Deutsche Repräsentanten sorgten rund um den 8. Mai für Kriegsstimmung
Mobilmachung am Gedenktag
Vor zehn Jahren fuhr Angela Merkel am 10. Mai nach Moskau, um der Toten des vom faschistischen Deutschland entfesselten Völkermords in der Sowjetunion zu gedenken. Die damalige Bundeskanzlerin hatte offenbar einen Begriff davon, was die Naziführung an Menschenvernichtung geplant hatte und in welchem Maß sie systematisch verwirklicht worden war. Ein Jahr zuvor wollte sie wegen der Sezession der Krim von der Ukraine und ihres Beitritts zur Russischen Föderation am 9. Mai allerdings nicht an den Feierlichkeiten zum »Tag des Sieges« teilnehmen. Das war eine halbherzige Manipulation des Gedenkens.
In diesem Jahr sind alle Skrupel gefallen, die Instrumentalisierung für Kriegstüchtigkeit gegen Rußland sorgt für den Verlust elementarer humanistischer Haltung in der deutschen politischen Führung. Rund um den 8. Mai wurde der Staatsdoktrin »Feindschaft mit Rußland« alles untergeordnet, der Gedenktag selbst war lästige Pflicht und Nebensache. So teilte der am Vortag ins Amt gekommene Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU), ehemals Bürgermeister der Eifelgemeinde Arzfeld, den Teilnehmern des »NRW-Mobilitätsforums« in Gelsenkirchen am 8. Mai laut »Handelsblatt« per Video mit: »Hier in Berlin ist heute Feiertag. Bei Ihnen wird gearbeitet … So ist es auch richtig.« Das »Handelsblatt« weiter: »In den Ministerien und Ressorts in Berlin, so Schnieder, existiere dieser Feiertag, der 8. Mai in Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs, ohnehin nur auf dem Papier.« Ob Schnieder jemals ein Buch wie »Abgang durch Tod« über »Zwangsarbeit im Kreis Schleiden 1939-1945«, das der Journalist Franz Albert Heinen 2018 über den Massenmord an Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern in der deutschen Eifel veröffentlicht hat, zur Kenntnis nahm?
Auf solchem Ausradieren von Gedächtnis läßt sich aufbauen. Also sagten weder Bundestagspräsidentin Julia Klöckner noch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei ihren Ansprachen im Bundestag am 8. Mai etwas über den Völkermord, den der deutsche Faschismus in der Sowjetunion beging, verloren sie kein Wort über die entscheidende Rolle der Roten Armee bei der Niederschlagung der Barbarei und vermieden sorgfältig das Wort Versöhnung bei der Erwähnung Rußlands. Klartext zum 8. Mai hatte Steinmeier zudem bereits zehn Tage zuvor gesprochen: Er referierte am 28. April im Brüsseler NATO-Hauptquartier über 70 Jahre Mitgliedschaft »Deutschlands« in der Allianz und log: »Putin hat den Krieg zurück auf diesen Kontinent gebracht.« Der Angriffskrieg der NATO 1999 zur Abtrennung des Kosovo von Serbien hat für seinesgleichen nie stattgefunden. Der damalige russische Ministerpräsident Jewgeni Primakow erfuhr vom Kriegsbeginn auf einem Flug nach Washington und ließ seine Maschine umkehren. Primakow wußte, wer gemeint war. Die Büchse der Pandora war geöffnet.
Ganz im Sinne des 1999 Begonnenen war am 8. Mai 2025 Kriegshetze gegen Rußland im Bundestag Pflicht. Einer, der den Feldzug führen soll, Generalmajor Christian Freuding, Leiter des Lagezentrums Ukraine im Ministerium für »Verteidigung«, saß an diesem Tag in Kiew auf dem Podium des 17. Sicherheitsforums der Arseni-Jazenjuk-Stiftung und wiederholte seine im Februar geäußerte Ansicht, der Ukraine-Krieg sei »auch unser Krieg«. Die Koalition des Westens gegen Rußland setzte er an diesem 8. Mai mit der Antihitlerkoalition gleich und erhob den Sieg über Rußland zur »moralischen Verpflichtung unserer Generation«.
Noch fehlte dem NATO-Stellvertreterkrieg das Etikett »antifaschistisch«. Wie am Montag Susann Witt-Stahl in der Tageszeitung »junge Welt« berichtete, traf sich Freuding in Kiew auch mit »Asow«-Kommandeur Oleg Romanow, der aus seinem Bekenntnis zum Nazismus kein Hehl macht. Der Kreis schließt sich.