Ausland20. April 2023

»Kein Euro für die Rentner«

von Gerhard Feldbauer

Das Elend der »Ausrangierten«

Obwohl die Parteien der jetzigen Regierungskoalition Italiens unter der faschistischen Premierministerin Giorgia Meloni im Wahlkampf versprochen hatten, die Mindestrenten und die Zahlungen für Mütter und Hausfrauen von bisher rund 500 Euro zu verdoppeln, plant Wirtschafts- und Sozialminister Giancarlo Giorgetti von der Lega jetzt, das Rentenkapitel um 10 Milliarden zu kürzen. Der im Ministerrat gebilligte, mit Austerität gefüllte Wirtschafts- und Finanzplan der Regierung enthält nun 3 Milliarden Euro für »expansive Maßnahmen«, die sich wahrscheinlich auf eine partielle Steuersenkung beschränken werden – und damit jegliche Intervention für die Rente ausschließen.

Das bedeute, so berichtete das linke »Manifesto« in der vergangenen Woche, »nicht einmal einen Euro für Renten«. Die seit mindestens sechs Jahren von Giorgetti angekündigte »Annullierung« des Rentengesetzes, wurde erneut verschoben. Es besagt, die Arbeit mit 62 aufzugeben. Der aktuelle Wirtschafts- und Finanzplan ist das Werk von Minister Giancarlo Giorgetti, der schon unter dem früheren Premier und vormaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi Minister war und der als dessen Vertrauter auch dessen Finanzpolitik fortsetzt – zumal Meloni zugesagt hatte, genau das zu garantieren.

Arbeitsministerin Marina Calderone, eine so genannte Technikerin, weigert sich seit Februar, gemeinsame Gespräche mit den »Sozialpartnern« einzuberufen. Stattdessen will sie ein technisches Gremium, eine »Beobachtungsstelle für die Überwachung, Bewertung der Auswirkungen der Rentenausgaben und die Analyse der Revisionspolitik des Rentensystems« einrichten. Darin werde »auch Platz für die Gewerkschaften« sein, erklärte die Ministerin.

Dem stehen Lieferungen von militärischen Mitteln, Waffen, Material und Ausrüstung an die Ukraine im Umfang von bisher mindestens zwei Milliarden Euro gegenüber, und ebenso die Bereitstellung von 36 Millionen Euro bis 2026 für den Ausbau des Netzes der Haftanstalten für die Rückführung von Flüchtlingen.

Der kaltschnäuzig von der Meloni-Regierung verfolgte Sozialabbau trifft besonders die Rentner, die »Ausrangierten«, deren Arbeitskraft für das Kapital keinen Wert mehr besitzt. Von den 11,5 Millionen Menschen, die laut einem Bericht des staatlichen Amtes für Statistik ISTAT bereits im Jahr 2021 in Armut lebten, bildeten Rentner den Großteil.

Die Inflation, die 2022 laut ISTAT mit einem Anstieg um über 8 Prozent einen Höchststand seit 1986 erreichte, »frißt die Rente auf«, so der Vorsitzende der Rentner-Gewerkschaft in der CGIL, Alfred Ebner. Immer mehr Rentner rutschen in die Armut ab. Laut der italienischen Sozialversicherung INPS lag die durchschnittliche Altersrente seit 1. Januar 2019 bei knapp 1.200 Euro. In der Berechnung enthalten waren jedoch auch die verhältnismäßig bessergestellten Pensionäre, die Altersbezüge von mehr als 1.500 Euro erhalten. Etwa 2,3 Millionen Rentner bekamen dagegen weniger als 1.000 Euro im Monat und lebten damit schon an der Armutsgrenze.

Schlimmer ging es den 12,2 Prozent der Rentner, die weniger als 500 Euro bekamen. In Südtirol, einer Region, die zu den »wohlhabenderen« zählt, bekommen »derzeit rund 30 Prozent der Rentner unter 1.000 Euro brutto«, sagte Alfred Ebner. Davon lasse es sich in Südtirol nur schwer leben. Und jetzt treffe es auch jene, »die ein bißchen darüber liegen – und die solche Situationen bisher gar nicht kannten«. Der Leiter der Mailänder Caritas, Luciano Gualzetti vermerkte dazu, daß es kaum noch einen Unterschied zwischen dem traditionell »reicheren« Norden und dem »ärmeren« Süden gebe, wo generell mehr Menschen in sozialen Schwierigkeiten leben.

Unverändert erhalten Frauen auf Grund der niedrigeren Löhne, wie INPS errechnete, mit im Durchschnitt 976 Euro 30 Prozent weniger als Männer, die durchschnittlich 1.381 Euro erhielten.