Leitartikel09. März 2021

Kosmetische Änderungen reichen nicht

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Im zeitlichen Umfeld des Internationalen Frauentages häufen sich erneut Meldungen und Diskussionen über eine Frauenquote in Parlamenten und in Vorständen großer Unternehmen. Es gibt kaum ein wirksameres Mittel, um die Kämpfe um Gleichberechtigung von den eigentlichen Problemen abzulenken.

Es ist nicht überliefert, daß eine Frau in einer Führungsetage eines Konzerns die Gleichberechtigung der arbeitenden Frauen im Betrieb auch nur einen Schritt vorangebracht hat. Noch weniger für die Rechte der Frauen bewirken Politikerinnen in der oberen oder gar obersten Führungsebene eines kapitalistischen Staates. Denn diese Staatspräsidentinnen oder Premierministerinnen vertreten nicht ihre Geschlechtsgenossinnen, sondern stets und ausschließlich die Interessen ihrer Partei, und die wiederum ist dafür da, die Interessen der Besitzenden durchzusetzen.

Das krasseste Beispiel dafür dürfte wohl Margaret Thatcher gewesen sein, die in ihrer Zeit an der Spitze der britischen Regierung nicht nur nichts für die Stärkung der Rolle der Frau unternommen hat, sondern mit der Niederschlagung des Streiks der britischen Bergarbeiter Tausende Frauen und deren Familien noch tiefer ins Elend gestürzt hat.

Eine wirkliche Änderung der Rolle der Frauen in der Gesellschaft ist unter den Bedingungen der kapitalistischen Gesellschaft nicht möglich, denn in dieser Gesellschaftsordnung steht niemals der Mensch im Mittelpunkt, sondern stets das Profitinteresse der Besitzenden. Erst wenn die Besitzverhältnisse grundlegend geändert werden, wenn nicht mehr einige Wenige sondern die Vielen, die mit ihrer Hände Arbeit den Reichtum der Gesellschaft schaffen, auch über die Produktionsmittel und die Ergebnisse der Produktion verfügen können, kann auch die volle Gleichberechtigung der Frau in der Gesellschaft umgesetzt werden.

An dieser Stelle lohnt sich ein Blick zurück in die Deutsche Demokratische Republik. Zwar war auch in der DDR die Hausarbeit weitgehend in der Verantwortung der Frauen. Das gesellschaftspolitische Ziel des Staates bestand jedoch darin, diese Arbeit schrittweise zu reduzieren und umzuverteilen. Diesem Ziel dienten zum Beispiel die kostengünstige Versorgung in Betriebskantinen, Einkaufsmöglichkeiten in den größeren Betrieben und eine Reihe von weiteren Dienstleistungen. Frauen und alleinerziehende Väter konnten jeden Monat einen bezahlten freien Tag – den sogenannten »Haushaltstag« – in Anspruch nehmen.

Traditionelle Rollenbilder können nicht von einem Tag auf den anderen abgeschafft werden, doch bereits durch die in der Verfassung verankerte und durch zahlreiche Gesetze garantierte Gleichstellung der Geschlechter in der DDR konnte die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen verwirklicht werden. Mit einer Frauenerwerbsquote von 92 Prozent lag die DDR an erster Stelle in der Welt. Die kostenlose Gesundheitsversorgung für alle Bürger beinhaltete auch spezielle Vorsorgeuntersuchungen für Frauen, eine umfassende medizinische Versorgung für Kinder und bereits ab 1972 das Recht auf Abtreibung. Für junge Mütter galt drei Jahre nach der Geburt ihres Kindes ein Kündigungsschutz. Frauen konnten ihre Berufe ausüben und sich weiterbilden mit Hilfe eines Sozialsystems, das von Kinderkrippen und Kindergärten über Ganztagsbetreuung in Schulen bis hin zu kostenlosen Ferien für Kinder reichte.

Das alles war nicht durch kosmetische Änderungen möglich. Voraussetzung war eine grundlegende Änderung der Macht- und Besitzverhältnisse.