Gedenken an Terror in Genua 2001
Vittorio Agnolleto: »Eine andere Welt wird dringend gebraucht«
Zum 20. Jahrestag der von der faschistischen Regierung Berlusconi gegen die Proteste auf dem G8-Gipfel vom 18. bis 22. Juli 2001 in Genua organisierten blutigen Repression fanden in der Hafenstadt zahlreiche Veranstaltungen statt. Auf der Piazza Alimonda gedachten Tausende des damals 22-jährigen Studenten Carlo Giuliano, der an diesem Ort von einem Carabiniere von einem Jeep aus mit einem Kopfschuß ermordet wurde.
»Carlo lebt und kämpft mit uns, unsere Ideen werden niemals sterben«. Das war eine Losung, »die im Chor geschrieen wurde, begleitet von vielen Umarmungen und leuchtenden Augen der verschiedenen Generationen, die sich zusammenfanden«, schreibt das linke »Manifesto«. Auch auf den anderen Veranstaltungen wurden Schweigeminuten für Carlo eingelegt.
Das Nationalsekretariat der wiederbelebten Italienischen Kommunistischen Partei (PCI) erklärte, die gegenwärtigen grundlegenden Entscheidungen der Europäischen Union und die unter dem Banner der Konzentration des Finanzkapitals erfolgenden Globalisierungsprozesse seien eine Folge der von der Regierung Berlusconi 2001 in Genua politisch und direkt zu verantwortenden »schwersten und dauerhaftesten Aussetzung verfassungsmäßiger Rechte, die es in der republikanischen Geschichte jemals gegeben hat«.
Herausragend war eine Veranstaltung im Palazzo Ducale, zu der ein Netzwerk von Organisationen und zivilgesellschaftlichen Bewegungen aufgerufen hatte. Unter den 200 Teilnehmern befand sich die Gallionsfigur der damaligen No-Global-Bewegung, der Vorsitzende des Genueser Sozialforums, Vittorio Agnolleto, früherer EU-Parlamentarier, der erklärte, unter den 300.000 Demonstranten hätten viele daran geglaubt, »die Welt zu verändern«. Damals sagten wir »eine andere Welt ist nötig. Heute sind wir verpflichtet zu sagen, daß eine andere Welt dringend gebraucht wird.« »Wir haben damals dagegen protestiert, daß 12 Prozent Reiche 85 Prozent des Weltvermögens besitzen, während 55 Prozent der Weltbevölkerung nur 1,3 Prozent davon haben.« Und man habe schon damals gewarnt, daß »die Welt auf eine Katastrophe zuläuft«, Der Gründer der größten Anti-Mafia-Organisation »Liberia«, der katholische Pater Don Alex, erklärte, in Genua sei es möglich gewesen, »die Geschichte von unten, mit den Geringsten, den Armen, neu zu schreiben«.
Eine tiefgehende Analyse der Ereignisse nahm eine Veranstaltung vor, die zum Thema »Reflexion und Debatte. Genua 2021, Navigation auf offener See«, von der Basis-Gewerkschaft USB und linken Organisationen wie Cambiare Rotta (den Kurs ändern) und Osservatorio Repression (Beobachter der Repression) organisiert wurde. Es seien »Fehler und Grenzen der Einstellung sowie die objektiven Gründe, die ihre Entwicklung verhindert haben als auch der Wiederbelebung« erörtert worden, hieß es. Guido Lutrario von USB charakterisierte die von der Berlusconi-Regierung in Genua verfolgte Strategie als »Verfeinerung der präventiven Konterrevolution«. Die Kombination von neoliberaler Politik und Stärkung des rechtsrepressiven Apparats hab dazu geführt, »daß wir in einem minimalen Sozialstaat und einem maximalen Strafstaat« leben, ergänzte sein Kollege Italo di Sabato.
Das Forum beriet Schlußfolgerungen aus Genua 2001 für eine aktuelle Kampfagenda, die die Organisation eines Generalstreiks für den 18. Oktober zur Verteidigung der Arbeiterrechte gegen die von der Draghi-Regierung im Einklang mit dem Unternehmerverband Confindustria zur Abwälzung der Kosten der Corona-Pandemie gestartete Offensive umfaßt und auch internationalistische Aktivitäten einschließt, deren Zentrum heute die Verteidigung im sozialistischen Kuba ist.