Ausland30. September 2009

Klage in Tschechien gegen EU-Vertrag

Prag – Nur vier Tage vor der erzwungenen Wiederholung des Referendums zum EU-Vertrag in Irland droht Tschechien mit einer weiteren Hängepartie. Der Senat rief am Dienstag das Verfassungsgericht an, um die Verfassungsmäßigkeit des Lissabon-Vertrages prüfen zu lassen. Durch die Entscheidung wird das Ratifizierungsverfahren hinausgezögert.

Präsident Václav Klaus, ein entschiedener Kritiker der Reform, will mit seiner Unterschrift in jedem Fall auf das Urteil des tschechischen Verfassungsgerichtes warten. Geprüft werden soll insbesondere, ob die Souveränitätsgarantien für Irland zur Abtreibungs- und Sicherheitspolitik den bisherigen Vertrag nicht so stark verändern, daß er abermals von den anderen EU-Mitgliedsländern neu ratifiziert werden müßte.

Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana erklärte als Reaktion auf die neuerliche Anrufung des tschechischen Verfassungsgerichtshofs durch die Senatoren, angesichts der Weltwirtschaftskrise wäre es »absurd, die EU daran zu hindern, ihr volles Potenzial zu entfalten«. »Die EU braucht den Vertrag, und die Welt braucht eine EU in guter Form. Daran muß jeder verantwortungsbewußte Mensch in der Welt mitwirken«, behauptete Solana.

Die Iren stimmen am Freitag im zweiten Anlauf erneut über den Vertrag ab, der bereits beim Referendum im vergangenen Sommer mit einer Mehrheit von 53,4 Prozent deutlich abgelehnt worden war. Neben Tschechien steht auch in Polen die Ratifizierung noch aus. Außer in Irland, wo die Volksabstimmung per Verfassung vorgeschrieben ist, hat sich keine andere Regierung eines EU-Landes getraut, die Wähler nach ihrer Meinung zu fragen. In den meisten Ländern wurde das Dokument nach zahlreichen Änderungen durch die Parlamente gewinkt, ohne daß die Abgeordneten sich mit seinem Inhalt beschäftigt hatten.