Ausland

Medwedjew in Havanna

Russischer Ministerpräsident trifft kubanischen Präsidenten Díaz-Canel und Parteipräsident Castro. »Strategische Partnerschaft« wird vertieft

Bei einem zweitägigen Besuch des russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedjew in Havanna haben Rußland und Kuba ihre strategische Partnerschaft weiter ausgebaut. In Anwesenheit des Gastes und des kubanischen Staatspräsidenten Miguel Díaz-Canel unterzeichneten Vertreter beider Länder am Donnerstag acht bilaterale Kooperationsverträge. Die Abkommen betreffen Projekte in der Automobil- und Eisenbahnindustrie, der Biotechnologie, der Landwirtschaft, im Energiesektor und zum Ausbau der Digitaltechnik (Zeitung vom 5. Oktober)

 »Diese Verträge dokumentieren mehr als alle Worte unser Interesse an einer Stärkung der strategischen Zusammenarbeit« , erklärte Medwedjew nach seinen Gesprächen mit Díaz-Canel und dem Ersten Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas (PCC), Raúl Castro. Auf einer Pressekonferenz verurteilte der russische Regierungschef die USA-Sanktionen gegen das Land. Die Tatsache, daß Kuba sich der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade seit sechs Jahrzehnten erfolgreich widersetzt, zeige, daß die aggressive Politik Washingtons gescheitert sei und daß alle Versuche, einen sogenannten Regime-Change durch Druck und Gewalt herbeizuführen, keine Aussicht auf Erfolg hätten. Anders als in den USA habe Kuba in Rußland »loyale Freunde und einen zuverlässigen Partner« , versicherte Medwedjew.

Am Freitag stand unter anderem die Eröffnung der ersten Anlage für horizontale Bohrungen im Rahmen eines russisch-kubanischen Ölförderprojekts in der 43 Kilometer östlich von Havanna gelegenen Provinz Mayabeque auf dem Programm der Besucher. Die kubanische Ölgesellschaft Cupet und das russische Staatsunternehmen Sarubeschneft beuten in der Anlage bei Boca de Jaruco gemeinsam die dort gelegenen Erdölfelder aus.

Vor dem Besuch Medwedjews hatte dessen Stellvertreter Juri Borissow in der vorvergangenen Woche gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Sputnik bereits weitere Kooperationen zur Modernisierung der kubanischen Energiewirtschaft angekündigt. »Die Umsetzung dieses Programms wird es Kuba ermöglichen, die Ölversorgung aus dem Ausland um ein Drittel zu reduzieren und 1,8 Milliarden US-Dollar an Devisen einzusparen« , erklärte Borissow.

Damit kann die sozialistische Insel künftig zumindest teilweise die Verluste durch den Ausfall von Öllieferungen kompensieren, die durch US-amerikanische Strafmaßnahmen gegen Reedereien verursacht werden. Zur besseren Energiebilanz sollen unter anderem auch Verträge über die Reparatur und Modernisierung von zehn Kraftwerksblöcken der in der Nähe von Havanna gelegenen Wärmekraftwerke »Ernesto Guevara« , »Máximo Gómez« und »Antonio Maceo« beitragen. Als Beispiel für die Entwicklung der Zusammenarbeit wies Borissow darauf hin, daß das Handelsvolumen zwischen Rußland und Kuba im vergangenen Jahr bereits um 34 Prozent gestiegen sei und bis Ende dieses Jahres ein Volumen von 500 Millionen US-Dollar (456 Millionen Euro) erreicht werden könne.

Medwedjew wurde von einer großen Delegation aus Vertretern russischer Wirtschafts- und Handelsunternehmen begleitet, der auch der Direktor der russischen Eisenbahngesellschaft, Oleg Belosjorow, angehörte. Bei einem Treffen mit dem kubanischen Verkehrsminister Eduardo Rodríguez sicherte Belosjorow Unterstützung bei der Sanierung von unter anderem mehr als 1.000 Kilometern Bahnstrecke und der Reparatur von Brücken zu. Andere Verträge beziehen sich auf die Wartung von russischen Flugzeugen, die zur Flotte der Gesellschaft Cubana de Aviación gehören, die Lieferung von Walzwerken zur Herstellung von Drahtgeflechten und Stahlprodukten sowie die Ausbildung von Zollbeamten.

Am 5. September hatten beide Länder bereits eine Vereinbarung zur Gründung des ersten Joint-ventures auf der Insel unterzeichnet. Das neue Unternehmen, das seinen Sitz in der Sonderwirtschaftszone Mariel hat, will sich auf die Produktion von Glasfaserverbundstäben spezialisieren. Mit dem Bau der Fabrik soll schon im November begonnen werden. »Wir werden Kuba auch künftig in allen Bereichen unterstützen« , versicherte Medwedjew vor seiner Abreise. Miguel Díaz-Canel dankte den Gästen vor allem für die konsequente Ablehnung der völkerrechtswidrigen USA-Blockade durch Moskau. Der kubanische Präsident kündigte an, daß er Ende Oktober nach Rußland reisen werde, und lud seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin gleichzeitig zu einem baldigen Besuch Kubas ein.

Volker Hermsdorf

Rußlands Ministerpräsident Dmitri Medwedjew (r.) wurde von Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel mit militärischen Ehren in Havanna empfangen (3.10.2019) (Foto : Ernesto Mastrascusa/EPA-EFE)