Junge Erwachsene wohnen länger bei ihren Eltern
Eurostat: Durchschnittliches Auszugsalter in Luxemburg in zehn Jahren um mehr als sieben Monate gestiegen
Junge Erwachsene in Luxemburg werden immer mehr zu »Nesthockern«: Im vergangenen Jahr betrug das durchschnittliche Auszugsalter 26,8 Jahre, heißt es in einem am Montag vom EU-Statistikamt Eurostat veröffentlichten aktualisierten Datensatz, der auf Schätzungen beruht. Das ist fast fünf Monate später als das EU-weite Durchschnittsalter (26,4 Jahre) und mehr als sieben Monate später als das durchschnittliche Auszugsalter in Luxemburg im Jahr 2012.
Über die Gründe der jungen Erwachsenen gaben die EU-Statistiker keine Auskunft, aber es gibt viele: eine lange Ausbildung, Erwerbslosigkeit, ein befristeter Arbeitsvertrag (CDD) oder – und das dürfte der Hauptgrund sein – die hierzulande stetig steigenden Mieten, vor allem da, wo Ausbildungs- oder Arbeitsplätze angeboten werden.
Daß neben den jewiligen kulturellen Rahmenbedingungen vor allem ökonomische Zwänge bei der Frage, ob man den Aufenthalt im »Hotel Mama« beenden soll oder nicht, maßgeblich sind, läßt auch der EU-weite Vergleich vermuten: Die höchsten Auszugsalter mit 30 und mehr Jahren hat Eurostat in Kroatien mit 33,4 Jahren, der Slowakei (30,8 Jahre), Griechenland (30,7), Bulgarien und Spanien (jeweils 30,3), Malta (30,1) und Italien (30,0) verzeichnet. Im Gegensatz dazu wurde das niedrigste durchschnittliche Auszugsalter – alle unter 23 Jahren – in Finnland (21,3 Jahre), Schweden (21,4), Dänemark (21,7) und Estland (22,7) festgestellt.
Neben dem Großherzogtum ist das Durchschnittsalter junger Menschen, die ihr El-ternhaus verlassen, zwischen 2012 und 2022 in 13 weiteren EU-Ländern gestiegen. Um ein Jahr und zehn Monate – und damit am stärksten – in Kroatien, gefolgt von Griechenland (ein Jahr und acht Monate) und Spanien (ein Jahr und sieben Monate). Im Jahr 2012 war der niedrigste Durchschnittswert in der EU in Schweden zu verzeichnen, wo junge Menschen ihr Elternhaus mit knapp 20 Jahren verließen; innerhalb von zehn Jahren ist auch dieser Wert um anderthalb Jahre gestiegen.
Wie in den anderen EU-Ländern verlassen auch hierzulande Töchter den elterlichen Haushalt im Durchschnitt früher als Söhne. 2022 lag das Auszugsalter männlicher Kinder in Luxemburg bei durchschnittlich 27,1 Jahren. Junge Männer sind damit fast fünf Monate älter als vor zehn Jahren, wenn sie in die eigenen vier Wände ziehen. Junge Frauen beziehen schon mit durchschnittlich 26,6 Jahren eine eigene Wohnung, doch auch unter ihnen ist das Auszugsalter in zehn Jahren gestiegen – sogar um fast elf Monate.
Weniger dem Service im »Hotel Mama« oder der Un-fähigkeit, »sich abzunabeln« als ihrer Finanzlage ist es in aller Regel geschuldet, daß arbeitslose und/oder schlecht ausgebildete junge Männer länger bei ihren Eltern wohnen bleiben als Gleichaltrige. Bei jungen Frauen spielt hingegen das durchschnittliche Erstgeburtsalter eine Rolle.
Zwar sind die Eurostat-Statistiker nicht auf die unterschiedlichen Besitzverhältnisse in EU-Europa eingegangen, aus der bevölkerungsgeographischen Forschung ist aber bekannt, daß es umso mehr »Nesthocker« gibt, je mehr Eltern sich ein Eigenheim leisten können. Auch bleiben junge Leute, die aus einem Elternhaus mit Wohneigentum kommen, in der Regel länger dort wohnen als junge Leute, deren Eltern zur Miete wohnen. Weiter ist bekannt, daß der Nachwuchs aus bessergestellten oder reichen Elternhäusern eher dazu neigt, sein Geld in teure Fahrzeuge, Reisen oder Kleidung zu stecken, statt in eine eigene Wohnung.