Die Hexenjagd auf kranke Arbeiter hat bereits begonnen
Seit es keine Kommunisten mehr in der Chamber gibt, findet die Arbeitswelt ohnehin kaum noch Eingang in die Hohe Körperschaft, umso mehr Chamber und Regierung da sind, um die bestmöglichen gesetzlichen Bedingungen für die Ausbeutung der Arbeitskraft zu garantieren.
Viele Gewerkschaftsmilitanten wissen aus eigener Erfahrung, dass der Druck auf die Beschäftigten in einer Reihe von Wirtschaftsbereichen und zahlreichen Betrieben während der vergangenen Jahre immer größer wurde. Murks und Stress nahmen permanent zu.
Oft, und besonders dort, wo keine starke Gewerkschaft vor Ort war, fraßen die Schaffenden den Ärger über diese Entwicklung in sich hinein und wurden krank. Und selbst in den Betrieben, in denen der wachsenden Ausbeutung infolge des gewerkschaftlichen Widerstands Grenzen gesetzt waren, retteten manche Kolleginnen und Kollegen sich in einen Krankenschein, wenn Murks und Hetze wegen systematischer Personaleinsparungen und eines immer größeren Arbeitsvolumens überhandnahmen.
Andere wiederum schleppten sich trotz hohen Fiebers zu ihrem Arbeitsplatz, weil sie negative Konsequenzen befürchteten oder nicht schuld daran sein wollten, dass den Kollegen die Anwesenheitsprämie nicht ausbezahlt würde.
Das Patronat hat noch immer genügend Mittel, um die Schaffenden unter Druck zu setzen, und aus Vor-Corona-Zeiten gibt es genug Beispiele dafür, wie Betriebschefs kranke Belegschaftsmitglieder drangsalierten, und Patronatsvereinigungen zur Jagd auf Kranke aufriefen, um die Abwesenheitsquote zu senken.
Mit der Corona-Pandemie wurden die Bedingungen in vielen Betrieben noch verschärft, was auch dazu führte, dass die mentale Belastung vieler Lohnabhängiger größer wurde, und die Zahl der schweren Depressionen zunahm. Unzählige Beschäftigten sind einem wachsenden Zeitdruck ausgesetzt, weil viele Kolleginnen und Kollegen sich mit dem Virus infizierten und zuhause bleiben müssen, die Produktion aber nicht herabgesetzt, sondern mit weniger Personal aufrechterhalten wird. Mit der ansteckenderen Omicron-Variante wurde das nicht besser.
Als sei das nicht genug, scheint man sich in gewissen Patronatskreisen darauf vorzubereiten, die Pandemie, die sie bereits nutzen, um zuvor ausgearbeitete Abbaupläne aus der Schublade zu nehmen, nun dazu zu mißbrauchen, um die Jagd auf Kranke wieder aufzunehmen.
Aus einem Flugblatt des OGBL an die Stahlarbeiter geht hervor, dass ArcelorMittal offenbar entschieden hat, den Druck auf die Beschäftigten zu erhöhen. Belegschaftsmitglieder, die während der vergangenen 12 oder 24 Monate die Abwesenheitsquote von drei Prozent überschritten haben, weil sie mehrmals krank waren, sich mit dem Corona-Virus angesteckt hatten oder in Quarantäne gehen mussten, werden zu einem Gespräch zitiert, auf mögliche »Konsequenzen« aufmerksam gemacht und gezwungen, einen vorab verfassten Wisch über ihre Abwesenheiten gegenzuzeichnen.
Die Hexenjagd auf Kranke scheint wieder begonnen zu haben. »Wehret den Anfängen!« kann man den Schaffenden und ihren Gewerkschaften nur empfehlen. Gerade jetzt sind konsequentes Handeln und Solidarität erfordert.