Warum es im reichen Luxemburg immer mehr Arme gibt
Das Sozialpanorama 2016 der »Chambre des salariés«, das diese Woche veröffentlicht wurde, hält fest, dass das Armutsrisiko in Luxemburg weiter gestiegen ist, so dass inzwischen jeder 6. Einwohner von Armut bedroht oder arm ist.
Am meisten betroffen sind die Arbeitslosen und die Alleinerziehenden. Aber auch immer mehr der inzwischen 58.000 Mindestlohn-Bezieher haben größere Schwierigkeiten, die beiden Enden zum Monatsende zusammenzubekommen.
Das ist erschreckend, aber natürlich keine neue Erkenntnis, denn die Armut nahm innerhalb von zehn Jahren, aber besonders seit dem Beginn der kapitalistischen Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahre 2008, massiv und systematisch in Luxemburg zu.
Weil Armut im reichen Luxemburg keine Folge von Naturkatastrophen, sondern ein Produkt politischer, wirtschaftlicher und sozialer Entscheidungen ist, hätte man annehmen können, dass die Regierung, das Parlament und die staatstragenden Parteien, die ansonsten bei jeder Gelegenheit von »Nächstenliebe« reden, Himmel und Hölle in Bewegung setzen würden, um die Armut zurückzudrängen.
Aber genau das Gegenteil passierte, und die Zahl der Einzelpersonen und Familien, die Schwierigkeiten hatten, wurde von Jahr zu Jahr größer. Das ist darauf zurückzuführen, dass sich einerseits die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen im real existierenden Kapitalismus sich verschlechterten, andererseits aber auf Regierungsebene eine Politik durchgeführt wurde, welche Armut geradezu produzierte. Dazu gehören Steuererhöhungen, Indexmanipulation und Sozialabbau ebenso wie wachsende Preise im Gesundheitsbereich. horrende Mietpreise und Niedriglöhne.
Das fälschlicherweise »Zukunftspak« genannte Sparpaket der Regierung, aber auch die Bestrebungen vieler Unternehmer, die Eingangslöhne in den Betrieben zu senken und bisherige soziale Errungenschaften einzuschränken oder abzuschaffen, werden das Armutsrisiko für viele Menschen noch vergrößern.
Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass die für 2017 angekündigte Steuerreform das grundlegend ändern wird, auch wenn die Besteuerung am unteren Ende der Steuertabelle etwas später erfolgen und der Steuerkredit für Niedrigverdiener verdoppelt wird. Das mag für eine bestimmte Anzahl von Familien ein ganzer Batzen sein, aber zu einer Tendenzwende wird das nicht führen. Umso mehr diese Regierung gleichzeitig zum Beispiel eine Reform der Familienleistungen vorlegte, die viele Familien, die zwei oder drei Kinder planen, ärmer machen wird.
Krass ist diese Entwicklung auch deshalb, weil parallel dazu die Reichen immer reicher werden, und die Regierung dem Kapital zusätzliche Steuergeschenke macht und nichts von einer höheren Besteuerung der Kapitaleinkünfte und einer Vermögenssteuer für die Reichen, wie sie die KPL fordert, wissen will.
Ändern wird sich das erst, wenn ein großer Teil der Zehntausenden von Menschen, die von Armut bedroht sind oder Schwierigkeiten haben über die Runden zu kommen, erkennen, dass es notwendig ist, dass sie sich gemeinsam gegen diese salariatsfeindliche Politik zur Wehr setzen.
Ali Ruckert