Leitartikel16. Juni 2021

Schule ohne Chancengleichheit

von Ali Ruckert

In den Kommunen befassen sich die Gemeinderäte gegenwärtig mit der Organisation des Schuljahres 2021/22 der Grundschule.

Die Schule organisieren, bedeutet viel Arbeit für die Beschäftigten aus dem Schulbetrieb, und ist für die kommunalen Verwaltungen Jahr für Jahr ein regelrechter Kraftakt. Kommen in diesem oder jenem Wohnviertel neue Klassen hinzu, werden sich genug qualifizierte Lehrer finden, um den bestmöglichen Schulunterricht zu garantieren, und kann das neue Schulgebäude, das fest für den Schulbeginn eingeplant wurde, überhaupt rechtzeitig fertiggestellt werden?

Die Bemühungen der Beschäftigten, möglichst gute Bedingungen für die Schüler zu schaffen, werden oft dadurch zurückgeworfen, dass uneinsichtige kommunale Fürsten lieber Geld für Container ausgeben, als Schulgebäude vorauszuplanen, während auf Regierungsebene die tatsächlichen Bedürfnissen der Schüler ignoriert werden.

Das hat dazu geführt, dass es einen chronischen Mangel an gut ausgebildeten Lehrern gibt, und die Zahl der Schulstunden, die von den Kontingentberechnern im Erziehungsministerium bewilligt werden, seit Jahren zurückgeht, was zur Folge hat, dass die durchschnittliche Schülerzahl pro Klasse nicht wesentlich gesenkt werden kann.

Das ist Teil der vorherrschenden Sparideologie, die von der Regierung aus DP, LSAP und Grünen, wenn auch nicht der Aufrüstung der Armee, so doch dem Erziehungsbereich verordnet wird, wie das immer schon unter CSV-Regierungen der Fall war.

Hinzu kommt, dass die Lehrer inzwischen mit bürokratischem Kram überhäuft werden, während die Schüler mit Tablets vertröstet werden, so als mache die Digitalisierung das Schulwesen automatisch leistungsfähiger und führe dazu, dass die Schüler schneller und besser lesen und schreiben lernen.

Viele Lehrer sind inzwischen zur Schlussfolgerung gekommen, dass das Gegenteil der Fall ist, und dass das »digitale Klassenzimmer«, das der neoliberale Erziehungsminister als Vorzeigeprojekt propagiert, die vorherrschenden Defizite lediglich kaschiert und während der Corona-Krise dazu beigetragen hat, die Ungleichheiten weiter zu verschärfen. Einzige Gewinner sind die USA-Konzerne Apple und Microsoft, die sich mit dem Verkauf von Tablets und Software dumm und dämlich verdienen.

Die öffentliche Grundschule in Luxemburg entwickelt sich, entgegen dem was viele Lehrer wollen, immer weiter weg von einer »Schule der Chancengleichheit« und wird ihrem Anspruch, den sozialen Ungleichheiten in der bestehenden Klassengesellschaft zumindest entgegenzuwirken, nicht gerecht. Sie trägt damit indirekt dazu bei, dass Bildung ein Privileg für die Kinder Besserverdienenden und akademisch gebildeter Eltern bleibt. Auf der Strecke bleiben dann oft die Kinder aus einkommensschwachen Arbeiterfamilien.

Damit sich das ändert, ist es erfordert, dass deutlich mehr Gelder in die öffentliche Schule fließen, in die Infrastrukturen und in die Ausbildung von Lehrern und Erziehern, so dass die Zahl der Schüler in den Klassen gesenkt und mehr Zeit aufgewendet werden kann, um schwächeren Schülern zu helfen. Das heißt auch, dass das Unterrichtsstundenkontingent deutlich aufgestockt werden muss.

In diesem Sinn setzt sich die KPL dafür ein, dass das Bildungsbudget um mindestens 30 Prozent erhöht und die Zahl der ausgebildeten Lehrer und Erzieher in der Grundschule deutlich angehoben wird, die Klasseneffektive radikal gesenkt werden, und die Hausaufgabenhilfen verallgemeinert und das gesamte Schulmaterial kostenfrei zur Verfügung gestellt wird.

Das sind die Voraussetzungen für Chancengleichheit und die Schaffung eines »Tronc commun« von drei Jahren beim Übergang von der Grund- zur Sekundarschule.