Ausland10. August 2017

Militante »Hilfestellung«

USA-Truppen sind erneut im Süden der Philippinen im Einsatz

Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte mit USA-Außenminister Rex Tillerson am 7. August in Manila


Seit Herbst vergangenen Jahres hat der philippinische Präsident Rodrigo R. Duterte mehrfach verkündet, er sei »zwar kein Kommunist«, doch »der erste sozialistische Präsident« des Inselstaates. Die einstige Kolonialmacht USA (1898–1946), so Duterte, habe viel Unheil über das Land gebracht, so daß er die mit Washington bestehenden bilateralen Verträge überprüfen, die beidseitigen Militärmanöver ab 2017 aussetzen werde und statt dessen eine engere Kooperation mit Peking und Moskau anstrebe. China hat Manila Kredite in Höhe von umgerechnet 24 Milliarden US-Dollar in Aussicht gestellt, während die russische Marine bereits in Manila vor Anker ging.

Ausgerechnet auf seiner ersten Rußland-Reise erreichte den Präsidenten die Nachricht aus seinem Heimatland, daß sich seit dem 23. Mai Regierungstruppen mit Kämpfern der dschihadi¬stischen Abu-Sayyaf- und Maute-Gruppen in Marawi City, im Zentrum der größten südlichen Insel Mindanao gelegen, Gefechte liefern. Die Lage war zu der Zeit unübersichtlich. Offensichtlich mißlang der Armee eine Operation zur Ergreifung des international als »Topterrorist« eingestuften Abu-Sayyaf-Führers Isnilon Hapilon. Dessen Operationsgebiet war bis dahin die weiter südlich gelegene Insel Basilan, wo er mit seiner Gefolgschaft den Treueid auf den »Islamischen Staat« geleistet hatte und von diesem als Emir anerkannt worden war. Hapilon war es gelungen, sich unerkannt nach Marawi durchzuschlagen, um sich dort mit der lokalen Maute-Gruppe zu verbünden.

Noch am Abend des 23. Mai unterzeichnete Präsident Duterte in Moskau die Proklamation 216, mit der er das Kriegsrecht über den gesamten Süden der Inselrepublik verhängte, das zwischenzeitlich bis zum 31. Dezember verlängert wurde. Der Präsident brach seine Rußland-Reise kurzerhand ab und versicherte seinen Landsleuten bei seiner Rückkehr in Manila, die »Krise in Marawi« schnellstmöglich zu lösen. Doch bis heute dauern die Kämpfe in der weitgehend zerstörten Stadt an – laut offiziellen Angaben mit mehr als 700 Toten, darunter 528 »militante Kämpfer« und 122 Regierungssoldaten und Polizi¬sten.

Während sich Duterte anfangs »überrascht« zeigte, daß überhaupt USA-Soldaten vor Ort operierten, wurde zunehmend klarer, daß deren Einsatz sich nicht nur auf logistische und nachrichtendienstliche Unterstützung beschränkte, sondern sie auch in direkte Kampfeinsätze einbezogen sind. Die Regierungstruppen sind zwar erprobt im Dschungelkrieg, für einen Häuserkampf aber, in dem um jedes Gebäude gekämpft wird, sind die Soldaten nicht ausgebildet.

Einen Monat nach Beginn der Kampfhandlungen in Marawi erklärte Armee-Sprecher Restituto Padilla: »Es gibt vor Ort USA-Personal, dessen genaue Zahl ich allerdings nicht kenne, das lediglich dem Western Mindanao Command (Westmincom) Hilfestellung leistet.« Das Westmincom mit Sitz in Zamboanga City ist für die Kriegführung in Marawi zuständig und war bis zum Frühjahr 2015 auch Heimstätte der Joint Special Operations Task Force Philippines unter direktem USA-Befehl. Teile dieser Einheit waren am 25. Januar 2015 in eine gescheiterte Antiterroroperation verwickelt, in deren Verlauf allein 44 Mitglieder der Nationalpolizei gestorben waren.

Zeitgleich mit dem Manila-Besuch von USA-Außenminister Rex Tillerson, der anläßlich des 50. Gipfeltreffens des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN in der philippinischen Hauptstadt weilte und dort am Montag mit Präsident Duterte zusammentraf, tauchten in Washington und Manila Medienberichte auf, denen zufolge die USA-Luftwaffe Einsätze in Marawi erwäge.

Es ist kein Zufall, daß fast zeitgleich mit den »Ereignissen« in Marawi Duterte die Friedensverhandlungen mit dem linksgerichteten Untergrundbündnis der Nationalen Demokratischen Front (NDFP) für gescheitert und die NDFP zum nächsten Feind erklärte. So haben in Manila heute jene (Ex-)Militärs das Sagen, die stets einen stramm proamerikanischen Kurs favorisierten und einen Dialog mit Linken ablehnten: Kriegsminister Delfin Lorenzana, Sicherheitsberater Hermogenes Esperon sowie Generalstabschef Eduardo Año.

Rainer Werning