Ausland28. Februar 2024

Auslands-Nachrichten

von dpa/ZLV

Gerangel um Truppenentsendung

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am Montagabend bei einem Treffen von 23 Staats- und Regierungschefs zur Unterstützung der Ukraine den Einsatz von Bodentruppen nicht ausgeschlossen. »Es gibt heute keinen Konsens darüber, offiziell Bodentruppen zu entsenden«, sagte er vor der Presse. »Aber in der Dynamik darf nichts ausgeschlossen werden. Wir werden alles tun, was nötig ist, damit Rußland diesen Krieg nicht gewinnen kann.«

Macron reagierte mit seinen Äußerungen in einer Pressekonferenz auf die Frage einer Journalistin, ob das Thema Bodentruppen bei dem Treffen diskutiert worden sei. Die Reporterin nahm dabei Bezug auf eine Warnung des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico vor einer »gefährlichen Eskalation der Spannungen« mit Rußland. Einzelne Länder, die er nicht namentlich nennen wollte, seien offenbar bereit, eigene Soldaten direkt in die Ukraine zu schicken, hatte Fico am Montag gesagt.

Dies sei »als eine der Optionen angesprochen« worden, bestätigte Macron. Er werde allerdings nicht die Namen von Ländern nennen, die dies bei der Konferenz thematisiert hätten, die Debatte sei mehrdeutig gewesen. Viele die heute »nie, nie«, sagten, seien dieselben, die vor zwei Jahren sagten, »nie, nie Panzer, nie, nie Flugzeuge, nie, nie Raketen mit längerer Reichweite«. Heute drehe sich die Diskussion darum, bei der Lieferung von Panzern und Raketen schneller und stärker zu werden. »Also ist alles möglich, wenn es hilfreich ist, um unser Ziel zu erreichen.«

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Vorstoß des französischen Präsidenten für eine mögliche Entsendung von Bodentruppen aus NATO-Staaten in den Ukraine-Krieg ausgeschlossen. Bei dem Treffen in Paris habe man sich auch für die Zukunft darauf verständigt, »daß es keine Bodentruppen, keine Soldaten auf ukrainischem Boden geben wird, die von EU-Staaten oder von NATO-Staaten dort hingeschickt werden«. Scholz betonte, man habe sich auf diesen Grundsatz noch einmal »sehr einhellig« verständigt.

Zurückhaltende Äußerungen zum Macron-Vorstoß kamen aus Polen, Tschechien und Britannien. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk sagte, er plane derzeit keine Entsendung von Soldaten. Er wolle zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht spekulieren, ob es in der Zukunft unter bestimmten Unterständen zu einer Änderung dieses Standpunktes kommen könne. Im gleichen Sinne äußerte sich der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala. Britannien hat ebenfalls keine Pläne, Bodentruppen zu entsenden. »Abgesehen von der geringen Anzahl an Mitarbeitern, die wir im Land zur Unterstützung der Streitkräfte der Ukraine haben, haben wir keine Pläne für einen großangelegten Einsatz«, sagte ein Sprecher des britischen Premierministers Rishi Sunak am Dienstag. Der slowakische Premier Fico hatte die Entsendung von Militärs unmittelbar nach dem Treffen in Paris ausgeschlossen. Premierminister Luc Frieden erklärte, daß eine Entsendung luxemburgischer Soldaten in die Ukraine nicht vorgesehen sei.

Nach Angaben von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist kein Einsatz westlicher Truppen in der Ukraine geplant. »Die NATO-Verbündeten unterstützen die Ukraine in noch nie dagewesener Weise«, sagte er der Nachrichtenagentur AP am Dienstag. »Aber es gibt keine Pläne für NATO-Kampftruppen vor Ort in der Ukraine.«

»Mit seiner Ankündigung, daß die Entsendung westlicher Bodentruppen in die Ukraine ‚nicht ausgeschlossen‘ sei, führt Macron Frankreich und Europa in eine schrecklich gefährliche kriegerische Eskalation! Frankreich muß für den Frieden handeln, ganz sicher nicht die Glut des Krieges anheizen", sagte der Nationalsekretär der Französischen Kommunistischen Partei (PCF), Fabien Roussel.

»Stopp, das reicht! Mehr als 500.000 Tote und Verletzte in diesem Krieg. Wie viele mehr sind nötig, um zu sagen: ‚Nie wieder«? Diese Erklärung ist unverantwortlich, sie könnte Frankreich und die Welt in den Krieg ziehen«, kritisierte der Kandidat der PCF für die EU-Wahlen, Léon Deffontaines, auf X, der »sich weigert, Teil einer neuen Opfergeneration zu sein«.

Rußlands Regierung hat Gedankenspiele zum Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine scharf kritisiert. Eine Entsendung von Truppen mache einen Konflikt zwischen Rußland und der NATO nicht nur wahrscheinlich, sondern unvermeidlich, sagte Regierungssprecher Dmitri Peskow am Dienstag. Der Westen müsse sich darüber im Klaren sein, daß die Folgen nicht seinen und schon gar nicht den Interessen seiner Bürger entsprächen, fügte er hinzu.

»Allein der Fakt, daß die Möglichkeit besprochen wird, irgendwelche Kontingente aus NATO-Staaten in die Ukraine zu entsenden, ist natürlich sehr wichtig und ein neues Element«, kommentierte Peskow. Die Position Macrons, Rußland eine Niederlage zufügen zu wollen, sei bekannt. Moskau habe aber zugleich registriert, daß eine Reihe von Staaten nüchtern genug sei, die potenzielle Gefahr zu erkennen, in einen Konflikt auf dem Schlachtfeld verwickelt zu werden.

Gezielte Tötung

Das israelische Militär hat bei einem Luftangriff einen höheren Offizier der Hisbollah im Südlibanon getötet. Brigadekommandeur Hussein Salami sei am Montag gezielt getötet worden, »weil er Raketenangriffe auf die nordisraelische Stadt Kiriat Schmona und ein örtliches israelisches Militärkommando befehligt habe«, teilte die israelische Armee mit. Salami war im Dorf Madschadel, 20 Kilometer östlich von Tyros, im Auto unterwegs, als ihn die von einem israelischen Kampfjet abgeworfene Lenkwaffe traf. Auch das Dorf Jibshit (Foto) war Ziel israelischer Angriffe.

Gedenken an Generalstreik

Am Samstag erinnerten die Neue Kommunistische Partei der Niederlande (NCPN) und der Kommunistische Jugendverband CJB auf dem Jonas Daniël Meijerplein in Amsterdam an den Streik vom Februar 1941 gegen die faschistische deutsche Besatzung. Im Anschluß demonstrierten die Anwesenden unter den Bannern der NCPN und des CJB durch Amsterdam gegen Faschismus und Völkermord. Vor 83 Jahren protestierten mehr als 300.000 Menschen in Amsterdam mit einem Generalstreik gegen den faschistischen Terror vom 22. und 23. Februar gegen jüdische Einwohner und Überfälle der Nazis auf dem Jonas Daniël Meijerplein. Am Abend des 24. Februar 1941 erklärte die Landes- und Regionalleitung der Illegalen Kommunistischen Partei CPN nach einem Treffen in Amsterdam mit mehr als 250 Teilnehmern, daß der Streik am nächsten Morgen stattfinden müsse.

Schlappe für Melonis Rechtsallianz auf Sardinien

Cagliari – Die Rechtsallianz von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat bei der ersten Regionalwahl in Italien in diesem Jahr eine Schlappe kassiert. Auf der Mittelmeerinsel Sardinien gewann die die von der sozialistische PD und der Fünf-Sterne-Bewegung aufgestellte Kandidatin Alessandra Todde die Wahl zur Regionalpräsidentin. Sie gewann mit einem hauchdünnen Vorsprung vor dem Kandidaten des Rechtsbündnisses, Paolo Truzzu, der eigentlich als Favorit galt.

Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen stand das Ergebnis erst in der Nacht zum Dienstag fest. Alessandra Todde bekam 45,3 Prozent der Stimmen, Paolo Truzzu 45 Prozent. Die Wahlbeteiligung war auf Sardinien mit 51,9 Prozent etwas niedriger als bei der Regionalwahl 2019 (53,1 Prozent).

Streit bei Visegrad-Gipfeltreffen

Prag – Unterschiedliche Ansichten zum Krieg in der Ukraine haben bei einem Gipfeltreffen Tschechiens, Polens, der Slowakei und Ungarns für Spannungen gesorgt. Es gebe bei den Staaten der Visegrad-Gruppe Differenzen bei der Bewertung der Ursachen des Konflikts und bei der Frage, wie er gelöst werden könne, sagte der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala am Dienstag in Prag. »Tschechien und Polen beteiligen sich auch an der militärischen Hilfe, und das ist etwas, was Ungarn und die Slowakei nicht mit uns teilen«, konstatierte der Gastgeber.

Es gebe keine militärische Lösung, argumentierte der slowakische Regierungschef Robert Fico. »Nur eine sofortige Waffenruhe schafft den Raum für sofortige Verhandlungen über gewisse Kompromisse und Vereinbarungen«, sagte er. Der Krieg könne nur durch Verhandlungen beendet werden, pflichtete ihm der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán bei.

Israels Militär attackiert Gaza

Gaza/Tel Aviv – Die israelischen Streitkräfte haben ihre Angriffe in der Stadt Gaza ausgeweitet. Bodentruppen gingen mit Unterstützung der Luftwaffe im Stadtteil Seitun gegen Kampfeinheiten der Hamas und »Einrichtungen der Terrormiliz« vor, meldete das Militär am Dienstag. Die palästinensische Gesundheitsbehörde meldete am Dienstagvormittag, daß in den letzten 24 Stunden im Gazastreifen 96 Palästinenser getötet und weitere 172 verletzt worden seien. Seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober seien 29.878 Menschen getötet und weitere 70.215 verletzt worden.

Das UNO-Nothilfebüro OCHA hat dem israelischen Militär vorgeworfen, am Sonntag vor dem Al Amal-Krankenhaus in Chan Junis einen Krankenwagen-Konvoi mit 24 evakuierten Patienten sieben Stunden lang aufgehalten zu haben. Das Militär habe alle Patienten, die laufen konnten, und die Sanitäter aus den Krankenwagen gezwungen, berichtete OCHA-Sprecher Jens Laerke am Dienstag in Genf. Der Konvoi sei von der WHO geführt und ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt gewesen.

Die Sanitäter hätten sich entkleiden müssen, als das Militär den Konvoi stoppte, berichtete Laerke. Drei seien abgeführt worden. »Das ist kein Einzelfall«, sagte Laerke. »Hilfskonvois werden immer wieder beschossen und erhalten systematisch keinen Zugang zu den Menschen in Not. Humanitäre Mitarbeiter sind von israelischen Streitkräften schikaniert, eingeschüchtert, und festgenommen worden, und humanitäre Einrichtungen sind getroffen worden«, sagte er weiter.

Tausende Künstler fordern Ausschluß Israels von Kunstbiennale

Venedig – Tausende Künstler haben den Ausschluß Israels von der diesjährigen Kunstbiennale in Venedig gefordert. Es sei inakzeptabel, Kunst aus einem Staat zu präsentieren, der gegenwärtig Gräueltaten gegen die Palästinenser in Gaza ausführe, hieß es in einem online veröffentlichten offenen Brief der »Art Not Genocide Alliance« (ANGA). Die Künstler werfen Israel Völkermord vor. Nach Angaben der Aktivistengruppe haben inzwischen mehr als 8.000 Kunst- und Kulturschaffende die Petition unterschrieben.

Die Künstler fordern, daß es keinen israelischen Pavillon geben soll. »Jede offizielle Vertretung Israels auf der internationalen Kulturbühne ist eine Befürwortung dessen Politik und des Völkermords in Gaza«, hieß es in der Petition.

Deutscher Justizminister droht mit Maulkorb

Berlin – Nach dem Skandal wegen Äußerungen zum Gaza-Krieg bei der Berlinale hat Bundesjustizminister Marco Buschmann mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht. Das Strafrecht sei gut aufgestellt, um antisemitische Äußerungen zu ahnden, sagte der FDP-Politiker. Die Verwendung der Parole »Free Palestine – From the River to the Sea« könne als »Billigung der im Rahmen der Angriffe der Hamas im Oktober 2023 in Israel begangenen Tötungsdelikte« verstanden werden.

»Eine Belohnung und Billigung von Straftaten ist strafbar«, betonte der Minister. Wer Propagandamittel verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verbreite oder Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen wie der Hamas verwende, mache sich ebenfalls strafbar. Die Berlinale habe »schweren Schaden genommen, weil dort Antisemitismus viel zu unwidersprochen geblieben ist«, sagte Buschmann.

Tausende Bauern demonstrieren in Warschau

Warschau – Mehrere Tausend polnische Bauern sind am Dienstag in Warschau gegen die EU-Agrarpolitik und die Einfuhr billiger Agrarprodukte aus der Ukraine auf die Straße gegangen. Mit Tröten, Sirenen und Feuerwerksknallern machten sie ihrem Unmut Luft. Die Teilnehmer trugen Plakate mit Aufschriften wie »Unser Staat – unsere Lebensmittel«.

Der Protestmarsch startete vor dem Kulturpalast und führte bis zum Parlamentsgebäude. Anders als bei bisherigen Protestaktionen waren zu der Demonstration keine Traktoren und Landmaschinen zugelassen. Die Polizei in Warschau berichtete von einem Traktorkonvoi auf einer wichtigen Verkehrsader vor den Toren der Stadt, der zeitweise den Verkehr behinderte. Die Proteste der Bauern dauern seit Wochen an. Erst am Sonntag hatten die Bauern 24 Stunden lang die Autobahn nach Deutschland an der Grenze bei Frankfurt (Oder) blockiert.


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