Leitartikel25. August 2023

Einwohner rein – Dienstleistungen raus

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In seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage hatte Polizeiminister Henri Kox rezent versichert, daß es trotz personeller Engpässe und zeitweise nicht besetzter Polizeireviere zu keinen Problemen komme, wenn es um die Sicherstellung grundlegender polizeilicher Aktivitäten gehe. Die Anfrage geschah vor dem Hintergrund der Situation im hauptstädtischen Bahnhofsviertel, einer bekannten Problemzone des Landes.

Doch nicht nur in der Hauptstadt bekommen Anwohner den Eindruck, daß die Versicherungen des Ministers nicht so ganz der Lage entsprechen. In den vergangenen Tagen litten die Bewohner von Düdelingen unter einer Gruppe von Jugendlichen, die ihnen durch nächtliches Abbrennen von Silvesterfeuerwerk und Zünden von Böllern den Schlaf raubte. Die verständigte Polizei habe eine Stunde gebraucht, um am Ort des Geschehens einzutreffen, nur um festzustellen, daß dort nichts los sei. Dies ist in Düdelingen kein Einzelfall: Nächtliche Ruhestörung ist insbesondere im Zentrum in den vergangenen 20 Jahren immer ein Thema gewesen, und nicht selten wurden Anwohner, welche die Polizei einschalten wollten, am Eingang zur lokalen Polizeidienststelle an das Büro in Esch/Alzette weiterverbunden. So war es wohl auch in diesem Fall.

Daß solche Zustände nicht unbedingt ein Sicherheitsgefühl bei den Bewohnern hinterlassen, dürfte klar sein. Im speziellen Fall von Düdelingen fühlen sich viele Einwohner aber längst nicht nur von der Polizei etwas stiefmütterlich behandelt. Auch das Angebot im lokalen Krankenhaus wurde vor einigen Jahren komplett heruntergefahren, und wer ein medizinisches Anliegen hat, muß sich nun in fast allen Fällen zum CHEM in Esch/Alzette bewegen. Dafür rumpelt man, wenn man kein Auto besitzt, dann im Fall von Düdelingen eine halbe Stunde mit dem Bus über die Dörfer oder nimmt den Zug in die entgegengesetzte Richtung, wo dann in Bettemburg umgestiegen werden muß, um in Esch erneut einen Bus zu nehmen. Die Verkehrsanbindung der immerhin deutlich über 20.000 Einwohner zählenden Südmetropole bleibt also ebenso ausbaufähig, wie die durchgehende Polizeipräsenz, von der Straßeninfrastruktur ganz zu schweigen, angesichts der sich um die Mittagszeit durch enge Straßen zwängenden, halbleeren Gelenkbusse.

Vieles hat sich in den rezenten Jahren entwickelt: Eine flächendeckende, verkehrsberuhigte Zone wurde eingeführt, Dienste für die Bürger wurden durch Digitalisierung vereinfacht und auf die Lebensqualität der Bewohner will man mehr Augenmerk legen. Wer regelmäßig in anderen Südgemeinden unterwegs ist, weiß diese Anstrengungen zweifelsfrei zu schätzen.

Dennoch bleiben einige Dienstleistungen, nicht nur in Düdelingen, hinter den Wachstums-Ambitionen des Landes deutlich zurück. Eines der landesweiten Probleme ist auch, daß etwa Apotheken samstags nur einen Notdienst anbieten, während etwa im Einzelhandel und bei anderen Angeboten 80 Wochenstunden Verfügbarkeit nicht mehr genug scheinen.

Die Entwicklung von öffentlichen Dienstleistungen hinkt den Träumen vom »Eine-Million-Einwohnerstaat« derzeit noch auf allen Ebenen nach. Baustellen, die dringend abgeschafft werden müssen, auch wenn sich luxemburgische Städte mit denen in der Großregion messen wollen.