Rußland und Venezuela bauen Zusammenarbeit aus
Caracas: 17 neue Kooperationsabkommen für »neue finanzielle, kommerzielle und logistische Beziehungen« unterzeichnet
Rußland und Venezuela wollen ihre bilaterale Zusammenarbeit weiter ausbauen. Der stellvertretende russische Ministerpräsident Dmitri Tschernyschenko und die venezolanische Vizepräsidentin Delcy Rodríguez unterzeichneten am Donnerstag in Caracas 17 Kooperationsabkommen, die den Entwicklungsplan für Schlüsselbereiche der binationalen Zusammenarbeit bis 2030 festlegen.
»Rußland ist bereit, mit Venezuela noch enger zusammenzuarbeiten. Wir halten es für nötig, die venezolanische Souveränität zu schützen und die Unterstützung zum Aufbau einer unabhängigen, autarken Wirtschaft zu stärken«, erklärte Tschernyschenko während seines Treffens mit Venezuelas Präsident Nicolás Maduro. Moskaus Botschafter in Caracas, Sergej Melik, hatte bereits am Vortag angekündigt, daß die beiden Länder »neue finanzielle, kommerzielle und logistische Beziehungen« aufbauen würden, um den internationalen Sanktionen, vor allem der USA, zu begegnen. »Möge diese Allianz ein neues Modell ermöglichen, das uns unabhängiger und souveräner macht«, so Delcy Rodríguez über die Erwartungen ihres Landes an den Ausbau der Kooperation.
»Mit diesen Verträgen besiegeln und konsolidieren wir den Weg der Einheit und der Zusammenarbeit zwischen Rußland und Venezuela bis 2030 und darüber hinaus«, sagte Maduro im staatlichen Fernsehsender Venezolana de Televisión. Er bekräftigte seine Auffassung, beide Länder teilten das Ziel »einer Weltordnung, in der es keine Hegemonien, keine Erpressung, keine Sanktionsdrohungen und keinen Druck« gebe. Die aktuellen Vereinbarungen sind das Ergebnis des 18. Treffens einer als CIAN bezeichneten zwischenstaatlichen Kommission. Deren Aufgabe bestehe nicht nur darin, die bilateralen geopolitischen Beziehungen weiter zu stärken, sondern auch die Volkswirtschaften beider Länder vor Blockaden zu schützen, um sie unabhängiger zu machen, sagte Rodríguez.
Zu den neu unterzeichneten Dokumenten gehören Abkommen über gemeinsame Investitionen und Entwicklungen in den Bereichen Technologie, Bildung, Wissenschaft, Erdöl, Gas, Petrochemie, Handel, Bergbau, Energieversorgung, Verbundnetze und Tourismusentwicklung. Außerdem wurden Regelungen über neue Finanzquellen, die Zusammenarbeit von privaten und öffentlichen Unternehmen, sowie neue Zahlungsmodalitäten in den Landeswährungen Rubel und Bolivar vereinbart. Zum Abschluß des CIAN-Treffens wurden auch konkrete Kooperationen zwischen einzelnen Unternehmen beider Länder vereinbart.
So sollen die staatliche venezolanische Erdölgesellschaft PDVSA und der russische Ölkonzern Rosneft bei Schulungen und technischen Beratungen im Bereich der Energiesicherheit enger zusammenarbeiten. Venezuelas Fluggesellschaft Conviasa vereinbarte mit der RT Project Technologies ein Abkommen über die Entwicklung von Informationstechnologien. Ferner wurde mit der russischen TNG-Gruppe ein Abkommen über die Förderung von besonders schwerem Rohöl im Orinoco-Gürtel geschlossen, einer Region mit bedeutenden Erdölressourcen. Außerdem vereinbarten beide Staaten einen Vertrag über Nachrichtendienste und Spionageabwehr. Zur Förderung touristischer Besuche von Russen in Venezuela und Venezolanern in Rußland streben beide Länder für die kommenden Jahre tägliche Flugverbindung zwischen verschiedenen Regionen Rußlands und Venezuelas an.
Beide Länder seien »Opfer von kriminellen, illegitimen und rechtswidrigen Blockaden« und müßten deshalb »auf der Suche nach wirtschaftlicher und technologischer Souveränität ihre Kräfte bündeln«, hatte Delcy Rodríguez vor Unterzeichnung der Verträge in Caracas betont. Sie verwies darauf, daß ihr Land über die weltweit größten Ölreserven verfügt und den siebten Platz bei Gasvorkommen einnimmt. Da »beide Nationen zu den größten Gas- und Ölmächten der Welt zählen«, sei es »unmöglich, Rußland und Venezuela aus der internationalen Energieversorgung auszuschließen«, folgerte sie. Ein Beleg dafür sei unter anderem die positive wirtschaftliche Entwicklung beider Länder, trotz aller westlichen Sanktionen.