Luxemburg02. Juli 2020

Meco sieht Mehrheiten für »fundamentalen Strukturwandel«

»Die Menschen wollen kein Zurück in die Gesellschaft Vor-Corona«

Nachdem sich der Mouvement Ecologique im Mai mit der Forderung nach einem »fundamentalen wirtschaftlichen Strukturwandel« in die Debatte um einen Neustart nach der ersten Welle der Coronaviruspandemie eingeschaltet hatte, sieht er sich nun von den Befunden einer repräsentativen Umfrage bestätigt. Wie es am Donnerstag auf einer Pressekonferenz hieß, wollen die 1.016 Einwohner, die zwischen dem 15. und dem 18. Juni vom Institut ILRES befragt wurden, zumindest in ihrer Mehrheit »kein Zurück in die Gesellschaft Vor-Corona«, sondern sie würden sich »von der Politik (…) gesellschaftliche und wirtschaftliche Reformen (…) erwarten«.

Die ILRES-Mitarbeiter haben den Teilnehmenden übrigens erst ganz am Ende der Befragung gesagt, daß der Meco die Umfrage in Auftrag gegeben hat. Hoffnungsvoll stimmt es Meco-Präsidentin Blanche Weber, daß 77 Prozent der Befragten die Abhängigkeit des Menschen von der Natur erkannt haben wollen, und nur zwölf Prozent der Meinung sind, er habe die Natur dank technischer Entwicklung und medizinischem Fortschritt »im Griff«. Erfreulich sei auch, daß die Natur nun von 95 Prozent der Befragten geschätzt werde, wobei sich die Wertschätzung bei zehn Prozent im Lockdown eingestellt habe. Der Anteil jener, die von sich behaupten, der »materielle Konsum« spiele bei ihnen eine eher untergeordnete Rolle, habe sich im Lockdown sogar von 33 auf nun 71 Prozent mehr als verdoppelt, erklärt der Meco mit Verweis auf die Studie. Demnach erklärten 38 Prozent der Befragten, die Coronakrise habe ihre Haltung gegenüber dem materiellen Konsum verändert, andere Werte hätten an Bedeutung gewonnen.

Wie es weiter heißt, sind 66 Prozent der Meinung, nun sei der Moment für »grundsätzliche Änderungen an unserem Gesellschaftsmodell« gekommen und hinsichtlich »der Art, wie wir leben«, gelte es, »neue Prioritäten« zu setzen. Trotz aller Probleme, die die Pandemie mit sich brachte, habe sie dazu geführt, daß 84 Prozent der Befragten der Ansicht sind, »eine gewisse Entschleunigung der Gesellschaft« biete ihnen Vorteile.

Bestätigt in seinen zum Teil langjährigen Forderungen sieht sich der Meco auch darin, daß 71 Prozent erklärten, sie würden für eine »grundsätzliche Veränderung in der Wirtschaftspolitik« eintreten, 91 Prozent, sie befürworteten ein »Wirtschaftsmodell, das die Wirtschaft und die Natur in den Fokus rückt«, und nicht den »materiellen Konsum«, und 60 Prozent, das Wohlbefinden der Menschen lasse sich nicht mehr mit der Jahreswirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, BIP) messen. Außerdem setzen sich demnach 85 Prozent für kürzere Lieferketten, 93 Prozent für eine Förderung der regionalen Produktion (nicht nur von Lebensmitteln), 84 Prozent für einen gerechteren Welthandel, 63 Prozent dafür, den Ländern des globalen Südens die Schulden im reichen Norden zu erlassen, und 86 Prozent für »eine gerechtere Verteilung von Geldern zwischen reichen und armen Ländern« ein.

Gleichzeitig seien immerhin 61 Prozent dafür, die Finanzierung unseres Sozialsystems zu »überdenken«, an einer »nachhaltigen Steuerreform« sei 78 Prozent gelegen, 62 Prozent forderten eine höhere Besteuerung von privaten Vermögen und der Spekulation, 80 Prozent eine höhere Besteuerung der weltmarktbeherrschenden Internetkonzerne wie Google und Amazon und gar 82 Prozent träten »auf nationaler Ebene für eine gerechtere Verteilung der Gelder zwischen reichen und armen Menschen ein«.

Zu Änderungen am eigenen Konsumverhalten sind deutlich weniger Befragte bereit. So kann sich nur gut die Hälfte (52 Prozent) vorstellen, nach der Coronaviruskrise nur noch alle drei Jahre mit dem Flugzeug zu verreisen.

oe

In der Coronakrise ist der Personentransport per Flugzeug für Wochen zum Erliegen gekommen. Ob es aber langfristig weniger Flugpassagiere geben wird, ist fraglich (Findel, 28. Mai 2020)
Foto: ZLV)