Luxemburg31. Januar 2023

»Triple A« auch von »europäischer« Ratingagentur

Scope Ratings soll Abhängigkeit der EZB von den US-amerikanischen »großen Drei« reduzieren. Dabei soll unter anderem ihr ehemaliges Direktoriumsmitglied Yves Mersch helfen

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Eine Bankerhand wäscht die andere: Neben den »großen drei« vorherrschenden US-amerikanischen Ratingagenturen S&P Global, Moody’s und Fitch (sowie der eher unbedeutenden kanadischen DBRS) hat auch die in Berlin ansässige und seit ihrer Gründung im Jahr 2002 als »europäische« Ratingagentur auftretende Scope Ratings ihre Bonitätseinstufung für Luxemburg bei der Bestnote AAA (»Triple A«) belassen. Angesichts einer vergleichsweise »widerstandsfähigen« Wirtschaft und vergleichsweise »solider« öffentlicher Finanzen werde auch der Ausblick mit »stabil« bewertet, ließ Finanzministerin Yuriko Backes ihr Haus am Wochenende mitteilen.

Das mag verwundern, sind doch auch in EU-Europa seit den 1980er Jahren allein die »großen Drei« von der New Yorker Wallstreet maßgeblich. Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch Ratings sind schon seit Anfang des vorigen Jahrhunderts im Geschäft und haben mittlerweile ein florierendes Ratingmono- bzw. -triopol errichtet. Nach der von den »großen Drei« zumindest mitverschuldeten Finanzkrise ab 2007, der eine Weltwirtschaftskrise folgte, gewannen in EU-Europa Spitzenbanker an Zuspruch, die eine »europäische« Ratingagentur als Alternative zu den drei US-amerikanischen forderten, um die Urteile der Wachhunde des Finanzkapitals über die Verwertungsbedingungen für das in- und ausländische Kapital »europäischer« zu machen.

Als die Europäische Zentralbank (EZB) kurz nach der Gründung der Einheitswährung beschloß, als Pfand für frisches Zentralbankgeld nicht jede Staatsanleihe der Euro-Länder zu akzeptieren, sondern nur solide wie insbesondere die von der luxemburgischen Regierung aufgelegten Staatsanleihen, traute sich die EZB das Urteil über diese Solidität nicht selbst zu, sondern überließ es den »großen Drei« aus den USA. Dagegen gab es Widerspruch, weil Geldschöpfung für Volkswirtschaften von immenser Bedeutung ist. Ein gewisser Florian Schoeller beließ es nicht beim verbalen Widerspruch, sondern gründete 2002 in der deutschen Hauptstadt Scope Ratings. Der dazugehörigen Stiftung gehört neben dem ehemaligen EZB-Präsidenten Jean-Claude Trichet und dem ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler auch der Luxemburger Topbanker Yves Mersch an, der von ihrer Gründung 1998 bis 2012 Präsident der luxemburgischen Zentralbank und von 2012 bis 2020 Mitglied des EZB-Direktoriums war.

Offizieller Stiftungszweck ist »die Bewahrung von europäischer Identität und Unabhängigkeit«. »Ein wichtiger Fortschritt auf dem Weg, in das Oligopol der drei großen amerikanischen Anbieter S&P Global, Moody’s und Fitch vorzustoßen«, so die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« am 23. Juni 2022, sei das soeben von der EU-Kommission erteilte Mandat, »in Zukunft die Anleihen der EU nach ihrer Bonität zu bewerten«. Damit, so die FAZ weiter, wolle der EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung, der Österreicher Johannes Hahn, ein Zeichen für »mehr Wettbewerb am Ratingmarkt« setzen.

Übrigens: Hauptaktionär von Scope ist der deutsche Milliardär Stefan Quandt, der mit Schwester Susanne Klatten auch fast die Hälfte der Aktien des deutschen Autokonzerns BMW besitzt. Zu den »institutionellen Anlegern«, die sich mit Scope-Aktien eingedeckt haben, gehören neben den deutschen Versicherungskonzernen HDI und Signal Iduna die Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft, die österreichische B&C Industrieholding – und die luxemburgische Foyer Assurances.