Trotz Konflikten Ruf zur Einigkeit
Arabischer Gipfel wendet sich gegen Einmischung
Das 31. Gipfeltreffen der Arabischen Liga ist am Mittwoch zu Ende gegangen. Der saudische Außenminister Prinz Faisal bin Farhan Al Saud lud die Mitgliedstaaten zum nächsten Gipfeltreffen nach Saudi-Arabien ein.
In der abschließenden »Erklärung von Algier« wurde jede ausländische Einmischung in die internen Angelegenheiten der arabischen Staaten zurückgewiesen. Das ist das wichtigste Ergebnis des 31. Gipfeltreffens der Arabischen Liga. Probleme und Unstimmigkeiten sollten von den Mitgliedstaaten friedlich und im Dialog gelöst werden. Die Arabische Liga solle eine aktivere Rolle bei der Konfliktlösung einnehmen, insbesondere bei den Krisen im Jemen, in Libyen und in Syrien.
Gastgeber Abdelmadjid Tebboune, der Präsident Algeriens, erinnerte an die Entwicklung einer arabischen Zollunion. Dafür solle die Großarabische Freihandelszone (GAFTA) vollständig aktiviert werden. Ziel des 1998 in Kraft getretenen Zusammenschlusses GAFTA von heute 18 arabischen Staaten ist, Zölle, Gebühren und Steuern beim grenzüberschreitenden Handel anzupassen und perspektivisch aufzuheben. Gemeinsam müsse man die Herausforderungen des Klimawandels, der Nahrungsmittel- und Energiesicherheit bewältigen, heißt es ebenfalls in der Erklärung.
Unterstützung der Palästinenser
Die Teilnehmer unterstrichen ihre »volle Unterstützung für die Rechte des palästinensischen Volkes, einschließlich des Rechts auf Freiheit und Selbstbestimmung und des Rechts auf Rückkehr« der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat. Entsprechend der Resolution 194 (1948) der UNO-Vollversammlung stehe den palästinensischen Flüchtlingen das Recht auf »Kompensationszahlungen« zu, das Anliegen der Palästinenser stehe weiter »im Zentrum« der regionalen Politik. Die »ungerechte Blockade des Gazastreifens« durch Israel müsse aufgehoben werden, die Brutalität der israelischen Besatzungsmacht und deren »barbarisches Vorgehen gegen die Palästinenser, die Morde und willkürlichen Verhaftungen« wurden verurteilt.
Das Gipfeltreffen forderte zudem die Freilassung aller palästinensischen Gefangenen und Festgenommenen; insbesondere Kinder, Frauen, Kranke und ältere Menschen müßten die Gefängnisse verlassen. Die Mitgliedstaaten unterstützten zudem die volle Mitgliedschaft Palästinas in der Organisation der Vereinten Nationen. Die israelische Besatzungsmacht müsse für ihre Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden.
Der Gipfel stellte sich weiterhin hinter die Politik der OPEC+. Ausdrücklich wurden alle Mitgliedstaaten aufgefordert, eine »kollektive Führungsrolle einzunehmen, um eine politische Lösung für die Krise in Syrien zu erreichen«. Die Einheit und Souveränität Syriens und die Ziele der Syrer müßten gesichert werden.
Für eine multipolare Weltordnung
Der russische Präsident Wladimir Putin erinnerte in einer Grußbotschaft zu dem Gipfel an die Notwendigkeit, ein multipolares System internationaler Beziehungen zu errichten, das auf den Regeln der Gleichheit, der Gerechtigkeit und der Achtung der legitimen Interessen der anderen beruht. Der Prozeß dazu sei bereits im Gange, hieß es in dem Schreiben. »Die Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas mit einer Gesamtbevölkerung von fast einer halben Milliarde Menschen spielen in diesem Prozeß eine zunehmend wichtige Rolle«, schrieb Putin.
Rußlands Führung sei der Auffassung, »daß die bestehenden militärischen und politischen Probleme im Nahen Osten und in Nordafrika, einschließlich der Krisen in Syrien und Libyen sowie des Konflikts im Jemen und zwischen Palästina und Israel, auf der Grundlage des allgemein anerkannten Völkerrechts und der Verpflichtung zur strikten Achtung der Souveränität und territorialen Integrität der Länder gelöst werden müssen«.
Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres wandte sich an das Gipfeltreffen und appellierte an die Einheit der arabischen Welt. »Spaltung öffnet die Tür für fremde, nicht arabische Einmischung«, sagte Guterres vor den Delegierten in Algier. Das bringe Terrorismus, Manipulation und religiöse Streitigkeiten mit sich. In Einigkeit könnten die Führungen der arabischen Länder die »großen Potentiale nutzen und zu globalem Frieden und Sicherheit beitragen«.
Kritik an der EU
Seitens der EU wurde keine Stellungnahme zu dem Gipfeltreffen bekannt. Zahlreiche arabische Staaten hatten kürzlich den EU-Außenbeauftragten Josepp Borrell scharf für seine Äußerung kritisiert, »Europa« sei »ein Garten, der Rest der Welt ein Dschungel«. Die Vereinigten Arabischen Emirate hatten den EU-Vertreter wegen der »rassistischen Äußerungen« Borrells ins Außenministerium einbestellt.
Konflikte gab es laut Medienberichten beim 31. Gipfeltreffen der Arabischen Liga vor allem zwischen Marokko und Algerien. Die Grenzen zwischen beiden Ländern sind geschlossen, Algerien hat die diplomatischen Beziehungen mit Marokko im August 2021 abgebrochen, nachdem Marokko ein militärisches Abkommen mit Israel unterzeichnet und israelische Truppen ins Land gelassen hatte. Marokko wiederum wirft Algerien vor, die Frente Polisario zu unterstützen, die für die Unabhängigkeit der Westsahara von Marokko kämpft. Angeblich soll der Iran die Polisario bewaffnen und ausbilden, hieß es in der »North Africa Post«.
Ursprünglich war die Teilnahme von Marokkos König Mohammed VI. angekündigt worden, doch die eintreffende Delegation wurde von Nasser Bourita geleitet, dem marokkanischen Außenminister. Über Medien wurden zahlreiche Anschuldigungen verbreitet, die offiziell nicht bestätigt wurden. So sei die marokkanische Delegation von der algerischen Sicherheitsbegleitung abgehört worden, die marokkanischen Journalisten seien schikaniert worden.