Leitartikel23. März 2016

Links blinken, rechts überholen

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Eine leitende Funktion im Nationalbüro der »Jonk Sozialisten« gehört zu den sichersten Karrieresprungbrettern in der luxemburgischen Politik. Mit der Methode »links blinken, rechts überholen« hat es schon Yves Cruchten, JSL-Generalsekretär von 2000 bis 2005, über den Posten des Vizepräsidenten und des Generalsekretärs der LSAP bis in die Chamber gebracht. Als er ins Nationalbüro der Jusos kam, waren Bemühungen seiner Vorgänger um eine sozialistische Grundausrichtung bereits vergessen und die JSL hatte sich in ein Karrierenetzwerk mit Feigenblattfunktion verwandelt, dessen Aktivitäten außerhalb der LSAP kaum noch wahrgenommen werden.

Entsprechend mäßig war das Medieninteresse am letzten Nationalkongreß der JSL, der sich dem im Internet veröffentlichten Kongreßbericht zufolge auf Durchhalteparolen für die in Wählerbefragungen deutlich abgerutschte LSAP und das Deklamieren der eigenen, ganz dezent nach links abweichenden Forderungen beschränkte. So erklärte der neue Jusopräsident gegenüber dem Bistumsblatt, die Parteijugend habe sich in Sachen Steuerreform »eigentlich (…) eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent und eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer erwartet«. Auch mit der geplanten weiteren steuerlichen Entlastung der Unternehmen sei der Nachwuchs nicht einverstanden.

Verhaltene Kritik übte der Oberjuso, der seit 2010 auch Mitglied der Mutterpartei ist, in diesem Zusammenhang auch an der innerparteilichen Meinungsfindung: »Obwohl wir die LSAP darum baten, von der LSAP bei den parteiinternen Vorschlägen zur Steuerreform eingebunden zu werden, geschah nichts dergleichen.« Daneben gab es dem Bericht zufolge »reichlich Kritik« an Regierung und Mutterpartei »in Sachen TTIP« und der von den Jusos als Gastredner eingeladene Präsident der Salariatskammer durfte demnach die sozialen Folgen sozialdemokratischer (und konservativer) Regierungspolitik schildern.

Daraufhin verabschiedete der Kongreß einstimmig eine »Resolution zum Kampf gegen Ungleichheiten«, die unter anderem die Forderung nach einer Manipulation des Warenkorbs, mit dem die Inflation berechnet wird, enthält. Wie die CSV zu den letzten Chamberwahlen wollen auch die Jusos »Benzin, Tabak und alkoholische Getränke aus dem Indexkorb ausschließen«, weil diese Produkte die Umwelt oder die Gesundheit schädigten.

Solche Pläne sind weder neu, noch sind sie auf Luxemburg beschränkt. Der mittlerweile abgelöste erste ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hatte bereits 1993 als belgischer Budgetminister den »Gesundheitsindex« erfunden, bei dem Tabak, Alkohol und Treibstoffe aus dem Indexwarenkorb genommen werden, und 2011 brachte der damalige belgische Premier Yves Leterme den »Ökoindex« ins Spiel, bei dem sämtliche Energieprodukte aus dem Warenkorb ausgeschlossen werden.

Angesichts dieser salariatsfeindlichen Forderung hätten die Jusos besser daran getan, sich vom anwesenden Jean-Claude Reding die Funktionsweise des Index erklären zu lassen. Um ein Sinken der Reallöhne zu verhindern, kommt es eben darauf an, daß die Preisänderungen der wichtigsten Güter möglichst umfassend und genau in die Berechnungen einfließen. Die nachträgliche Anpassung der Löhne an die Inflation führt schließlich genausowenig zu einer Erhöhung des Alkohol-, Tabak- oder Spritkonsums wie die Aufnahme von Einkünften aus Prostitution, Drogenhandel und dem Schmuggel von Alkohol und Tabak in die Berechnung der Jahreswirtschaftsleistung zu einer Erhöhung der Nachfrage nach diesen Gütern und Dienstleistungen geführt hätte.

Oliver Wagner