Frankreichs Präsident Macron beendete Vietnambesuch
Unbeschadet kontroverser Standpunkte herrschte Konsens zu »Business as usual«
Am Dienstag beendete der auf Einladung seines Amtskollegen Luong Cuong in die Sozialistische Republik Vietnam gereiste französische Staatspräsident Emmanuel Macron seinen dreitägigen Staatsbesuch in dem südostasiatischen Land. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Präsident Cuong lobte er der Vietnam News Acency (VNA) zufolge die Stärke der bilateralen Beziehungen und brachte seinen Wunsch zum Ausdruck, weiter mit Vietnam zusammenzuarbeiten, um die gemeinsamen Herausforderungen zu bewältigen und eine erfolgreiche Zukunft aufzubauen. Cuong lobte seinerseits die Ergebnisse des Besuchs und hob das wachsende strategische Vertrauen zwischen beiden Ländern hervor.
Macron, der von mehreren Ministern, darunter der Ressorts für Wirtschaft und Finanzen und dem für Verteidigung, begleitet wurde, unterzeichnete mehr als ein Dutzend Abkommen in den Bereichen Verteidigung, Atomkraftnutzung und Handel, darunter ein Vertrag, den der Präsident der größten privaten vietnamesischen Fluggesellschaft Vietjet, Nguyen Thi Phuong Thao, und Wouter van Wersch, Chef von Airbus International, im Beisein Macrons und Cuongs über die Lieferung von 20 Großraumflugzeugen vom Typ A330neo abschlossen. Im Mittelpunkt der stärkeren bilateralen Kooperation standen Schlüsselsektoren wie Verkehr, Energie, zivile Kernenergie und künstliche Intelligenz, darunter besonders im Schienenverkehr und der Kernenergie, wo Frankeich »international anerkannte Spitzenleistungen« vollbringe.
Zusammen mit dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams, Tô Lâm, besuchte Macron im Westen der Altstadt Hanois den Literaturpalast Quoc Tu Giam. Der vor fast 1.000 Jahren erbaute Tempel war Vietnams erste nationale Universität. Anschließend besuchten sie das Pfahlhaus von Präsident Ho Chi Minh an der Gedenkstätte des großen vietnamesischen Führers im Präsidentenpalast und pflanzten einen Freundschaftsbaum.
Der Besuch fand vor dem Hintergrund der Drohungen der USA mit hohen Zöllen auf Waren aus EU-Europa, aber auch auf vietnamesische Importe, auf die im April Zölle von 46 Prozent verhängt wurden, statt. Der französische Präsident erinnerte daran, daß Frankreich das erste EU-Land ist, das eine umfassende strategische Partnerschaft mit Vietnam aufgebaut hat. Das markiere eine neue Etappe in den bilateralen Beziehungen in allen Bereichen, einschließlich Handel, Wissenschaft und Technologie, Bildung und Verteidigung. Er bekräftigte, daß diese Partnerschaft neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern sowie zwischen ASEAN und der EU eröffnen werde.
Wie VNA weiter anführte, wurden die Kooperationsmechanismen ausgebaut. So fand in Hanoi ein erster Maritimer Dialog statt, in Paris ein Gipfel über künstliche Intelligenz und zuletzt wieder in Hanoi zum bereits vierten Mal ein Gipfel zur Förderung von Grünem Wachstum und zur Erreichung der UNO-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. Mit einem Handelsumsatz von 5,42 Milliarden US-Dollar, der in den ersten vier Monaten des Jahres 2025 um weitere 1,79 Milliarden US-Dollar anstieg, ist Frankreich Vietnams fünftgrößter Handelspartner aus Europa. Das Land steht mit 700 Investitionsprojekten und einem registrierten Gesamtinvestitionskapital von 3,95 Milliarden US-Dollar auf Platz 16 von 147 Ländern und Gebieten, die in Vietnam investieren.
Im Verteidigungsbereich führen beide Seiten auf der Grundlage einer gemeinsamen Erklärung für den Zeitraum 2018 bis 2028 jährlich wechselnde Kooperationen durch und unterhalten strategische Dialoge, darunter im Mai 2024 zwischen Vietnams Verteidigungsminister General Phan Van Giang und seinem französischen Amtskollegen Sébastien Lecornu. In diesem März ankerte die zur französischen Flugzeugträgerkampfgruppe gehörende Fregatte »Provence« in Ho-Chi-Minh-Stadt. Der zur Delegation Macrons gehörende Lecornu besprach mit seinem Amtskollegen den Ausbau der Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit sowie in den Bereichen Cybersicherheit, Verteidigungsindustrie und Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus.
Beide Seiten verpflichteten sich, den Freihandel aufrechtzuerhalten und zu festigen, den gegenseitigen Marktzugang zu erleichtern und das Freihandelsabkommen zwischen Vietnam und der EU (EVFTA) wirksam umzusetzen. Vietnam forderte die rasche Aufhebung der von der EU-Kommission verhängten gelben Karte für seine Fischereiprodukte und die Ratifizierung des Investitionsschutzabkommens zwischen Vietnam und der EU (EVIPA) durch Frankreich.
In den großaufgemachten Berichten von VNA und anderer vietnamesischer Medien spielte es keine Rolle, daß Macron versucht, eine »Koalition der Willigen« für die Fortsetzung des Krieges gegen Rußland in der Ukraine zusammenzuzimmern, während Hanoi an der Seite Rußlands steht und Generalsekretär To Lam am 9. Mai an den Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Sieges über den Faschismus teilgenommen hatte. Das vermittelte den Eindruck eines Konsens zu »Business es usual«, wovon neue französische Investitionen, die auch der kürzlich verstärkten Rolle des vietnamesischen Privatsektors dienen, gehören, während Hanoi seine Exporte ausbaut, um die von USA-Präsident Donald Trump verhängten Zölle zu umgehen. Laut France 24 und AFP sieht Macron Vietnam bei der Verteidigung internationaler Handelsregeln auch als »nützliches Gegengewicht zum wachsenden Einfluß Chinas«.
Macron profitiert von Frankreichs privilegierter Rolle in Vietnam, die noch auf Charles De Gaulle zurückgeht, der als einziger Staatschef eines NATO-Mitglieds nach dem Beginn des Luftüberfalls auf die Demokratische Republik Vietnam 1964 weiter eine Diplomatische Vertretung auf Botschafterebene in Hanoi unterhielt, gegen den USA-Krieg war und Vietnams Friedensbemühungen unterstützte.
Der Besuch in Hanoi war die erste Station einer Südostasienreise, die Macron weiter nach Indonesien und Singapur führt, wo er an der Sicherheitskonferenz Shangri-La teilnimmt.