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Sachen zum Lachen
Derzeit bekommen alle, die ihren Sekundarschulabschluß geschafft haben, Post vom Erziehungsministerium, datiert mit dem 25. August, unterschrieben von Tom Muller, Direktor der Berufsausbildung. Den »lieben Laureatinnen und Laureaten der Promotion 2024/2025« wird mitgeteilt, mit ihrem erfolgreichen Abschluß beginne eine neue Etappe im Leben, in der sie mit vielen neuen Fragen und Herausforderungen konfrontiert seien.
Vielleicht seien sie gerade auf der Suche nach einem Studien- oder Arbeitsplatz, hätten aber noch keinen gefunden. Vielleicht fühlten sie sich auch noch nicht bereit, den Schritt auf die Uni oder ins Berufsleben zu wagen. Um die Übergangszeit sinnvoll zu nutzen, gebe es die Möglichkeit, sich mit Diplom+ weiterzubilden. Diese Ausbildung biete ein Plus an Kompetenzen und bereite bestmöglich auf das Leben vor. Weitere Informationen und die Anmeldeart gebe es auf dem beigelegten Flyer sowie auf www.diplomplus.lu.
Tom Muller geht offenbar davon aus, das »Reifezeugnis«, wie der Sekundarschulabschluß früher genannt wurde, sei heute kein Beweis mehr für geistige Reife und jene, die es geschafft haben, seien keinesfalls bestmöglich auf das Leben vorbereitet. Das mag stimmen, denn auf das praktische Leben ist niemand vorbereitet, der nicht weiß, wie er eine Steuererklärung ausfüllt.
Die Beschäftigungstherapie besteht aus einer gemeinsamen Ausbildung und vier sogenannten Packs, über die der Beipackzettel aber aus dem Titel gar nichts verrät. Im Internet findet sich auch nicht viel mehr:
»Pack 1: Management (Projektmanagement, Change Management, Leadership etc.)
Pack 2: Digital (Cybersécherheet, KI, digitale Marketing etc.)
Pack 3: Art (Innendesign, Graffiti, Manga etc.)
Pack 4: Social (sozial Beruffer, Pedagogik, Inclusioun etc.)«
Das klingt nach einer Ansammlung von Schlagwörtern, nicht nach einem durchdachten Programm. Auch die Ergänzung namens »Praktisches Projekt«, die aus einem Praktikum in einem Betrieb oder in einer Organisation besteht, um die erworbenen Kompetenzen weiterzuentwickeln und Erfahrungen zu sammeln, kann nur attraktiv sein für solche, die nie in den Ferien einer Arbeit nachgegangen sind.
Lächerlich oder schockierend (besser für die Magennerven ist es wohl, darüber zu lachen) ist, was im gemeinsamen Teil geboten werde. Da soll gelernt werden, zu lernen. Kommt reichlich spät nach dem Reifezeugnis, denn das müßte eigentlich in einer ersten Etappe der Grundschule geboten werden, vertieft im ersten Sekundarschuljahr, auf keinen Fall aber nach erfolgreichem Sekundarschulabschluß!
Ebenso zu spät kommt das Kapitel Zeit- und Stress-Management. Das müßte allerspätestens am Anfang des Abschlußjahres stehen für eine optimale Examensvorbereitung, damit kein Streß aufkommt, aber sinnvollerweise schon viel früher, damit in jedem Trimester keine Probleme in der Prüfungszeit entstehen. Sowas wurde früher im sechsten Schuljahr erklärt, als es noch ein Aufnahme-Examen gab. Es ist das tatsächlich in Vergessenheit geraten, umso mehr auch das Passage-Examen nur noch eine ferne Erinnerung ist.
Wem es also nicht gelungen ist, trotzdem zu begreifen, wie man am besten lernt und seine Zeit einteilt, um nicht in eine Streßsituation zu kommen, und das jetzt erst lernen müßte, könnte eigentlich nur am Abschlußexamen gescheitert sein. Präsentation und Kommunikation wird für den Erfolg da auch gebraucht worden sein, letzteres besonders für den mündlichen Teil des Examens.
Quer durch den Gemüsegarten steht dann noch Berufsorientierung, Vorbereitung auf die Anstellung, Erste Hilfe allgemein und Erste Hilfe für mentale Gesundheit, praktische Kompetenzen im Alltag (zum Beispiel: Wie bestelle ich ordentlich ein Bier oder eine Baguette auf Französisch?), KI-Grundlagen (wovon wohl alle Sekundarschulabgänger mehr verstehen als die meisten ihrer Professoren) und – Überraschung – Sensibilisierung für Umweltschutz als letzten Punkt.
Geboten wird das auf Esch-Belval, in Luxemburg-Stadt und in Ettelbrück unter Benutzung der Sprachen Luxemburgisch, Französisch, Deutsch und Englisch, wobei die Module einzeln bewertet werden, wenn man zumindest 80 Prozent der Zeit anwesend war außer beim Modul Erste Hilfe, wo 100 Prozent Anwesenheit verlangt ist. Mit diesen Teilnahmebestätigungen kann man sich dann wahrscheinlich die Toilette tapezieren, denn das wird kaum wen interessieren.
Es gibt ein Sommer- und ein Wintersemester, wobei man sich für die Informationsveranstaltung für letzteres bis zum 8. September einschreiben muß. Kursteilnehmer gelten als Schüler mit 25 Wochenstunden, was folglich ein Anrecht auf Kindergeld ergibt für die sechs Kursmonate. Das ist allerdings wohl der einzige Vorteil, der aber auf jeden Fall schon deutlich unter dem zweifachen des Mindestlohns liegt.
Wer also wirklich nicht weiß, was mit seiner Zeit angefangen werden kann, und wer 25 Wochenstunden im Winter in einem geheizten Raum verbringen will, kann sich über das Formular auf www.diplomplus.lu anmelden, wissend daß er sich dann weder beim Arbeitsamt als arbeitsuchend noch an einer Universität für diese Zeit einschreiben darf, außer er meldet sich vom Kurs ab.