Ausland06. April 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

UNO-Generalsekretär Guterres:

»Kollektivstrafe die Palästinenser«

Am Freitag beschäftigte sich der UNO-Sicherheitsrat in einer Dringlichkeitssitzung erneut mit der Lage in dem von Israel angegriffenen Gazastreifen. Ohne zusätzliche Hilfslieferungen drohte im Gazastreifen eine katastrophale Hungerkrise, schlimmer als bisher. »Kinder in Gaza sterben heute an Nahrungs- und Wassermangel«, sagte UNO-Generalsekretär António Guterres am Freitag in New York. »Wenn die Tür für Hilfe geschlossen ist, öffnet sich die Tür für das Verhungern.« Mehr als eine Million Menschen, etwa die Hälfte der Bevölkerung des abgeriegelten Küstenstreifens, seien von katastrophalem Hunger bedroht.

»Nichts kann die Kollektivstrafe für die Palästinenser rechtfertigen«, sagte Guterres. Er äußerte sich eher zurückhaltend zu den jüngst von Israel angekündigten »Zugeständnissen«, mehr Hilfslieferungen zu ermöglichen. Er hoffe, daß die Ankündigungen »effektiv und schnell« umgesetzt würden, denn die Lage im Gazastreifen sei »absolut verzweifelt«.

Hilfsorganisationen ziehen nach sechs Monaten Gaza-Krieg eine verheerende Bilanz. Mehr als 13.800 Kinder wurden im Gazastreifen getötet und über 12.000 weitere, teilten die UNO und die Gesundheitsbehörde in Gaza mit. Seit über 180 Tagen dauert der Gaza-Krieg an, die Überlebenschancen der Menschen sinken von Tag zu Tag. Tanya Haj-Hassan von Ärzte ohne Grenzen sagte, es sei ein Krieg gegen die Zivilbevölkerung. Seite 2

Ehrung für Aktivistin

Das Gesicht der vor acht Jahren ermordeten indigenen Umweltaktivistin Berta Cáceres kommt auf neue Geldscheine in Honduras, teilte die Zentralbank des mittelamerikanischen Landes mit. Eine Firma aus Malta sei mit der Produktion von 20 Millionen Banknoten beauftragt worden. Die 44-jährige Berta Cáceres wurde im März 2016 in ihrem Haus in der Stadt La Esperanza im Westen von Honduras erschossen. Sie setzte sich gegen den Bau eines Wasserkraftwerks im Gebiet des Lenca-Volkes ein und war Mitgründerin des Rats der indigenen Völker Honduras' (COPINH).

Hafenstreik in Italien

Am Freitag hatte die Gewerkschaft USB zu einem ganztägigen Streik in den Häfen in ganz Italien aufgerufen, mit Streikposten in Civitavecchia (Foto), Livorno, Triest und Genua. Die Gewerkschaft bekräftigt damit ihre Forderung nach einer Lohnerhöhung von 300 Euro, der Anerkennung der Hafenarbeit als harte Arbeit und nach einem Ende der Privatisierung der Hafenbehörden sowie für das Recht der Beschäftigten, zu entscheiden, von welcher Gewerkschaft sie vertreten werden wollen. Die Streikenden wollen damit vor allem ein Mitspracherecht ihrer Gewerkschaft bei den laufenden Tarifauseinandersetzungen einfordern. Der Streik der Tarifbeschäftigten in den Häfen erhielt die Solidarität der Beschäftigten in Logistik, Industrie und Handel sowie des Weltgewerkschaftsbundes. Die USB erklärte, sie werde weiter dafür kämpfen, das Recht auf einen angemessenen Lohn und mehr Sicherheit am Arbeitsplatz einzufordern.

NATO sieht »Bedrohungen aus Asien«

Brüssel – Die NATO sieht sich »globalen Sicherheitsbedrohungen durch Länder wie China und Nordkorea einen Ausbau der Zusammenarbeit mit Partnern im Indopazifik-Raum« ausgesetzt. Man habe diskutiert, wie die Kooperation bei der »Abwehr von hybriden Bedrohungen und Cyberattacken« verstärkt werden könne, erklärte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag nach einem Außenministertreffen mit Vertretern aus Australien, Japan, Neuseeland und Südkorea. Zudem gehe es auch um die Zusammenarbeit der Produktion von Rüstungsgütern.

»Unsere Sicherheit ist miteinander verbunden. Was im Pazifik passiert, ist für Europa von Bedeutung, und was in Europa passiert, ist für den Pazifik von Bedeutung«, sagte Stoltenberg. Auch der Krieg in der Ukraine zeige dies sehr deutlich, denn man sehe, wie China die russische Kriegswirtschaft unterstütze, indem es Ausrüstung liefere, die auch in der russischen Militärindustrie eingesetzt werde.

Die Idee, daß sich »die Sicherheit in Europa von der in Asien trennen« lasse, funktioniere nicht, betonte Stoltenberg. Auch Spitzenpolitiker aus der Indopazifik-Region hätten erklärt, daß das, was heute in der Ukraine passiere, morgen im Südchinesischen Meer passieren könne – eine Anspielung auf einen angeblich zu befürchtenden Überfall Chinas auf Taiwan.

Beschlüsse zum Ausbau der Zusammenarbeit mit den Indopazifik-Partnern könnten beim nächsten NATO-Gipfel im Juli in Washington getroffen werden.

World Central Kitchen fordert Untersuchung

Schuldige bleiben zunächst unbestraft

Washington/Tel Aviv – Nach dem tödlichen Luftangriff auf sieben Mitarbeiter von World Central Kitchen im Gazastreifen fordert die Hilfsorganisation eine unabhängige Untersuchung. »Wir haben die Regierungen von Australien, Kanada, den Vereinigten Staaten, Polen und Britannien gebeten, mit uns eine unabhängige Untersuchung durch Dritte zu fordern«, teilte die in Washington ansässige Organisation am Donnerstag mit. Es solle auch die Frage geklärt werden, »ob die Angriffe vorsätzlich durchgeführt wurden oder auf andere Weise gegen das Völkerrecht verstoßen haben«.

Nach Angaben von World Central Kitchen waren die drei bombardierten Fahrzeuge klar gekennzeichnet. Die Route habe »uneingeschränkt den Vorgaben der israelischen Behörden entsprochen« und sei diesen auch bekannt gewesen.

Das israelische Militär will zwei Offiziere von ihren Posten absetzen. Generalstabschef Herzi Halevi habe entschieden, einen verantwortlichen Kommandeur sowie den Stabschef der zuständigen Brigade von ihren Positionen zu entlassen, teilte das Militär am Freitag mit. Weitere Kommandeure werden »verwarnt«.

Statt von einem gezielten und vorsätzlichen Angriff spricht die Armee weiter von einem »schwerwiegenden Versagen der israelischen Einsatzkräfte«. Sie hätten den Hilfskonvoi wegen der »Vermutung« attackiert, »zwei bewaffnete Hamas-Mitglieder seien in dem Wagen«, hieß es von einer Militäreinheit, die zuständig für die Untersuchung ungewöhnlicher Vorfälle während des Krieges ist.

UNO-Menschenrechtsrat fordert Ende von Waffenexporten nach Israel

Genf – Der Menschenrechtsrat der UNO hat ein Ende von Waffenlieferungen an Israel gefordert. Dies sei notwendig, »um weitere Verletzungen von internationalem humanitärem Recht und Menschenrechtsverletzungen zu verhindern«, hieß es in einer Resolution, die das Gremium am Freitag in Genf annahm.

Deutschland stimmte gegen den Text. Er erwähne die islamistische Hamas nicht, spreche Israel das Recht auf Selbstverteidigung ab und enthalte Vorverurteilungen gegen Israel, argumentierte die deutsche Botschafterin Katharina Stasch. Insgesamt lehnten sechs Länder die Resolution ab. Sie wurde von 28 Ländern unterstützt, darunter Belgien, Finnland und Luxemburg. Dreizehn Länder enthielten sich der Stimme, unter anderem Frankreich und die Niederlande.

Israels Botschafterin Meirav Eilon Schachar verurteilte die Resolution scharf, sie enthalte keine Forderung nach einem Verbot von Waffenlieferungen an die Hamas. »Eine Ja-Stimme ist eine Stimme für die Hamas«, sagte sie.

In einer Stellungnahme kritisierte auch Israels Außenministerium, daß die Hamas und ihre brutalen Verbrechen am 7. Oktober in der «antiisraelische Resolution» nicht erwähnt würden. Zudem ignoriere sie die Waffenlieferungen des Irans an die Hamas. Die Resolution gestehe Israel zudem nicht das Recht auf Selbstverteidigung zu.

Der Menschenrechtsrat hat zudem einen Bericht zur Gewalt von israelischen Siedlern in Palästinensergebieten in Auftrag gegeben. Eine bestehende Expertenkommission soll die Identitäten von jenen Siedlern und Siedlergruppen feststellen, die die palästinensische Zivilbevölkerung terrorisieren oder einschüchtern, wie das Gremium am Freitag in Genf in einer Resolution forderte. Der Bericht soll in gut einem Jahr vorliegen.

Diese Angriffe und der Siedlungsbau im Westjordanland werden als eines der Hindernisse für Bemühungen um eine langfristige Friedenslösung im Nahost-Konflikt gesehen.

Litauen will 3.000 Drohnen für Ukraine kaufen

Vilnius – Litauen wird der Ukraine weitere Militärhilfe für den Krieg gegen Rußland leisten. Regierungschefin Ingrida Simonyte kündigte nach einem Treffen mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Denis Schmigal den baldigen Kauf und die Lieferung von rund 3.000 Drohnen an. Die unbemannten Fluggeräte im Wert von insgesamt rund 20 Millionen Euro sollen bis Ende dieses Jahres die Front erreichen, sagte Simonyte am Freitag in Vilnius. Auch werde das baltische EU- und NATO-Land mit der Entwicklung eines Rehabilitationsprogramms für verletzte ukrainische Soldaten beginnen. Die Regierung in Vilnius will dafür nach Angaben von Simonyte bis zu 15 Millionen Euro bereitstellen.

Litauens Ministerpräsidentin schloß auch die Möglichkeit nicht aus, daß ihr Land Soldaten zur Ausbildung in die Ukraine entsenden könnte. Unter Verweis darauf, daß Militärausbilder bereits ukrainische Truppen in Litauen und anderswo unterrichteten, sagte Simonyte: »Könnten sie in der Ukraine ausgebildet werden? Mit einer angemessenen Luftverteidigung ist es sicherlich möglich, diese Risiken zu bewältigen.«

Nach Angaben von Schmigal hat Litauen seit Februar 2022 die Ukraine mit Hilfen im Wert von rund 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung unterstützt.

Opposition in Italien erneut mit Mißtrauensantrag gescheitert

Rom – In Italien ist die Opposition ein zweites Mal innerhalb von 24 Stunden mit einem Mißtrauensantrag gegen ein Kabinettsmitglied der ultrarechten Regierung in Rom gescheitert. In der Abgeordnetenkammer konnte Tourismusministerin Daniela Santanché von der ultrarechten Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) am Donnerstag die Koalition aus drei Rechts-Parteien klar hinter sich versammeln. Nach der Debatte stimmten 213 Abgeordnete gegen den Mißtrauensantrag, 121 dafür und drei enthielten sich. Den Fratelli gehört auch die amtierende Regierungschefin Giorgia Meloni an.

Santanché steht seit geraumer Zeit im Zentrum der Kritik der Opposition. Gegen sie laufen derzeit strafrechtliche Ermittlungen wegen ihrer geschäftlichen Aktivitäten. Sie soll für ihre Firma mehr als 100.000 Euro im Rahmen der Corona-Hilfe während der Pandemie vom staatlichen Sozialversicherungsträger INPS ausgezahlt bekommen haben. Weitere Ermittlungen gegen sie laufen wegen des Vorwurfs der Bilanzfälschung und weiterer Unregelmäßigkeiten.

Bereits am Mittwochabend mußte sich Vize-Ministerpräsident und Verkehrsminister Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Partei Lega einem Mißtrauensantrag in der Abgeordnetenkammer stellen. Auch er überstand das Votum.

Norwegen plant große Aufrüstung

Oslo – Das NATO-Land Norwegen will seinen Militärhaushalt in den nächsten zwölf Jahren drastisch erhöhen. Die Regierung in Oslo plant, das Land bis 2036 mit zusätzlichen 600 Milliarden norwegischen Kronen (51,7 Milliarden Euro) aufzurüsten, wie sie bei der Vorstellung des neuen »Verteidigungsplans« am Freitag mitteilte. Bis dann soll das Militärbudget fast auf das Doppelte im Vergleich mit heute anwachsen. Die Regierung will 2036 etwa drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militärzwecke ausgeben.

Insbesondere bei der Marine soll erheblich investiert werden. Geplant seien unter anderem mindestens fünf neue Fregatten und mindestens fünf U-Boote. Die norwegischen Streitkräfte sollen zudem um insgesamt mehr als 20.000 Soldaten, Angestellte und Reservisten verstärkt werden.

Islands Premierministerin will Präsidentin werden

Reykjavik – Islands Premierministerin Katrin Jakobsdottir will zurücktreten, um sich für die Präsidentschaft zu bewerben. Sie habe sich schon vor einiger Zeit entschieden, bei den nächsten Parlamentswahlen nicht mehr anzutreten, erklärte sie am Freitag in einem Video auf Facebook. Viele Menschen hätten sie ermutigt, als Präsidentin zu kandidieren. Die Rolle bestehe darin, die Dynamik von Politik und Gesellschaft zu verstehen, aber auch Führungsstärke und Demut zu zeigen.

Wann die 48-Jährige abtreten wird und wer ihr nachfolgen könnte, blieb unklar. Jakobsdottir vertritt die links-grüne Partei und ist seit 2017 Premierministerin des 400.000 Einwohner zählenden Landes. In ihrer Erklärung sagte sie auch nichts darüber, ob und wie lange sie den Vorsitz der links-grünen Partei weiterführen wird. Der isländische Präsident Gudni Th. Jóhannesson hatte in seiner Neujahrsansprache angekündigt, daß er sich nicht zur Wiederwahl stellen werde. Die Präsidentschaftswahlen auf Island finden voraussichtlich am 1. Juni statt.


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