Ausland28. April 2022

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

»Brain Drain«

EU-Kommission will mehr Fachkräfte anwerben

Brüssel – Die EU-Kommission forciert den »Brain Drain, die Anwerbung von gut ausgebildeten Arbeitskräften in die Europäische Union erleichtern. Damit können die Mitgliedstaaten und vor allem die Unternehmen die Kosten für die Ausbildung sparen und schaffen weitere Möglichkeiten, Arbeitskräfte zu den ihnen genehmen Bedingungen zu beschäftigen. Legale Migration habe rundum positive Auswirkungen, sagte Kommissionsvize Margaritis Schinas (Foto) am Mittwoch in Brüssel. »Sie gibt Migrationswilligen die Möglichkeit, ihre Lebensumstände zu verbessern, und gleichzeitig werden mehr qualifizierte Arbeitskräfte für die Aufnahmeländer gewonnen, die wiederum die Wirtschaft für alle ankurbeln.« Schinas verwies auf einen erheblichen Fachkräftemangel in der EU und betonte: »Migration ist Teil der europäischen DNA.«

Die Kommission schlug nun vor, die Regeln für eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu ändern. Zudem sehen die Pläne der EU-Kommission vor, daß Migranten die notwendigen fünf Jahre für eine langfristige Aufenthaltserlaubnis in Zukunft in verschiedenen EU-Ländern verbringen können sollten. Damit die Vorschläge umgesetzt werden, müssen sich nun noch die EU-Staaten und das EU-Parlament auf eine gemeinsame Linie einigen.

Die EU-Kommission schlägt zudem vor, einen sogenannten Fachkräfte-Pool einzurichten, der Unternehmen und Migranten zusammenbringen soll. Ein Pilot-Projekt soll ab Sommer für die Flüchtlinge aus der Ukraine aufgesetzt werden. Bis Ende des Jahres sollten weitere »Fachkräfte-Partnerschaften« mit Marokko, Tunesien und Ägypten folgen. Von diesen Ländern dürfte die EU-Kommission zugleich Zusagen im »Kampf gegen unerwünschte Migration« einfordern. Künftig will sich die Behörde unter anderem auf die Anwerbung von Pflegekräften konzentrieren.

 

Rußland fordert Bezahlung für Gaslieferungen

Erdgaslieferungen nach Polen und Bulgarien eingestellt

Moskau – Rußland hat nach dem Gaslieferstopp für Polen und Bulgarien anderen Ländern ähnlichen Maßnahmen angekündigt, sollten die Zahlungen beim Staatskonzern Gazprom nicht in Rubel eingehen. Ein entsprechendes Dekret von Präsident Wladimir Putin werde umgesetzt, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch. Putin hatte im März angewiesen, daß »unfreundliche Staaten«, darunter alle EU-Mitglieder, für russisches Gas nur noch in Rubel bezahlen. Zugleich wies Peskow Vorwürfe von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zurück, daß es sich dabei um ein »Erpressungsinstrument« handele.

»Das ist keine Erpressung«, sagte Peskow. Rußland verlange lediglich, daß die Kunden Konten bei der Gazprombank eröffnen, um die Zahlungen abzuwickeln. Demnach können Kunden dort wie bisher weiter in Euro oder Dollar einzahlen, die Bank konvertiert den Betrag und überweist die Rubel an Gazprom. Es gebe keinerlei Mehrbelastungen, sagte Peskow, auch nicht durch Wechselkurse.

Rußland wolle von der EU konstruktive Vorschläge hören, wie die künftigen Beziehungen mit politisch-diplomatischen Methoden gestaltet werden könnten. »Gegenwärtig sehen wir vom Chef der EU-Diplomatie Äußerungen dazu, daß alles auf dem Schlachtfeld entschieden werden soll«, sagte Peskow.

Polen und Bulgarien erhalten seit Mittwoch kein Erdgas mehr aus Rußland. Das Energieministerium in Sofia bestätigte am Dienstagabend, daß das bulgarische Erdgasversorgungsunternehmen Bulgargas eine entsprechende Mitteilung von Gazprom erhalten habe. Kurz zuvor hatten die Regierung in Warschau und der polnische Erdgaskonzern PGNiG mitgeteilt, daß ab Mittwoch keine russischen Gaslieferungen an Polen mehr erfolgen.

Sowohl Polen als auch Bulgarien müssen zur Begleichung ihrer Gasrechnungen zunächst ihre Landeswährung Zloty und Lew in Euro oder Dollar eintauschen. Die Euro oder Dollar gelangen dann jedoch auf ein Konto, über das Gasprom und Rußland nicht verfügen können.

 

Euro auf Talfahrt

Der Euro hat am Mittwoch seine Talfahrt fortgesetzt. Die Währung weitete ihre jüngsten Kursverluste aus und erreichte bei 1,0526 Dollar den tiefsten Stand seit 2017. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0583 (Dienstag: 1,0674) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9449 (0,9368) Euro. Kurzfristig dürfte die USA-Notenbank Fed dem Dollar weiter Rückenwind verschaffen, obschon der Markt bereits umfangreiche Zinserhöhungen in den USA zur Bekämpfung der hohen Inflation erwarte, schrieben Analysten. Zudem könnte die Unsicherheit um verschärfte Rußland-Sanktionen und ihre Auswirkungen auf die Konjunktur in der EU den Euro weiterhin belasten.

Von den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs dürfte die EU nach Meinung vieler Fachleute stärker betroffen sein als die USA. An den Devisenmärkten sei »die Furcht groß, daß eine stärkere konjunkturelle Abschwächung in der Eurozone – oder gar eine Rezession – den geplanten Straffungskurs doch noch durcheinanderwirbeln könnte«, hieß es.

 

Streit in Bulgariens Regierung

Sofia – Der bulgarische Regierungschef Kiril Petkow will ungeachtet von Einwänden von Präsident Rumen Radew in die Ukraine reisen. Petkow werde in Kiew den ukrainischen Präsidenten Selenski und Regierungschef Schmigal treffen, teilte die Regierung in Sofia am Mittwoch ohne Terminangaben mit. Danach soll die Koalition in Sofia über mögliche Waffenlieferungen Bulgariens an die Ukraine entscheiden.

Staatschef Radew widersetzt sich einer möglichen militärischen Unterstützung für die Ukraine. »Dies bedeutet einen Schritt zur direkten Einbeziehung Bulgariens in diesen Konflikt«, sagte er am Mittwoch. Ein Besuch in Kiew sei »zu diesem Zeitpunkt« nicht notwendig. Die souveräne bulgarische Haltung werde in Sofia ausgearbeitet, nicht aber in Kiew, betonte er.

Petkow soll bei seiner Reise von Vertretern der Koalitionsparteien begleitet werden. Allerdings wollen sich die mitregierenden Sozialisten nicht an der Delegation beteiligen, da sie mögliche Waffenlieferungen ablehnen. Sie drohen mit Koalitionsbruch.

 

Deutsche Großbanken steigern Gewinne

Frankfurt – Deutschlands große Privatbanken sind trotz Belastungen durch den Ukraine-Krieg besser ins Jahr gestartet als erwartet. Die Deutsche Bank steigerte ihren Überschuß im ersten Quartal unter dem Strich um 17 Prozent auf fast 1,1 Milliarden Euro.

Bereits am Vorabend hatte die Commerzbank vorläufige Zahlen veröffentlicht: Zwar legte das im MDax notierte Institut deutlich mehr Geld für mögliche Rückschläge im Zusammenhang mit Rußland zurück als die Konkurrentin. Dennoch sprang der Überschuß der Commerzbank dank kräftig sprudelnder Erträge von 133 Millionen Euro vor einem Jahr auf 284 Millionen Euro. Die detaillierten Quartalszahlen will die Commerzbank am 12. Mai veröffentlichen.

Auch die Deutsche Bank sieht sich nach dem Milliardengewinn auf Kurs zu ihrem Renditeziel für 2022. Das Vorsteuerergebnis lag Ende März mit rund 1,7 Milliarden Euro um 4 Prozent über dem Wert des Vorjahreszeitraums.

 

Israelische Soldaten erschießen Palästinenser

Ramallah – Im nördlichen Westjordanland ist am Mittwoch ein Palästinenser getötet worden. Der 21-Jährige sei durch Schüsse israelischer Soldaten mit scharfer Munition am Kopf getroffen worden, teilte das Krankenhaus in Dschenin mit. Drei weitere Palästinenser seien durch Schüsse verletzt worden. Die israelische Armee erklärte, eine Spezialeinheit habe im Flüchtlingslager von Dschenin »Anti-Terror-Aktivitäten ausgeführt, dabei wurden zwei Terrorverdächtige festgenommen«. Insgesamt seien im Westjordanland zwölf Palästinenser »gefaßt« worden.

Die Soldaten seien in Dschenin von Dutzenden palästinensischen Einwohnern »gewaltsam angegriffen« worden, hieß es in der Mitteilung. Die Soldaten hätten daraufhin mit scharfer Munition »zurückgeschossen«.

In Dschenin sei auch ein Abrißbefehl für das »Haus eines Attentäters« übergeben worden, der vor drei Wochen in Tel Aviv drei Menschen erschossen haben soll.

 

Ex-Militärs in Kolumbien gestehen Kriegsverbrechen

Ocaña – In Kolumbien haben ehemalige Offiziere und Soldaten erstmals ihre Beteiligung an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit öffentlich eingeräumt. Zehn Ex-Militärs, darunter ein ehemaliger General, sprachen am Dienstag bei einer Anhörung der Sonderjustiz für den Frieden (JEP) in der Stadt Ocaña im Department Norte de Santander über die sogenannte Praxis der »falsos positivos« (gefälschte Resultate) während des Krieges gegen linken Guerillagruppen in dem südamerikanischen Land. Dabei töteten Soldaten unschuldige Zivilisten und gaben sie später als im Kampf getötete Rebellen aus, um von der Militärführung geforderte Quoten zu erfüllen.

»Wir haben unschuldige Menschen, Bauern, ermordet«, sagte der ehemalige Soldat Néstor Guillermo Gutiérrez.

 

 


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