Nordirland-Streit:
Johnson will Brexit-Vertrag brechen
Die britische Regierung will die mit der EU im Brexit-Vertrag vereinbarte Regelung für Nordirland einseitig ändern. Ein dazu am Montag vorgelegter Gesetzentwurf sei notwendig, um Stabilität und den Frieden in der früheren Unruheprovinz zu sichern, sagte Außenministerin Liz Truss im Unterhaus in London. Sie fügte hinzu: »Wir sind weiterhin offen für Gespräche mit der EU.« Fortschritte könne es aber nur geben, wenn Brüssel Änderungen an der als Nordirland-Protokoll bezeichneten Vereinbarung akzeptiere. Bisher sei das nicht der Fall.
London droht nun, die in dem Protokoll vereinbarten Warenkontrollen zum Schutz des EU-Binnenmarkts zu stoppen und durch eine freiwillige Regelung zu ersetzen. Zudem soll die Rolle des Europäischen Gerichtshofs drastisch beschränkt werden. London will sich auch freie Hand bei Regelungen zur TVA geben. Nach Ansicht einer großen Zahl von Experten wäre das ein klarer Bruch internationalen Rechts. Die Regierung in London bestreitet das jedoch.
Aus der EU kam bereits im Vorfeld Kritik. Der Alleingang schade dem gegenseitigen Vertrauen und sorge für Unsicherheit, hatte Kommissionsvize Maroš Šefčovič bereits am Montagmorgen mitgeteilt. Der Präsident des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, der deutsche Konservative David McAllister, bezeichnete einseitige Maßnahmen gegenüber dpa ebenfalls als »nicht akzeptabel«.
Das Nordirland-Protokoll ist Teil des 2019 geschlossenen Brexit-Abkommens. Es sieht vor, daß die zum Vereinigten Königreich gehörende Provinz weiter den Regeln des EU-Binnenmarkts und der Zollunion folgt. Damit sollen Warenkontrollen zum EU-Mitglied Republik Irland verhindert werden, um ein Wiederaufflammen des Konflikts zwischen Gegnern und Befürwortern einer Vereinigung der beiden Teile Irlands zu verhindern. Dafür ist nun jedoch eine innerbritische Warengrenze entstanden.