Ausland08. April 2023

Friedenskräfte gespalten

In der Schweiz wird die älteste Friedensorganisation ausgegrenzt

von Tarek Idri

Es dürfte wohl das erste Mal in der Geschichte der Ostermärsche in der Schweiz sein, daß eine Friedensorganisation von der Beteiligung ausgeschlossen wurde. Die Schweizerische Friedensbewegung (SFB), Mitglied des Weltfriedensrats, wurde vom diesjährigen Ostermarsch in der Hauptstadt Bern ausgeladen. Aus Sicht der SFB werden die Friedenskräfte damit gespalten und geschwächt und dies in einer Situation, in welcher die Einheit der Antimilitaristen und Pazifisten und der gemeinsame Kampf gegen die Kriegstreiber und Waffenlobbyisten dringend notwendig wäre. Was ist passiert?

Der Krieg in der Ukraine hat auch in der Schweiz stark polarisiert und tiefe Gräben aufgerissen. Besonders unter den Friedenskräften war es die Einschätzung und Reaktion auf diesen Militärkonflikt, die zu einem regelrechten Zerwürfnis geführt hat. Als der offene Krieg zwischen Rußland und der Ukraine ausbrach, mußten wir in der SFB Stellung beziehen. Erste Priorität hatte damals wie heute die rasche Beendigung des Kriegs. Wir forderten Verhandlungen und Deeskalation. Im Unterschied zur zahlenmäßig größten Friedensorganisation der Schweiz, der »Gruppe für eine Schweiz ohne Armee« (GSoA), sprachen wir uns aber auch gegen Sanktionen aus, welche wir als Teil einer »friedensgefährdenden Konfrontationspolitik und eines Wirtschaftskriegs gegen Rußland« betrachten.

Wir von der SFB wollten dann am Ostermarsch 2022 in Bern auf die Problematik der Sanktionen aufmerksam machen und traten gut sichtbar mit dem Banner »Verhandeln statt Sanktionieren!« auf. Die bürgerlichen Medien sowie die linke »Wochenzeitung«, die der deutschen »taz« nacheifert, machten einen Skandal daraus. Man nannte uns »Putin-Freunde«, warf uns »Rußlandtreue« vor und behauptete, wir würden »verquere Ansichten« und »Kremlpropaganda« verbreiten. Gleichzeitig kamen GSoA-Vertreter wie Jo Lang, der angeblich »prominenteste Armeegegner« der Schweiz, zu Wort, die offen für Waffenlieferungen an die Ukraine eintraten und ihren politischen Bankrott als »pragmatischen Pazifismus« verkaufen konnten.

Gegen Ende letzten Jahres mußten wir feststellen, daß die SFB ohne vorherige Information oder Anhörung aus der Liste der Trägerschaft des Berner Ostermarsches gestrichen wurde, obwohl wir seit vielen Jahren für den Ostermarsch in Bern mobilisiert und ihn unterstützt haben. Begründet wurde der Ausschluß damit, daß die abweichende Haltung der SFB bezüglich Sanktionen für die Organisatoren nicht tragbar ist.

Für die SFB ist klar, daß die Beteiligung der Schweiz am Wirtschaftskrieg des Westens durch Sanktionen und Blockaden zu einer weiteren Eskalation führt. Sie bringen uns keinen Schritt näher zum Frieden. Die Folgen von solchen Sanktionen und Wirtschaftsblockaden sind unter anderem in Kuba, Venezuela und dem Jemen ersichtlich: Getroffen werden stets und unverhältnismäßig stärker die ärmsten Menschen in den betroffenen Ländern. Diese sind es, die durch die Folgen der Sanktionen ihre Arbeit verlieren, die hungern und an behandelbaren Krankheiten sterben.

Wir in der SFB werden uns weiter unbeirrt für Frieden, Deeskalation und Verhandlungen einsetzen. Für uns ist es wichtig, mit unseren Position weiterhin präsent zu bleiben, die Öffentlichkeit aufzuklären, was Sanktionen und Waffenlieferungen wirklich bedeuten und daß von der NATO eine große Gefahr für den Weltfrieden ausgeht. Wir arbeiten weiter daran, in der Schweiz eine starke Bewegung aufzubauen, in der alle Menschen Platz haben, die konsequent für den Frieden kämpfen wollen.

Unser Autor ist Sekretär
der Schweizerischen
Friedensbewegung (SFB)