»Flächenbrand oder Waffenstillstand«
UNO-Sicherheitsrat debattiert Lage im Nahen Osten
Am Dienstagnachmittag (Ortszeit) stand erneut »Die Lage im Mittleren Osten, einschließlich der Frage Palästina« auf der Tagesordnung im UNO-Sicherheitsrat in New York. In einer offenen Debatte erklärten sich Außenminister und Botschafter zahlreicher Länder zu dem anhaltenden Krieg Israels, der seit dem 7. Oktober den palästinensischen Gaza-Streifen in ein Trümmerfeld verwandelt hat. Angesichts der mehr als 60 Länder, die sich zu dem Gaza-Krieg und den regionalen Folgen erklären wollen, wurde die Sitzung am Mittwoch fortgesetzt.
Der britische Außenminister David Cameron stand für Mittwoch auf der Rednerliste. Laut Medien wollte er sich für mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen einsetzen. USA-Außenminister Antony Blinken hat bereits israelische Pläne, im Gaza-Streifen eine »Puffer-Zone« einzurichten, zurückgewiesen. Sowohl Britannien als auch die USA sind die zwei Staaten, die Israel ungeachtet aller Kritik weiter mit Waffen, Munition und Aufklärung unterstützen. Allein Britannien hat von Zypern aus mehr als 50 Aufklärungsflüge über das Palästinensergebiet absolviert und die Daten mit den israelischen Streitkräften geteilt. Britannien verfügt auf Zypern mit Akrotiri und Dhekelia über zwei Militärbasen, die auch von anderen NATO-Staaten genutzt werden.
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres eröffnete die Debatte im Sicherheitsrat mit einer ausführlichen Erklärung zur Lage in Gaza und in der Region. Jede Weigerung, eine Zwei-Staaten-Lösung für den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu akzeptieren, müsse entschieden zurückgewiesen werden, betonte er. Daß selbst von höchster politischer Stelle in Israel die Zwei-Staaten-Lösung »klar und wiederholt abgelehnt« werde, sei »inakzeptabel«, sagte der Generalsekretär. Die Palästinenser seien eine anerkannte Nation, der ein Staat zustehe. Jede Weigerung verlängere den Konflikt und sei eine große Gefahr für den Frieden in der Welt und für die globale Sicherheit.
Guterres ging auf die Ausweitung von Kriegshandlungen in Syrien und im Irak ein und sagte, die Angriffe der Ansarallah auf Schiffe im Roten Meer und die Gegenangriffe der USA und Britanniens im Jemen eskalierten den Konflikt. Schließlich wies Guterres auf die weiter eskalierende Lage im von Israel besetzten Westjordanland hin, wo die israelische Besatzungsmacht mit Drohnenangriffen gegen Palästinenser vorgehe und Siedler die palästinensische Bevölkerung angreife.
Mehrere Redner, vor allem aus arabischen, afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Staaten, forderten einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand in Gaza. Nur so könne das Leid der Palästinenser gestoppt werden und humanitäre Hilfe die Menschen erreichen. Der stellvertretende Ministerpräsident und Außenminister von Jordanien, Ayman Safadi, sagte, der Sicherheitsrat müsse sich endlich auf einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg einigen, um die selbst beschlossene Resolution für humanitäre Hilfe in dem Gebiet umsetzen zu können.
»Stoppen Sie das Massaker«, sagte Safadi, ein Waffenstillstand sei »das Mindeste, das Sie jetzt tun können. Teillösungen sind keine Lösung«. Israel zerstöre die Zwei-Staaten-Lösung, »die Besatzung, Gewalt und der Krieg dürfen unsere Region nicht länger quälen«.
Der Außenminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, Riad al-Maliki sagte, die Zeit laufe aus, in der noch eine Lösung gefunden werden könne. »Es gibt zwei Möglichkeiten: ein Flächenbrand oder ein Waffenstillstand.«
Der chinesische Botschafter Zhang Jun forderte den Sicherheitsrat auf, Palästina die vollständige UNO-Mitgliedschaft zu gewähren. Das Gremium müsse eine einige und klare Botschaft an die Welt senden. Obwohl es international einen eindeutigen Konsens über einen sofortigen Waffenstillstand im Gaza-Krieg geben müsse, würden Ständige Mitglieder im UNO-Sicherheitsrat diesen Konsens ignorieren. Ohne die USA beim Namen zu nennen sagte Zhang Jun, es sei nicht hinzunehmen, daß bei den vergangenen Resolutionen zu Gaza der Einsatz des Veto-Rechts alle Bemühungen für einen Waffenstillstand blockiert hätten.
Der israelische Botschafter Gilad Erdan wies derweil auf die »Gefahr« hin, die der Iran in der Region darstelle. Wenn der Sicherheitsrat dazu schweige, erwarte die Welt »eine sehr düstere Zukunft«.