrierten und Freiheit, Lebensmittel, Medikamente und andere grundlegende Dinge forderten«, behauptete der Diplomat. Einen Tag zuvor hatte die USA-Botschaft der kubanischen Regierung auf ihrer Homepage vorgeworfen, »fälschlicherweise« zu behaupten, »die Proteste seien größtenteils gewaltsam gewesen«.
Während die USA-Regierung sich noch vor einem Jahr Hoffnungen machen konnte, daß die Zeit für eine »bunte Revolution« oder gar den ersehnten »Regime-Change« in Kuba bald reif sei, wirken die von Washington verhängten Sanktionen und die Erklärungen des USA-Botschafters nun eher hilflos. Wegen »strenger Kontrollen, verschärfter Gesetze und anderer Maßnahmen der kubanischen Behörden werden in diesem Jahr auf der Insel keine ähnlichen Demonstrationen erwartet«, stellte auch die in Miami erscheinende Tageszeitung »Nuevo Herald« bereits am Donnerstag resigniert fest. Contra-Gruppen innerhalb und außerhalb Kubas, Exilorganisationen und die kubanische Gemeinschaft in Südflorida würden aber mobilisieren, »um den ersten Jahrestag der Proteste zumindest in Miami spürbar zu machen«.
Pikanterweise waren die Aufrufe dazu aus dem Hauptquartier der »Brigade 2506« erfolgt, die 1961 bereits mit der militärischen Invasion in der Schweinebucht gescheitert war. Miamis Ex-Bürgermeister Philip Levine rät seinem Parteifreund Joseph Biden deshalb, statt weiter auf einen Umsturz zu setzen, »eine kapitalistische Invasion der Insel zu starten«. Es sei keine harte Gewalt erforderlich, schrieb Levine im »Miami Herald«. Das linke Onlinemagazin »Counterpunch« hielt vergangene Woche dagegen. »Vielleicht wird das Chaos, das mit dem Versagen des Kapitalismus, neuen Kriegen und internationalen Spaltungen einhergeht, die USA-Regierung ja davon abhalten, sich um Kuba zu kümmern«, hoffte das Magazin.